Trouble In Paradise - wie die deutsche Promi-Insel Sylt jüngst Negativschlagzeilen generiert hat

Vor wenigen Wochen sorgte ein Internetvideo, in dem einige Personen in einem Luxus-Club auf Sylt ausländerfeindliche Parolen mitsingen, im Internet für großes Aufsehen. Im unmittelbaren Anschluss daran dominierte der Hashtag #sylt das Internetgeschehen für mehrere Tage. Natürlich mussten wir die kontroversen Vorfälle auf der Promi-Insel auch mit der gutefrage Community diskutieren...

gutefrage-Redaktion
5.6.2024
Feiernde Leute

Das Skandal-Video von Sylt - das ist passiert

Woran musst Du denken, wenn Du den Namen "Sylt" hörst? Vermutlich denkst auch Du wie viele andere Menschen zunächst einmal an weite Sandstrände, die schöne Nordsee und vor allem an gut situierte Menschen in teuren Klamotten, die mit ihren Luxuskarossen vor die nächstbeste Boutique oder den Szene-Club fahren. Denn ja: Die zu den Friesischen Inseln gehörende Nordsee-Insel genießt vor allem unter den Reichen und Schönen des Landes einen ganz besonderen Stellenwert.

In der vorletzten Woche jedoch kam es auf der schicken Insel zu einem Skandal, der bundesweit, über die Grenzen Deutschlands hinweg und insbesondere im Internet für eine Menge Aufsehen gesorgt hat. Was auf dem Video zu sehen war? Die kurze Aufnahme zeigt eine große Menge an feiernden Menschen, die im Sylter Promiclub "Pony" ausgelassen und euphorisch zu Gigi D'Agostinos bekanntem Hit "L'amour toujours" feiern.

Inmitten der Menge sieht und hört man kurz darauf allerdings ein paar junge Erwachsene, welche die Melodie des Songs mit der ausländerfeindlichen Parole "Deutschland den Deutschen, Ausländer raus!" begleiten. Einen kurzen Augenblick später schwenkt die Kamera in einen anderen Teil der Area, wo nun eine männliche Person zu sehen ist, die - so die Vermutung - den rechten Arm zum Hitlergruß hebt und mit dem linken Arm über dem Mund einen Hitlerbart imitiert.

Bereits wenige Minuten nach Veröffentlichung im Internet schlug das beschriebene Video auf sämtlichen Social-Media-Kanälen enorm hohe Wellen...

Personen vor Notebook

Die ersten Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten...

Sowohl auf X (ehemals Twitter) als auch auf Tik Tok entwickelte sich der Hashtag #sylt binnen nur weniger Stunden zum absoluten Spitzenreiter. Viele Nutzer reagierten bezüglich des Videos entsetzt und verurteilten die stumpfen und fremdenfeindlichen Parolen, die von ein paar Feiernden im Club gesungen worden sind, auf das Schärfste. Besonders die Tatsache, dass derartige Äußerungen von offenkundig finanziell gut abgesicherten und - in den Augen mancher Internetnutzer - äußerst dekadenten Menschen getätigt wurden, verärgerte so manchen umso mehr.

Doch nicht nur im Internet fand das Thema größere Beachtung, nein; es entwickelte sich teilweise sogar zu einer Art Politikum: Sowohl Bundeskanzler Scholz, als auch Bundesjustizminister Marco Buschmann oder Innenministerin Nancy Faeser zeigten sich nach Anfrage mancher Journalisten sichtlich schockiert. Buschmann beispielsweise verwies auf das Spannungsverhältnis unseres Grundgesetzes, das jüngst sein 75-jähriges Bestehen gefeiert hat, und den geäußerten Parolen. Seiner Meinung nach hätten Leute, "die so etwas gröl[en], nichts aus der Geschichte gelernt". Die Innenministerin warf darüber hinaus die Frage auf, welches hasserfüllte Klima insbesondere derart gut situierte Menschen dazu ermutigen würde, Parolen dieser Art anzustimmen.

Die Sylter Gemeinden verfassten am nächsten Tag ein gemeinsames Statement, in welchem sie sich klar von vergleichbaren Äußerungen distanzieren und die Weltoffenheit der beliebten Ferieninsel hervorheben. Für die Sprecher der Ferienregion, die Jahr für Jahr viele Touristen beherbergt, seien die im Video zu hörenden Parolen "abstoßend und vollkommen inakzeptabel".

Und der Clubbetreiber des "Pony"? Was genau hatte er dazu zu sagen? Der Chef des Clubs, der kurz nach Veröffentlichung des Videos einige Interviews gegeben hatte, distanzierte sich in diesen ebenfalls klar und deutlich und leitete zudem rechtliche Schritte gegen die Gäste aus. Weiterhin erteilte er den Personen im Video lebenslanges Hausverbot. Die Kritik, dass seitens der Security nicht unmittelbar eingegriffen wurde, wies er mit Blick auf die Lautstärke der Musik sowie die Anzahl der feiernden Partygäste zurück. Um sich und den Club zu entlasten, veröffentlichte dieser darüber hinaus einige Tage später ein Video der Überwachsungskamera, auf dem das Geschehen des Abends noch besser zu sehen ist.

Justizia

Unmittelbare Konsequenzen und mögliche juristische Folgen

In Zeiten von Internet und Social Media dauert es i.d.R. nicht sonderlich lange, Personen zu identifizieren, die auf Fotos oder Videos abgebildet sind. So auch in diesem Fall: In Windeseile kursierten die Klarnamen der gefilmten Personen nach Veröffentlichung auf X, Instagram und Tik Tok. Manche Internetnutzer haben es sich sogar zur Aufgabe gemacht, Arbeitgeber, Universität sowie die Familien der Gefilmten zu ermitteln, um diese gezielt schlecht zu machen. Offenbar mit Erfolg: Ein Gros der genannten Partygäste wurde inzwischen gekündigt. Die Hochschule, an der die im Video zu sehende junge Frau studiert, berät derzeit sogar über ein Exmatrikulationsverfahren.

Mit Blick auf das geltende Recht könnte es für die ein oder andere Person des Videos ziemlich ungemütlich werden, da möglicherweise die beiden Straftatbestände nach § 130 StGB und § 86a StGB vorliegen.

Interessanterweise war der jüngste Vorfall auf Sylt nicht der erste seiner Art: Bereits seit geraumer Zeit erfreut sich der berühmte Hit von Gigi D'Agostino innerhalb rechtsextremer Kreise größter Beliebtheit. Der zur "Remigrationshymne" umfunktionierte Song wurde in den vergangenen Wochen in Deutschland immer wieder mal in Discos, auf Erntedank- und auf Volksfesten oder in Fußballstadien mitgegrölt.

Aus juristischer Sicht ist die Parole "Deutschland den Deutschen, Ausländer raus!" allerdings nicht ganz eindeutig, weswegen die juristischen Folgen für die Beteiligten derzeit noch recht unklar sind. In einem früheren Fall entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, dass die Parole "Ausländer raus" alleine nicht die Menschenwürde verletzt und ferner von der Meinungsfreiheit gedeckt sei.

Zentral für eine mögliche Verurteilung wegen Volksverhetzung nach § 130 StGB ist vor allem der Kontext, in dem die Äußerung getätigt wurde. Der bekannte Medien-Anwalt Christian Solmecke, mit dem wir von gutefrage in der Vergangenheit schon ein Themenspecial durchgeführt haben, rechnet in erster Linie damit, dass der Veröffentlicher des Videos als auch der Mann, der möglicherweise den Hitlergruß imitiert hat, juristisch zur Rechenschaft gezogen werden. Im letztgenannten Fall wäre eine Verurteilung wegen Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen nach § 86a StGB denkbar.

Für die gesungene Parole hält Solmecke eine erhebliche Geldstrafe für alle Beteiligten zudem für recht wahrscheinlich.

Leute diskutieren

Viel Aufregung um nichts? Die gutefrage Community ist geteilter Meinung

Die Nutzer Belliwell und Topflappen555 denken, dass ein derartiges Klima vor allem auf politische Versäumnisse zurückzuführen ist:

Meiner Meinung nach wäre eine logische Konsequenz, das die Politiker mal überprüfen, warum viele rechts abdriften, welche Gründe es dafür gibt und dann können sie evtl an der Gesamtsituation was ändern.

Ich habe heute Nachmittag erst eine Arte Doku über die Zeit vor dem 2. Weltkrieg gesehen, also die Zeit wo die Rechten an die Macht kamen. Wir sind jetzt wieder in der Situation das die Rechten immer mehr Macht bekommen, eben weil die Situation wieder den Bach runter geht.

Man meint, die Politiker hätten aus der Vergangenheit nichts gelernt. Wenn die Leute das Gefühl haben, es geht bergab und es geht den Leuten schlecht, dann wird meistens das Gewählt was Veränderung verspricht. Damals war es die Hitler Partei.

Heute haben die Leute auch wieder das Gefühl das es Veränderung und Verbesserung bräuchte. Und daher rückt die AfD in den Vordergrund und die Menschen werden hemmungsloser, trauen sich wieder vermehrt rechte Sachen zu machen.

Konsequentes Handeln liegt nicht im Interesse der jetzigen Politiker. Dazu müssten sie Gelder locker machen die sie derzeit für andere Dinge ausgeben oder sich in die eigene Tasche stecken.

Zumindest empfinde ich das so.

Zur Antwort

Das Strafmaß wird ein Richter entscheiden, ich finde die Politik sollte sich hier raushalten, auch wenn bald Wahlen sind.

Bedenklich ist allerdings mal wieder das hier Ursache und Wirkung vertauscht wird. Die Leute die dort singen, so hohl sie auch sind, stehen stellvertrend für den Frust der durch unkontrollierte Einwanderung in den letzten Jahren entstanden ist.

Dabei sind es oft gar nicht die Einwanderer die das Problem darstellen, sondern die Rahmenbedingungen durch die Politik die sie erst zum Problem werden lassen.

Da dürfen Leute nicht arbeiten, obwohl sie es gerne möchten. Anderen wird Geld überwiesen, obwohl man weiss das es wohl an die Familie in die Heimat gehen wird. Und woanders werden so viele Flüchtlinge in einem kleinen Dorf untergebracht, dass es den Leuten einfach zu viel wird.

Zur Antwort

Die Nutzerin ColleenChambers denkt, dass man im Falle der - vermutlich betrunkenen - Partygäste und tatsächlich Rechtsextremen unterscheiden müsste:

Öffentlich zum Ausdruck gebrachter Rassenhass und Nazi-Parolen sind definitiv keine Kavaliersdelikte und sollten bestraft werden.

Was da nun auf Sylt passiert ist - ich war nicht dabei - klingt für mich eher nach Gegröle von Betrunkenen ohne "echten" politischen / rassistischen Hintergrund.

Ich nehme nicht an, dass diese Menschen sich nüchtern im Alltag so äußern würden.

Der Zeitpunkt für ein solches Video war denkbar ungünstig. Die ganze Nation ist (über-)sensibilisiert und wartet nur auf derartige Entgleisungen. Und dann wird gnadenlos abgerechnet...

Eine saftige Geldstrafe und ein Club-Verbot hätten meiner Meinung nach genügt.

So aber sind diese Menschen (tw.) entlassen und gebannt, behandelt wie Schwerverbrecher.

Vermutlich wurde damit ein Zeichen gesetzt, ein Exempel statuiert, um zu zeigen, wie man (künftig) mit solchen Vorfällen umgehen wird.

Ok.

Da stellt sich mir die Frage:
Hat man jetzt echte Volksverhetzer und Neonazis am Kragen gepackt, oder sich daneben benommen Menschen unter Alkoholeinfluss öffentlich ausgepeitscht...?

Strafe: ja - aber die Kirche sollte im Dorf bleiben.

Zur Antwort

Brummelpapa hingegen denkt, dass solche Parolen auch nicht durch Alkoholeinfluss zu rechtfertigen sind:

ich bin so aufgewachsen, dass man so etwas nicht brüllt oder singt! Wie kommt man als angeblich gut erzogener Erwachsener dazu, den entsprechenden Gruß zu imitieren? Das kann man nicht mit Partylaune und Alkohol entschuldigen. Dieses Verhalten muss geahndet werden und da sehe ich eher das Problem. Viel zu oft wird etwas entschuldigt, was nicht entschuldigt werden darf und sollte. Wenn alles durchgeht und wie hier vermutlich Papa zahlt, ja dann…und das vermutlich mit angeblich guter Bildung - lässt ja auch Rückschlüsse auf den Geschichtsunterricht zu. Vermutlich nur Analysen gefertigt. Wo bleibt das diskutieren und zwar ehrlich zu diskutieren und damit auch mit Widerspruch zu leben. Wer Kinder hat, Ehrlichkeit in der Schule kosten Notenpunkte.

Die Hetzer verabscheue ich aber ebenfalls. Kein Deut besser!

Und sachlich- die Kündigungen….naja…werden bestimmt noch zu ordentlichen Kündigungen umgewandelt

Zur Antwort

Und FlorianH246 fordert eine entsprechende Strafe, kritisiert aber vor allem die Selbstjustiz unbeteiligter Internetnutzer:

Die rechtlichen Konsequenzen, die für so etwas vorgesehen sind. Anzeige wegen Volksverhetzung, vermutlich. Lebenslanges Hausverbot, ganz klar. Aber keine mediale Hexenjagd, als hätte es einen Massenmord gegeben. Ohne irgendwas relativieren zu wollen, überrascht es mich einfach, dass wegen vermutlich leeren Aussagen von irgendwelchen Betrunkenen so eine riesige Sache inkl. Statement vom Kanzler, Sondersendungen usw. aufgezogen wird... Es sollte erstmal ermittelt werden, ob diese Personen dieses Gedankengut wirklich tragen und eine Gefahr darstellen, alleine durch so eine Sache wird man kein Nazi oder Rechtsextremist. Zumal solche Aktionen schon unzählige Male vorkamen und in diesem Fall vielleicht auch einfach nachgeahmt wurden.

Noch ein Nachtrag zur Veröffentlichung der Klarnamen - finde ich definitiv nicht in Ordnung. Da mischen sich irgendwelche Personen ein, die mit der Sache gar nichts zu tun haben. Sowas ist möglicherweise auch strafrechtlich relevant.

Zur Antwort

Wie Du siehst, gibt es inmitten der gutefrage Community zahlreiche Meinungen zu diesem polarisierenden Thema. Möchtest auch Du die Community wissen lassen, was Du zu den Vorfällen auf Sylt denkst? Dann wirf gerne einen Blick auf unsere Meinung des Tages und diskutiere mit!

Kommentare

 

Über den Autor

Schreibt für gutefrage

Auch interessant

Welches Feature ging live und wie lief eigentlich das letzte AMA?

Welches Feature ging live und wie lief eigentlich das letzte AMA?

Erfahre es direkt! Und zwar in der Rubrik Aktionen und Neues.

Du fragst Dich, was bei gutefrage hinter den Kulissen los ist?

Du fragst Dich, was bei gutefrage hinter den Kulissen los ist?

Dann bist Du bei der Rubrik Einblicke und Hintergründe genau richtig.

Du möchtest wissen, was die Community aktuell so bewegt?

Du möchtest wissen, was die Community aktuell so bewegt?

Wir verraten es Dir, in der Rubrik Themen der Nutzer.