Erst einmal mein aufrichtiges Mitgefühl für dich und meinen Respekt für deine Offenheit.
Es ist ein absolutes Tabuthema. Aber natürlich ist es völlig menschlich, dass auch Mütter und Väter manchmal die Persönlichkeit ihres (eigenen) Kindes nicht mögen.
Ein Kind ist auch nur ein (kleiner) Mensch mit einer ganz individuellen Persönlichkeit und einzigartigen Charakterzügen. Und so, wie einem eben auch Erwachsene individuell mehr oder weniger sympathisch sein können, sehe ich das auch bei Kindern.
Ich mag Kinder generell sehr gern, habe viel Geduld und Verständnis für sie und komme in der Regel auch sehr gut mit ihnen klar. Aber auch ich habe schon Ausnahmen erlebt, wo ich am meine persönlichen Grenzen gestoßen bin und sich in meinem Inneren eine regelrechte Abneigung gegen ein Kind entwickelte.
Kinder können natürlich immer mal laut, trotzig oder anstrengend sein. Das ist normal. Manche wollen nicht schlafen, weinen mehr als andere oder machen auch öfter mal Theater. Damit kann ich umgehen.
Womit ich nicht umgehen kann, ist, wenn sie von ihrer gesamten Persönlichkeit her (also nicht nur gelegentlich aus Trotz, Übermüdung etc.) ein vorsätzlich boshaftes, aggressives, schädigendes, unempathisches Verhalten an den Tag legen.
Eine Nachbarin (inzwischen alleinerziehend) hat genau so ein Kind. Und sie tut mir sehr Leid. Sie wirkt auf mich total überfordert, was ich auch gut verstehen kann. Sie tut ihr bestes, um mit dem Jungen (trotzdem) liebevoll umzugehen. Er hat eine Persönlichkeitsstörung und ist auch in Therapie. Aber so etwas lässt sich nicht wegtherapieren. Diese Wesenszüge werden bleiben. Sie wird von ihm auch sicher nie so etwas wie Dankbarkeit oder Liebe zurückbekommen. Es ist oft unerträglich, wie er mit ihr und seinem Bruder umgeht. Obwohl sie alles für ihr Kind opfert.
Ihr Mann hat sie wohl auch verlassen, weil er damit nicht mehr umgehen konnte? Jetzt steht sie mit zwei Kindern ganz alleine da und man kann ihr ansehen, dass es ihr zunehmend schlechter geht...
Vielleicht hat euer Sohn ja auch eine Persönlichkeitsstörung? Das müsste aber ein Psychiater diagnostizieren.
Ansonsten habe ich mir auf Grund deiner Schilderungen noch überlegt, dass es vielleicht auch ursächlich damit zu tun haben könnte, dass du von vorn herein keine Kinder wolltest und das (unbewusst) auch ausstrahlst. Kinder haben da sehr feine Antennen und spüren genau, ob sie erwünscht sind oder nicht.
Selbst, wenn du dir die größte Mühe gibst, dich "korrekt" und "liebevoll" zu verhalten, so merkt ein Kind eben doch, ob deine Gefühle ihm gegenüber authentisch sind und von Herzen kommen oder du nur deine Pflicht tust. Und darauf reagieren Kinder auch. Ein Kind braucht (fordert!) von seinen engsten Bezugspersonen bedingungslose Liebe. Und das kannst du ihm nicht geben. Und die Kleinen lassen sich da auch nicht durch noch so gute schauspielerische Leistungen täuschen. Die erfühlen diese Diskrepanz zwischen deinem äußerlich gezeigten Verhalten und deinen versteckten Emotionen, enttarnen diese Doppelbotschaften intuitiv und reagieren mit Verhaltensauffälligkeiten.
Nur Mal so: Einen Mann, der ausdrücklich sagt, dass er keine Kinder möchte, so lange zu bearbeiten, zu bedrängen, zu manipulieren oder gar zu überrumpelln, bis er sich schließlich des lieben Friedens Willen doch dazu breitschlagen lässt , fand ich schon immer sehr daneben. Kommt aber offenbar häufiger vor. Kenne das auch aus meinem Umfeld. Ist nie gut gegangen. Es handelt sich ja um eine Lebensentscheidung mit weitreichenden Konsequenzen. Und zwar für alle Beteiligten.
Was du jetzt in deiner Lage tun kannst / solltest, weiß ich auch nicht. Aber für mich ist offensichtlich, das es so nicht weitergehen kann.
Fraglich ist ja auch, wie du zukünftig auf vielleicht noch extremere Situationen reagieren wirst? Das Kind scheint dich ja ganz bewusst herauszufordern und deine persönliche Schmerzgrenze auszutesten, um eine Reaktion zu provozieren. Und ich gehe mal davon aus, dass es das nächste Mal noch eine Schippe drauf legen wird.
Dass du aus der Situation erst Mal rausgegangen und nicht selbst ausgerastet bist, war ja der bestmögliche Weg. Dafür hast du meinen Respekt.
Aber natürlich hätte ich an deiner Stelle auch Angst, dass du dich irgendwann mal nicht mehr so gut im Griff haben könntest und das dann total eskaliert. Wir sind ja alle nur Menschen und keine Roboter Und da verstehe ich schon, dass du lieber die Beziehung beenden willst.
Auf jeden Fall würde ich darüber aber erst Mal ganz offen und ehrlich mit deiner Frau reden und ihr sagen, dass du das nicht mehr aushältst und über eine Trennung nachdenkst.
Das mit der Vase deiner geliebten Oma tut mir sehr Leid. Aber an deiner Reaktion auf die zerbrochene Vase merkt man ja, wie tief du die Erinnerung an sie und die Liebe zu ihr in deinem Herzen trägst.
Dieses (authentische!) Gefühl kann dir (anders als diesen Gegenstand) niemand nehmen oder kaputt machen. Das wird für immer bleiben.
Alles Gute und viel Kraft für dich!