Liebe Leser,
ich möchte mal meinen Senf dazugeben:
Verstehen kann ich beide Seiten. Natürlich fühlt es sich für die Frau an, als ob ihr Partner ihr das Misstrauen ausgesprochen hätte. Sie fühlt sich verletzt und irgendwie auch hintergangen. viele Frauen stellen dann gleich die ganze Beziehung infrage. Ich finde aber, es kommt ganz auf die Umstände an. Wenn der Mann ihr beispielsweise konkret vorwirft, sie sei ja oft abends nicht da und sie habe in der Vergangenheit ja dies oder das gemacht, dann geht es offensichtlich wirklich um das Vertrauen in die Beziehung. Dann finde ich schon, dass man darüber ganz ernsthaft reden sollte und die Frage mal unabhängig von einem Vaterschaftstest klären sollte, ob überhaupt ausreichend Vertrauen für eine Beziehung gegeben ist.
Auf der anderen Seite verstehe ich auch die Männer. Frauen können sich immer zu 100 % sicher sein, dass sie die Mutter sind. Männer können das nicht, ganz egal, wie groß das Vertrauen auch sein mag. Vielen Männern geht es deshalb überhaupt gar nicht um das Vertrauen in die Beziehung oder die Partnerin, sondern einfach darum, eine mögliche Rest Unsicherheit auszuschließen.
Sollte das der Fall sein und es also nicht um konkrete Vorwürfe an die Partnerin gehen, was zu klären wäre, dann finde ich folgendes:
In einer Beziehung ist für mich die Parität das oberste Gebot. Man soll sich auf Augenhöhe begegnen können. Nicht nur Ehrlichkeit ist die Basis für eine Beziehung, sondern eben auch die Augenhöhe. Was nun die konkrete Frage einer Elternschaft angeht, so sieht es doch so aus: die Frau weiß in aller Regel, wer der Vater ist. Sollte sie das wirklich einmal nicht wissen, dann weiß sie ja auch selbst, wieso man vielleicht einen Vaterschaftstest machen könnte. An der Stelle wäre die Überlegung also eigentlich schon zu Ende. Wenn man seinem Freund dann böse ist, dann doch nur aus schlechtem Gewissen. Ist sich die Frau aber sicher, dann sollte sie unter dem Aspekt der Augenhöhe eben berücksichtigen, dass sich der Mann nicht sicher sein kann. Und zwar unabhängig vom Vertrauen des Mannes. Von daher stellt sich für mich die Frage, warum es okay ist, dass die Mutter sich zu 100 % sicher sein darf, der Vater aber nicht.
ein weiterer Aspekt ist, dass viele Kinder heutzutage ja außerhalb einer Ehe geboren werden. In diesem Zusammenhang ist die Vaterschaftsanerkennung sehr wichtig. Sicher würde jeder werdende Mutter wollen, dass der Vater des Kindes die Vaterschaft auch anerkennt. An dieser Stelle müsste man dann aber auch ehrlich und auf Augenhöhe die Frage stellen: warum eigentlich? Zweifelt die Mutter etwa daran, dass der Vater gar nicht der Vater ist? Natürlich nicht! Das würde doch jede Frau sofort antworten. Es geht doch nur darum, sich abzusichern, das Kind abzusichern. Wieso aber soll dann ein Vaterschaftstest unter einem anderen Blickwinkel betrachtet werden? Auch hier geht es doch darum, sich sich abzusichern und letztlich auch das Kind abzusichern. Das Kind hat ein Recht darauf, seine Abstammung zu kennen. Und es hat auch ein Recht darauf in einer Familienkonstellation zu leben, in der klar ist, dass der Vater auch wirklich der Vater ist.
Augenhöhe würde in diesem Moment also bedeuten, wenn ich einerseits möchte, dass der Vater eine Vaterschaftsanerkennung unterschreibt, nur um sicher zu sein, dann sollte ich es ihm auch zugestehen, dass er einen Vaterschaftstest möchte, nur um sicher zu sein. In beiden fällen geht es letztlich nur um die Absicherung, und nicht unbedingt darum, dass man dem Partner nicht vertraut oder selbst Zweifel daran hat, wer der Vater ist.
ich finde also, man sollte als Paar ehrlich und offen darüber reden und beide Seiten ehrlich und offen betrachten. Man sollte herausfinden, ob es dem Partner wirklich um eine reine Absicherung geht, oder ob er in Wahrheit doch eher ein Vertrauensproblem hat und der Frau irgendetwas wirklich unterstellen möchte. Wenn es nur um die reine Absicherung geht, finde ich ganz ehrlich gesprochen es ein bisschen unfair, dann die Beziehung infrage zu stellen. Für mich fühlt sich das offen gesprochen, ein bisschen wie emotionale Erpressung an: entweder lebst du gefälligst mit der Unsicherheit oder ich trenne mich!
Das sollte eine werdende Mutter aber nur machen, wenn sie genauso damit leben kann, dass der Mann keine Vaterschaftsanerkennung unterschreibt, denn wozu soll die denn nötig sein, wenn doch keine Zweifel bestehen?
Wenn man sich aber wirklich nur absichern möchte, dann sollte das beiden Seiten zugesprochen werden und nicht nur einer.