Lösung des Bürgergeld-Problems?

Bundeskanzler Olaf Scholz fordert Mindestlohnerhöhung auf 15 Euro

Eigentlich war eine Erhöhung des Mindestlohns auf 12,82 Euro pro Stunde im kommenden Jahr vorgesehen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) fordert nun aber mehr: Er möchte eine Anhebung auf zunächst 14, später sogar auf 15 Euro durchsetzen. Damit will er unter anderem das Bürgergeld-Problem lösen. Doch erstmal erntet er mit seinem Vorschlag viel Kritik - zurecht?

gutefrage-Redaktion
17.5.2024
Katze hinter Vorhang

Löst die Erhöhung des Mindestlohns gleich mehrere Probleme?

"Ich bin klar dafür, den Mindestlohn erst auf 14 Euro, dann im nächsten Schritt auf 15 Euro anzuheben" – mit dieser Forderung hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) eine öffentliche Debatte ausgelöst. Im selben Atemzug übte Scholz Kritik an der Mindestlohnkommission aus. Sie hatte zuletzt beschlossen, den Mindestlohn bis Anfang 2025 nur auf 12,82 zu erhöhen. Die Entscheidung kam folgendermaßen zustande: Die Gewerkschaftsvertreter forderten eine Anhebung auf 13,50 Euro, wohingegen die Arbeitgeber sich gegen eine Erhöhung aussprachen und letztlich zumindest auf einen Anstieg gemäß der Tariflöhne beharrten. Die Kommissionsvorsitzende votierte für diesen Vorschlag der Arbeitgeberseite und gab damit den entscheidenden Ausschlag. "Sie haben also mit der Tradition gebrochen, einvernehmlich mit den Gewerkschaften zu entscheiden", so der Kanzler.

Mit seiner Forderung der kräftigen Erhöhung des Mindestlohns will Scholz außerdem der Behauptung gegenwirken, dass sich stattliche Sozialhilfe in Form des Bürgergelds mehr lohne, als arbeiten zu gehen. Denn tatsächlich ist dieser Gedanke nicht ganz abwegig: 563 Euro beträgt der Regelsatz für alleinstehende Bürgergeld-Empfänger, einem Paar in einer Bedarfsgemeinschaft stehen 1012 Euro zu. Hinzu kommen Zuschüsse zur Miete, den Heizkosten, Rundfunkgebühren und vielen anderen Kosten. Schon ein Single kommt so also locker auf fast 1300 Euro Hilfe vom Staat pro Monat, Familien mit zwei Kindern auf mehr als 3000 Euro. Schon seit Einführung des Bürgergelds 2023 eingeführt, spätestens aber seit der 12-prozentigen Erhöhung Anfang diesen Jahres erscheint das vielen Bürgern als unfair.

Feuerwerk

Das sind die Stimmen aus der Politik

Doch die Sache hat einen Haken. Die Regierung kann den Mindestlohn zwar erhöhen. Zahlen müssen ihn aber andere: Verbraucher über höhere Preise oder ein kleineres Angebot an Waren und Dienstleistungen. Firmen über höhere Kosten und sinkende Gewinne. Beschäftigte über ein höheres Risiko, ihren Job zu verlieren oder arbeitslos zu bleiben. Zudem hatte sich der Bundeskanzler erst im Herbst 2022 über die Mindestlohnkommission hinweggesetzt und ohne deren Zustimmung den Mindestlohn auf 12 Euro angehoben. Eine Ausnahme - wie er damals versprach. Doch nun scheint es, als würde Scholz zum Widerholungstäter werden. Nicht zuletzt deswegen wird seine Forderung auch von den anderen Parteien kritisiert.

So wirkt das Ganze etwa auf die CDU-Abgeordnete Gitta Connemann so, als würde Scholz „den nächsten Wortbruch“ vorbereiten. Connemann, die auch Chefin der Mittelstands- und Wirtschaftsunion ist, findet, dass der Bundeskanzler sich „an die Spitze des politischen Überbietungswettbewerbs“ setze. Genau gegen diese "Politisierung der Lohnfindung" hätte der Gesetzgeber die Mindestlohnkommission geschaffen.

Gegen einen politischen Eingriff in die Unabhängigkeit der Mindestlohnkommission sprachen sich außerdem die Liberalen (FDP) aus. Der Parteivorsitzende Christian Lindner findet: "Der Koalitionsvertrag für diese Legislaturperiode regelt aber klar, dass die Lohnfindung keine Sache der Parteien ist."

Zustimmung hingegen gibt es von Seiten der Grünen, Linken sowie der Gewerkschaft Ver.di. Die Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt fordert: "Eine Erhöhung auf 14 Euro sei noch dieses Jahr nötig, sodass alle mit ihrem Einkommen auskommen können. Nächstes Jahr soll ihrer Auffassung nach dann der Lohn auf 15 Euro angehoben werden."

Sollte die Politik derart in die Regelung des Mindestlohns eingreifen und wie viel Geld wäre angemessen? Die gutefrage Community diskutiert

Die Nutzer JayRaa und H2Onrw beispielsweise sehen erst einmal keine Notwendigkeit, den Mindestlohn anzuheben bzw. sind sie sogar stark dagegen.

Ein politisch diktierter Mindestlohn hebelt die Tarifautonomie aus.

Einige Branchen haben nicht die Preisstruktur um 15,- € Mindestlohn zu verkraften. Diese legen dann den Fokus darauf Personal abzubauen (bereits mehrfach mitbekommen).

Abwertung aller Einkommen, die direkt darüber liegen, sofern diese nicht ebenfalls angehoben werden.

Die Anzahl der Rentenpunkte ist abhängig vom Durchschnittslohn (dieser wird mit einem Punkt bewertet). Ein steigender Mindestlohn erhöht das Durchschnittseinkommen, wodurch alle anderen weniger Rentenpunkte bekommen.

Die Lohn-Preis-Spirale heizt die Inflation an.

Zur Antwort

Der Mindestlohn darf keinesfalls angehoben werden, dieser muss drastisch gesenkt werden auf deutlich unter 10 € die Stunde.

  • Menschen mit geringen Fähigkeiten, die nicht eine Leistung in Höhe des derzeitigen Mindestlohn erbringen brauchen auch eine Chance auf einen Job, von daher ist ein sehr geringer Mindestlohn erforderlich.
  • Der Mindestlohn gehört zu den Ideologien der Linken und ist in einer funktionierenden Marktwirtschaft unangebracht.
  • Wer aufgrund eines zu geringen Stundenlohns auch bei einer 45 Stundenwoche zu wenig verdient um davon zu leben, der muss dann Sozialhilfe als reine Sachleistung bekommen
  • Das Bürgergeld muss in Sozialhilfe umbenannt werden für alle die nicht arbeiten können und darf zu 90 % nur als Sachleistung ausgezahlt werden.
Zur Antwort

Eine andere Meinung hat unser Nutzer PlueschTiger:

Hallo gutefrage,

den Mindestlohn anheben ist eine Option, aber etwas was ich nicht unbedingt als einzige Option sehe. Es gibt andere Dinge welche dem Arbeitnehmer ebenso wichtig sind oder wichtiger. Letztlich ist jeder Mindestlohn wertlos wenn dieser einfach umgangen werden kann.

Die CDU-Abgeordnete Gitta Connemann erklärte, Scholz würde „den nächsten Wortbruch“ vorbereiten. Connemann, die auch Chefin der Mittelstands- und Wirtschaftsunion ist, findet, dass Scholz sich „an die Spitze des politischen Überbietungswettbewerbs“ setzte.

Das sagt die richtige Partei. Als wenn die Union besser wäre.

Sollte die Politik derart in die Regelung des Mindestlohns eingreifen?

Wenn die Kommission nicht wie damals sich als Korrupt und von der AG Seite korrumpiert herausstellt, eher nein.

Wären 15 Euro pro Stunde angemessen oder doch eher zu viel, bzw. zu wenig

Kann man schwer sagen. Es ist Individuell was jeder an Lohn braucht, universell ist das die Höhe halt auch die Rente später definiert. Selbst wenn einer mit 10€ auskommt, kann er sich nicht mit zufrieden geben weil dann seine Rente später entsprechend niedrig ist. Man darf nicht vergessen das kosten und Inflation steigen und das muss sich halt, so lange das sich nicht ändert auch in den Löhnen widerspiegeln.

Was für Folgen könnte es für Deutschland haben, wenn das Land in Sachen Mindestlohn zum Spitzenreiter wird?

Ein Mindestlohn von 15€ hätte vielleicht den Vorteil das Deutschland attraktiver für Fachkräfte wird und statt zb. deutsche Fachkräfte in die Schweiz, Schweizer nach Deutschland kommen. Sicher ist eine Belastung für Unternehmen, doch Fachkräfte werden dringend gesucht und ein hoher Lohn ist nun mal eine Option welches zu bekommen, auch für Fachkräfte aus dem EU Raum. Es kann also durchaus eine Chance sein.

Welche Konsequenzen seht Ihr auch für die Arbeitgeber, würde eine solche Forderung umgesetzt werden?

Diese werden den Mindestlohn wie immer umgehen und jammern.

Letztlich könnten Arbeitgeber/Wirtschaft das ganze vermeiden, wenn sie wollten. Es würden viele mit weniger auskommen wenn Arbeitgeber die Kosten des Personals nicht unnötig in die Höhe treiben würden, oder den Lohn als letzte Haltemittel liefern würde. Manch Arbeitnehmer wird wegen mieser Arbeitsbedingungen nur noch wegen dem vielleicht guten Lohn beim AG gehalten. Andere, haben immense Kosten durch Pendeln weil ein Arbeitgeber lieber einen aus 100km, 200km oder sonst wie viel KM Entfernung einstellte statt einen aus dem Nachbarort oder direkt im Ort. Es gibt etliche Faktoren, welche hohe Löhne bedingen, welche auch die Arbeitgeber in der Hand haben. Leider sind Arbeitgeber trotz Gewerkschaften nicht bereit eben das zu verbessern und somit die Notwendigkeit solcher Maßnahmen unnötig zu machen.

MfG PlueschTiger

Zur Antwort

Doch auch Befürworter der Mindestlohnerhöhung gibt es innerhalb der gutefrage-Community. Etwa empfindet der Nutzer soisses eine Erhöhung als "überfällig". Ebenso unsere Nutzerin etjna.

Die 15€ sind überfällig.

Die EU Kommission hat eine Richtlinie erlassen, dass der Mindestlohn 60% des Medianeinkommens sein müsse.
Dann würden wir bereits heute über 15€ Mindestlohn reden, statt beständig rumzueiern.

Es ist immer wieder erstaunlich wie handzahm die Politik gegenüber der Wirtschaft agiert.

Löhne sind Bestandteil des darauf beruhenden Sozialsystems von Gesundheit bis Rente.

Zur Antwort

https://cryptomonday.de/vermogensverteilung-deutschland-schere-zwischen-arm-und-reich/

Die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auf. In den Coronajahren sind die Reichen noch reicher geworden. Und der Ukrainekrige hat die Inflation angeheizt. Die Preissteigerungen bei den Nahrungsmittel betrifft die Ärmeren viel stärker, da die Nahrungsmittelversorgung prozentual viel mehr ausmacht. Es gibt immer mehr Menschen die sich gesunde Lebensmittel nicht mehr leisten können.

Nachweislich konnte der erhöhte Mindestlohn sich schon positiv bemerkbar machen, trotzdem ist es schwierig sich mit Mindestlohn Wohnen und Essen leisten zu können.

Neben dem Erhöhung des Mindestlohns gehören auch Gehälter von Geschäftsführern auf ein anständiges Maß gedeckelt , Vermögen besteuert und die Einkommensteuer für Reiche erhöht.

Zur Antwort

Ob der Mindestlohn nun erhöht wird, steht bisher noch in den Sternen. Denn für ein politisches Einschreiten ist in diesem Fall, wie für alle Gesetze, ein Mehrheitsbeschluss des Bundestages notwendig und bisher noch zwei Parteien (FDP und CDU) dagegen. Damit der Mindestlohn wirklich auf 15 Euro steigen könnte, müsste der Bundeskanzler also erst einmal noch ein bisschen Überzeugungsarbeit leisten.

Nichtsdestotrotz sind die Themen Mindestlohn und Bürgergeld stets heiß diskutiert. Hast auch Du eine persönliche Meinung zum Thema, die Du mit unseren Nutzern teilen möchtest? Dann wirf gerne noch einmal einen Blick auf unsere Meinung des Tages.

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