Wie kann ich meinem arbeitslosen Bruder helfen, der keine abgeschlossene Lehre hat und jegliche Hilfe ablehnt?

5 Antworten

Wer keine Hilfe will - Hilfsangebote ablehnt - dem kann man meistens nicht helfen.

Es muss schlimm sein, seinem Bruder quasi zusehen zu müssen, wie er sich selbst das Leben ruiniert. Es tut mir für Euch leid.

Vielleicht könnte er anfangen umzudenken, wenn Du gutes Leben vorlebst, quasi zum Vorbild für ihn wirst? Ich meine das Vorleben so im Sinne von:

Wäre es nicht schön, wenn Dir das auch möglich wäre?

Wäre es nicht schön, wenn Du das mögliche Problem X umgehen könntest?

Wenn er auf so eine Frage positiv reagiert, sich damit beschäftigt (auch wenn er nur Probleme sieht), könntest Du mit weiteren Fragen seine Gedanken in eine positive Richtung zu lenken versuchen.

Wenn Du auf dem Weg dahin dieses oder jenes Problem siehst, wäre es da nicht gut, wenn Du eine Hilfe hättest?

Bin Deutscher und kenne die rechtliche Lage in der Schweiz nicht, aber meistens ist es ja doch recht ähnlich.

Lass dich nicht auf emotionale Erpressungen ein. Wenn er mit Selbstmord droht, ruf die Polizei. Die nehmen ihn mit auf eine Ambulanz, wo er sich glaubhaft von Selbstmord distanziert oder eingewiesen wird. Im Zweifel gegen seinen Willen. Akute Selbstgefährdung. Google sagt das läuft in der Schweiz nicht anders.

So oder so: Entweder du verhinderst damit seinen Selbstmord und sorgst dafür, dass er therapeutisch angebunden ist.

Oder du lässt seinen Bluff auffliegen.

Die Freundin von der du erzählst hat also genau das richtige getan.

Was ihr aktuell macht ist unterm Strich Enabling. Er will nichts an seinem Leben ändern. Er muss ja auch nicht. Es wird ihm ja finanziert. Und das ziemlich üppig, wenn ich das mal dreisterweise in völliger Unkenntnis von m²-Preisen bei euch sagen darf.

Wenn du mich fragst braucht er einen Weckruf. Und das heißt ihr müsst seine Leistungen kürzen. Wahrscheinlich wollt ihr ihn nicht gleich auf die Straße setzen. Also gebt ihm noch eine Chance. Tut es schrittweise. Macht dabei deutlich, dass das großzügig ist. Gebt ihm jeden Monat 10% weniger von dem, was ihr aktuell zahlt. Setzt ihm vorher eine Deadline von höchstens 3 Monaten. Das reicht locker, um sich einen Job/Ausbildungsplatz/whatever zu suchen. Wenn er keinen findet, fangt ihr an mit den Kürzungen. Wenn er einen findet: kontrolliert ihn. Unterstützung gibt es nur noch gegen Leistung. So lange, bis er auf eigenen Beinen stehen kann.

Rechtlich gesehen könnt ihr ihm auch von heute auf morgen den Geldhahn zudrehen, aber ich nehme an das war nicht der Vorschlag den du hier suchst. Auch wenn die meisten Menschen das wohl auch moralisch in Ordnung finden würden.

Wenn er Hilfe braucht, soll er sich die suchen. (Bitte übrigens Psychotherapeutisch. Ein Psychiater hat normalerweise Medizin studiert und dann eine Facharztausbildung obendrauf gemacht. Die Ausbildung zum Psychotherapeuten dagegen fokussiert sich auf die Gesprächspsychotherapie. Blöd gesagt: Der Psychotherapeut ist die Labertasche und der Psychiater ist der Pillendoktor. Wenn du eine Einstellungsänderung und Arbeit an sich selbst willst, dann willst du die Labertasche engagieren. Der Pillendoktor hilft da nur zusätzlich. Auch wenn er rechtlich gesehen ebenfalls psychotherapeutisch behandeln darf.)
Dass er seine Psychotherapie abgebrochen hat, spricht nicht dafür, dass er sich selbst helfen will.

Es kann gut sein, dass er, egal wie behutsam ihr aktuell vorgeht, immer negativ darauf reagieren wird. Die Früchte der Selbstständigkeit werden ihm erst wirklich bewusst werden, wenn er soweit ist. Damit solltet ihr rechnen. Das heißt nicht, dass ihr etwas Schlechtes tut. Auch, wenn es schmerzhaft sein wird.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Wenn er keine Hilfe möchte, dann könnt ihr tun was ihr möchtet. Wobei Hilfe möchte er ja: finanzielle Hilfe!

Aber die Frage ist am Ende: Helft ihr ihn wirklich oder unterstützt ihr damit auch ein schädliches Verhalten?

Er will keine wirkliche Hilfe. Zum Selbstschutz solltet ihr ihm keine Hilfe mehr geben, bis er von sich aus kommt. Und damit meine ich nicht, dass er von euch Geld möchte. Geld solltet ihr ihm gar nicht oder nur geben, wenn er andere Dinge macht, wie z.B. zur Therapie gehen. Keine Vorschüsse geben.

Das klingt unglaublich hart, aber er ist so nicht bereit fürs Leben. Er muss auf den Boden der Tatsachen aufschlagen. Da gibt es dann 2 Möglichkeiten, was passiert. Er wacht auf und holt sich Hilfe oder er stürzt völlig ab und redet sich ein, dass alle anderen Schuld sind und ihm keiner helfen will.

Du kennst deinen Bruder von seinem Grundcharakter her besser als ich. Damit kannst du wahrscheinlich besser einschätzen, welchen der beiden Wege er einschlagen würde.

Aber lasst euch nicht mit Selbstmorddrohungen erpressen.

Falls ihr ihn aber nicht einfach so fallen lassen könnt, solltet ihr eine Intervention planen, bei dem ihn seine ganze Familie und Freunde ins Gewissen reden. Klappt das dann auch nicht, dann sollte euch das Fallenlassen auch leichter fallen.

Einigen Menschen kann man einfach nicht helfen. Die wehren sich mit Händen und Füßen.

So hart es klingt, beim Hausarzt die situation beschreiben und die wirklichen probleme erwähnen. Es stecken wahrscheinlich massive psychische Probleme dahinter, oder eine depression. Eine Zwangseinweisung könnte helfen, am anfang natürlich unangenehm aber evt der einzige weg der euch bleibt. Wenn ihr ihm jetzt alles aufeinmal wegnehmt und ihn leer da stehen lasst, wird er sehr wahrscheinlich in ein noch tieferes loch fallen. Ihr müsst unbedingt an der Quelle des problems arbeiten.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung