Hallo community! Mir ist aufgefallen, dass es viele Beiträge gibt mit der Message, dass man Fremdgehen doch als Chance für die Beziehung sehen solle. Es sei ja ohnehin nur eine Frage der Zeit und die Beziehung könne daran ja auch wachsen, seien sich Paartherapeuten angeblich einig, so die ein oder andere Tagespresse. Könnte man dies offen besprechen, ohne die Beziehung gleich zu beenden, könne man folgende Chance nutzen: Fremdgehen entstehe immer aus einem unerfüllten Bedürfnis heraus und wenn man gut mit der Untreue umgeht, könne man daraus mitnehmen und lernen, dass man dieses Bedürfnis durchaus auch in der Beziehung erfüllen kann.

Ich bin dadurch verunsichert, weil ich eine ganz andere und sehr klare Meinung habe, mich aber besonders verwundert, dass angeblich sämtliche Paartherapeuten es anders sehen. Was meint ihr?

Mein Standpunkt: Treue muss jedes Paar für sich selbst definieren. Hat es dies einmal getan, dann gilt diese Definition auch so lange, bis man eben wieder darüber spricht und es gegebenenfalls neu aushandelt. Wenn sich ein Partner dann alleine darüber hinwegsetzt, also ohne mit seinem Partner darüber zu sprechen, dann ist es die Definition von Betrug oder Untreue. Wieso soll das eine Chance für die Beziehung darstellen können? Wieso soll man hinterher einfühlsam und vorsichtig über das Thema sprechen und welche Bedürfnisse vielleicht nicht erfüllt wurden?

Wieso hat man das nicht vorher getan? Aus meiner Sicht ist es doch offensichtlich, dass der betrügende Partner es vorher eben nicht ansprechen wollte, weil er die Auseinandersetzung vermeiden, nicht von der Zustimmung des Partners abhängig sein wollte oder glaubte, es im Griff zu haben. In jedem dieser Fälle jedoch hat er die Partnerschaft letztlich eigentlich schon verlassen. Dann finde ich es aber besonders heuchlerisch, hinterher dann vom betrogenen Partner zu erwarten, dass dieser für ein Gespräch bereit sein soll und die Beziehung nicht beenden soll.

In meinen Augen endet eine Beziehung mit Untreue immer! Die Frage ist dann nur, ob beide Lust haben, eine neue Beziehung miteinander einzugehen unter den neuen Bedingungen, also ohne Treue. Zu glauben, man könne die Beziehung retten, halte ich für Unsinn. Die alte Beziehung ist beendet, denn die ursprüngliche Intimität und Exklusivität, die entstanden ist, weil beide sich an die selbst verabredete Treue gehalten haben, ist eben einfach weg.
Behauptungen wie, dass man jemanden doch liebt und ihn doch mit dem Betrug nicht verletzen wollte, sind für mich irrelevant. Wenn selbst Liebe und Partnerschaft nicht ausreichen, um vorher zu besprechen, dass man sich eine andere Definition von Treue oder überhaupt irgendetwas in der Beziehung anders wünscht, dann hat die alte Beziehung eben keine Existenzberechtigung mehr gehabt.
Wenn einem schon die Courage fehlte, für die eigene Bedürfnisse vorher einzustehen, bevor es zum Betrug gekommen ist, dann muss man meines Erachtens hinterher nicht nochmal fehlende Courage zeigen, indem man davon schwafelt, dass die Beziehung gerettet werden könne.

Sprecht es einfach vorher an, einigt euch auf eine Definition von Treue oder trennt euch dann eben zeitweilig oder endgültig. So kommt es eben gar nicht erst zur Untreue und man kann trotzdem mit anderen ins Bett gehen, wenn man es unbedingt braucht!