Wikinger Tattoos

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Es gibt zumindest einen Hinweis auf Tätowierungen bei Wikingern.

Zu überprüfen ist, was es für schriftliche Quellen oder archäologische Quellen (zu denken ist vor allem an Leichenfunde und Geräte, die deutlich dem Zweck des Tätowierens dienten) gibt. Zu Tätowierungen bei Wikingern gibt es anscheind kaum Belege, was gegen eine starke Verbreitung spricht.

Schon in der Vor- und Frühgeschichte und im Altertum hat es Tätowierungen gegeben.

Ob eine Tätowierung auf die Haut aufgemalt oder in die Haut eingebracht wurde, ist aus Aussagen von Autoren nicht immer klar.

Die Kenntnis von Farbstoffe, Geräte und Methoden ist den Wikingern zuzutrauen.

Tätowierungen kamen bei keltischen Bewohner Britanniens vor.

Gaius Iulius Caesar, Commentarii De Bello Gallico 5, 14, 2:

omnes vero se Britanni vitro inficiunt, quod caeruleum efficit colorem, atque hoc horribiliores sunt in pugna adspectu;

„Alle Briten/Britannier aber färben sich mit Waid, der eine blaue Farbe bewirkt, und sind dadurch im Kampf um so schrecklicher anzuschauen.“

Pikten (lateinisch: Picti; pingere = malen, bemalen, pictura =Malen, Malerei, Gemälde) war zuerst eine Bezeichnung von Römern für im heutigen Schottland einheimische Stämme (erste erhaltene Textstelle im Jahr 297 n. Chr. bei Eumenius).

Plinius, Naturalis historia 22, 2 (weibliche Bevölkerung zu bestimmten religiösen Zeremonien bemalt) und Pomponius Melas 3, 6, 5 erwähnen ebenfalls Färben mit Waid bei der Bevölkerung Britanniens.

Herodian 3, 14, 7 schildert Tätowierungen der Briten/Britannier, wobei das Wort στίζονται auf Stechen deutet.

Herodian, Geschichte des Kaisertums nach Marc Aurel : griechisch und deutsch. Mit Einleitung, Anmerkungen und Namenindex von Friedhelm L. Müller. Stuttgart : Steiner, 1996, S. 161:
„Sie benutzen ja auch keine Kleidung, sondern schmücken ihre Leiber und Nacken mit Ringen aus Eisen und halten dies für einen Schmuck und ein Zeichen von Reichtum wie sonst die Barbaren das Gold; ihre Körper aber tätowieren sie mit bunten Zeichnungen und verschiedenen Tierbildern; eben darum bekleiden sie sich auch nicht, um die Körperzeichnungen nicht zu verdecken.“

Alexander Demandt, Die Kelten. Originalausgabe. 6. Auflage. München : Beck, 2007 (Beck' sche Reihe : C.-H.-Beck-Wissen ; 2101), S. 49: „Kriegsbemalung oder Tätowierung ist bezeugt für die dortigen Siluri und Picti (nach lateinischer Volksetymologie abgeleitet von pingo - „malen").“

Bernhard Maier, Kleines Lexikon der Namen und Wörter keltischen Ursprungs. Originalausgabe. 3. Auflage. München : Beck, 2010 (Beck'sche Reihe ; 1541), S. 40:
Britannien als Bezeichnung der britischen Hauptinsel beruht auf dem lateinischen Namen Britannia, der eine Ableitung von Britanni als Benennung der Inselbewohner darstellt. Dieser Name erscheint in den ältesten griechischen Quellen noch mit anlautendem p- in der Schreibung Prettanoí. Zugrunde liegt vielleicht eine Eigenbezeichnung der britannischen Kelten als **Pritani* oder **Priteni*, was man mit einem Wort für «schneiden» oder «ritzen» in Verbindung bringt und auf die britannische Sitte der Tätowierung bezieht. Aus der Form **Pritani* entstand als heutige kymrische Bezeichnung Britanniens die Form Prydain, während sich die Variante **Priteni zu kymrisch *Prydyn als einer Bezeichnung des Volkes der Pikten im Norden Schottlands entwickelte.“

Im Mittelalter hat es seitens der christlichen Kirche Ablehnung von Tätowierungen gegeben.

Aḥmad Ibn Faḍlān hat in einem Reisebericht über eine Gesandschaft des Kalifen von Bagdad, mit der er zu der Stadt Bulgar kam, einem Herrschaftszentrum der Wolga-Bulgaren und bedeutendem Handelsplatz, eine Darstellung von Händlern aus dem Volk der Rus geben. Die Rus (auch Waräger genannt) waren nach ihrer Herkunft vermutlich schwedische Wikinger.


gugggug 
Beitragsersteller
 26.08.2012, 12:34

Klasse Sache! Danke. Interessante Belege. Weißt du vielleicht auch, warum das in der Kirche des Mittelalters das so abgelehnt wurde? Weil man seine Verbundenheit zu <gott anders ausdrücken soll?

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Albrecht  26.08.2012, 21:45
@gugggug

Tätowierungen im Gesicht galten als heidnischer Brauch, eine Gefahr für das Seelenheil, und Blasphemie. Vgl. Marcel Feige, Ein Tattoo ist für immer : die Geschichte der Tätowierung in Deutschland. Berlin : Schwarzkopf & Schwarzkopf, 2003, S. 11

Das Konzil von Calcuth (Northumberland) im Jahr 787 unter Leitung von Papst Hadrian verbot das Tätowieren. Dazu gab es Berufung auf Stellen im Alten Testament (3. Mose 19, 28; 3. Mose 21, 5).

Tätowierungen wurden als Verunstaltungen des von Gott geschaffenen Körpers beurteilt.

Geduldet wurden Tätowierungen, wenn sich aus den Schriftzügen oder Symbolen den Rückschlüsse auf christlichen Glauben schließen ließen.

Informationen über alte Zeiten:

Raimar W. Kory, Tätowierung. In: Reallexikon der germanischen Altertumskunde. Von Johannes Hoops. Band 35 Speckstein - Zwiebel. (Nachträge und Ergänzungen). 2., völlig neu bearbeitete und stark erweiterte Auflage. Herausgegeben von Heinrich Beck, Dieter Geuenich, Heiko Steuer. Berlin ; New York : de Gruyter, 2007, S. 56 – 69 (S. 66 wird aus dem Gesandtschaftsbericht von Ibn Faḍlān über Waräger gefolgert, Schmuck-Tätowierungen seien in der Wikingerzeit üblich gewesen)

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Albrecht  26.08.2012, 03:18

Arnulf Krause, Die Welt der Wikinger. Frankfurt am Main ; New York : Campus-Verlag, 2006, S. 119:
„Im Mai 922 traf eine ungewöhnliche Gruppe von Reisenden in dieser frühmittelalterlichen Weltstadt inmitten der Wildnis ein. Es war eine Delegation des Kalifen von Bagdad, die sowohl die Verbreitung des Islam als auch die Intensivierung der Hanelsbeziehungen auf ihre Fahne geschrieben hatte. Der Gesandte Ibn Fadlan hatte mit seinen Männern eine mehr als ein Jahr währende abenteurliche Reise hinter sich. [….].

Aber von allen Völkerschaften, die er in seinem Reisebericht erwähnt, schienen ihm die Wikinger doch besonders aufgefallen zu sein. Der Gesandte des Kalifen, der wie seinerzeit der Maure al-Ghazal aus Córdoba an Luxus und Hygiene einer Hochkultur gewöhnt war, beobachtete die Sitten der Nordleute interessiert, jedoch oft auch schockiert.

Jedenfalls traf er in Bulgar zum ersten Mal mit dem Volk der Rus zusammen, deren Händler am Ufer der Wolga lagerten: Niemals vorher habe er Menschen mit einem vollkommeneren Körperbau gesehen, groß wie Dattelbäume seien sie und hätten blondes Haar. Außerdem schätztem sie es, ihren Körper mit Bäumen, Figuren und anderen Motiven tätowieren zu lassen.“

Wladyslaw Duczko, Viking Rus : studies on the presence of Scandinavians in Eastern Europe. Leiden ; Boston : Brill, 2004 (The Northern world ; 12), S. 123 – 124:
„Ibn Fadlan, an envoy from the Caliphate to the Volga Bulghars in 921–2 encountered there the Rus, became interested in their exotic customs, and collected information about them. Beside the celebrated account of the funeral of a prominent […] he left a depiction of their appearance and about their ruler:

§ 80: I have seen the Rus (ar-Rusija) as they came on their merchant journeys and encamped by the Atil. I have never seen more perfect physical specimens, tall as date palms, blonde and ruddy; they wear neither qurtaqs nor caftans, but the men wear a garment which covers one side of the body and leaves a hand free.

§ 81: Each man has an axe, a sword, and a knife and keeps each by him at all times. The swords are broad and grooved, of Frankish sort. Every man is tatooed from finger nails to neck with dark green (or green or blue-black) trees, figures, etc.”

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Nach den uns vorliegenden Erkenntnissen über die von dir genannten Völker müssen wir unterscheiden. Es gab sowohl die Tätowierung, eine wie schon angemerkt weitverbreitete Form des "Schmucks", als auch die Form der temporären Bemalung. Tätowierung, dies war "ewig/unvergänglich" damit ging man ein Bündnis, einen neuen Abschnitt ein. Man bekannte sich seinem Stamm zugehörig, seinem Gott bspw. Also schon etwas intensiver als heute. Daneben gab es aber die Kennzeichnung, die Farbe zu besonderen Anläßen. Zu nennen wäre da heute der Krieg, hier hatten ja die Kelten die nette Eigenschaft sich erst einmal splitterfasernackt in den solchen zu stürzen, das reicht eigentlich schon, um den Gegenr aus dem Komzept zu bringen, dann stellten sie noch ihr Haar mit Hilfe von Gipswasser richtig schon hoch. Man stelle sich nur die Reaktion eines braven mitteldeutschen Poliizisten auf einen echten Regenbogenfarben gefärbten Punk mit 40 cm Iro vor . um das Ganze abzurunden, dazu noch Waid als Körperbemalung, auch nit schlecht und dahinter gröhlende, anfeuernde, fast genauso ansehende Keltinen, die ihre zarten Stimmen mit schauderlichsten Kriegsharfen ( ich persönlich empfinde schon die Waldorf Kinderharfen sind fürchterlich) erschallen liessen. Entschuldige die Ausschweifungen, es riss mich hin :-))

Zu jährlich wiederkehrnden Kulthandlungen wurden nur Körperbemalungen mit vergänglicher Faarbe benutz. Dies war vor allem Waid bei Fruchtbarkeitsriten im Frühlung (Beltane z-N-) Jedoch wurden diese Riten meist nur von Initiierten durchgeführt, die widerum im Laufe ihrer Ausbildung, denn durchaus bleibende Tätowierungen erhalten haben.

tattoos oder besser "tatau" kommt aus dem polynesischen und sind so alt wie die menschheit. auch die kelten hatten welche - viele. aber da spielte - wie auch bei vielen anderen stämmen - die hierarchie und der kriegerstatus die entscheidende rolle für das tattoo. die indianer hatten - wie wiederum auch viele stämme, auch die kelten - die berühmte kriegsbemalung.

und bei vielen stämmen und völker war ein tattoo ein heilungsritual und wurde ähnlich wie akupunktur gehandhabt.

PS: ötzi hatte über 50 tätowierungen!! das erklärt seinen kriegerstatus - er muss in der damaligen zeit wie ein rockstar gewesen sein! der highlander der alpen!

Ötzi hatte auch Tatoowierungen, Die Methoden und Mittel für solche waren also anähernd 100% auch den Wikingern mit ihren Europa/Afrika weiten beziehungen bekannt.

Was die Kelten angeht: Pikten (lateinisch picti ‚die Bemalten‘) ist der römische Name für Stämme in Schottland. Der Name wird auf die Sitte, sich zu tätowieren, zurückgeführt (von Wikipedia) Hier gehen die quellen auseinander ob das gemalt oder gestochen wurde, aber die Methoden und Mittel waren für beides vorhanden.


gugggug 
Beitragsersteller
 25.08.2012, 21:00

Hab ich nicht gewust. Interessant!

Das ist ja mal der Hammer! (: Ich kenn den Begriff "Pikten an sich schon aber dass das "die Bemalten heißt ist mir neu (:

Das gemalt wurde weiß ich. Mir gehts in erster Linie ums einstechen.

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Ja hatten sie und Diverse Kriegsbemalung die wurden aber nicht Eintättowiert sondern aufgemalt :)