Wie klingt Hochdeutsch(Standarddeutsch) für reine Dialektsprecher?

10 Antworten

Wer will das beantworten, wo doch ein Dialektsprecher normalerweise auch den Kontakt mit Hochdeutsch gewöhnt ist.

Ich habe nur einmal in Brasilien eine Deutschstämmige getroffen, die "Hunsrick" (Dialekt des Hunsrück) sprach und sich wunderte, dass wir sie wohl, sie aber uns nicht verstand. In ihrem Fall muss man dann sagen, dass Hochdeutsch für sie "unverständlich" klang.

Ansonsten klang Hochdeutsch früher in reinen Dialektgebieten "affektiert", wozu es überlieferte Witze als Beispiele gab. Auch im Millowitsch-Theater in Köln, gab es früher die Rolle der gequält hochdeutsch sprechenden Kölnerin, über die sich die Zuschauer köstlich amüsierten.

Beispiel vom Land: "Och, bei meine Hühner: Die Legalität geht ja, aber die Brutalität is noch nich so doll."

Komme erst jetzt (nach vier Jahren!) auf diese Diskussion …

Einige Bemerkungen:

• Mir als Österreicher (Wien) ist die Handhabe in Deutschland ein bisschen unheimlich, dass „reine Dialektsprecher“ von „Hochdeutschsprechenden“ unterschieden werden.

• Ich behaupte: Die, und gerade die, denen eingetrichtert wurde „wir sprechen Hochdeutsch“ tun das nicht! Die sprechen norddeutsche Idiome, im besten Fall dialektarme Umgangssprache, aber keinesfalls gesprochenes Hochdeutsch (Die jeweils real existierenden Menschen möchte ich keinesfalls beleidigen oder geringschätzen, das ist ganz was anderes)

• Ich behaupte: gesprochenes Hochdeutsch gibt es gar nicht und kann es gar nicht geben.

• Und wenn eine Standardisierung stattfindet, dann nur auf der Schriftebene und nicht im Gesprochenen.

• Es DARF keine Uniformierung der (gesprochenen lebendigen) Sprache stattfinden.

• Denjenigen, die vom „Österreichischen Dialekt“ sprechen, sei heftig entgegnet:

EINEN österreichischen Dialekt gibt es nicht, sondern dutzende aus jedem Bundesland.

WIENER Dialekt gibt es auch nicht, das was da im Fernsehen daherkommt ist meistens Substandard, Unterschichtslang, aber kein Dialekt.

Man bedenke: Wien gibt es im heutigen Sinn nicht einmal seit 100 Jahren, vorher war das alles Niederösterreich! Erst um die Jahrhundertwende 19/20 wurden die Umlandgemeinden langsam nach Wien eingemeindet. Und wie in der heutigen „InnerenStadt“ früher gesprochen wurde, weiß heute niemand mehr (Schönbrunnerisch?). In Wien wird kein Dialekt, sondern etliche Soziolekte gesprochen.

• Österreicher sind WEDER reine Hochdeutssprecher, NOCH reine Dialektsprecher. Bei uns praktiziert man das Dialekt-Standard-Kontinuum

https://www.wikiwand.com/de/Dialekt-Standard-Kontinuum

in der Schweiz die Diglossie

https://www.wikiwand.com/de/Diglossie

Wer gesprochenes „Hochösterreichisch“ hören möchte möge bitte das Radioprogramm „Österreich 1“ aufdrehen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Die Menschen in at, ch und de sind zweisprachig. Je nach Situation sollten sie ihr Standarddeutsch oder ihren lokalen Dialekt verwenden.


Grammatikus  10.12.2015, 13:10

Mit "Hochdeutsch" werden linguistisch alle Varietäten der zweiten Lautverschiebung bezeichnet, auch Dialekte, also alle nicht niederdeutschen Varietäten.

Für mich als Dialektsprecher klingt Hochdeutsch ganz normal - ein Dialekt ist schließlich keine Fremdsprache, auch wenn sich manch einer so anhört oder eine sehr eigentümliche Grammatik aufweist.

Hochdeutsch zu sprechen ist prinzipiell auch kein Problem, ich kann meinen Dialekt ganz gut verdecken. Allerdings hängt es hier von der Situation ab - bei Präsentationen etwa spreche ich meist Hochdeutsch, aber in einer spontanen Runde unter anderen Dialektsprechern ist das natürlich recht absurd und fühlt sich auch komisch und viel zu förmlich an.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Studium Germanistik

Als ich bin Schweizer und wir sprechen im Alltag eigentlich immer Dialekt. Wenn ich in Deutschland bin schalte ich eigentlich automatisch auf Hochdeutsch , und ab und zu kommt dann auch ein Wörtchen raus dass es so im hochdeutschen eigentlich nicht gibt. Ist also schon bisschen komisch wenn mans im Alltag so nicht braucht.