Wie hängen die russischen Eiskunstläuferinnen miteineander zusammen?

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Also das erste, was generell alle die du hier aufgezählt hast, gemeinsam haben, ist, dass sie alle von Tutberidze Eteri und ihrem Team trainiert werden/wurden.

Genauso wie Yulia Lipnitskaya (Olympisch Gold 2014), Alina Zagitova (Olympisch Gold 2018), Evgenia Medvedeva (Olympisch Silber 2018), und noch eine ganze Menge anderer Skater.

Tutberidze ist in der Skatingwelt ziemlich umstritten, da:

  1. Alle ihre Skater sehr schlank sind, und bereits zwei ihrer ehemaligen Skater haben zugegebenhaben, unter ihr an einer Essstörung gelitten zu haben. Es gibt Interviews und Videos, bei welchen die Mädchen zugeben, sich mehrmals am Tag zu wiegen, kaum Wasser zu trinken um noch leichter zu sein etc., nur um leicht genug für ihre (Vierfach)-Sprünge zu sein und ihre Pupertät so weit es geht nach hinten zu schieben.
  2. Ihre Trainingsmethoden, vor allem in Hinsicht auf die Sprünge, sind mit vorausschreitendem Alter nicht mehr durchhaltbar. Die Sprungmethoden zielen statt auf ausreichende Muskelstärke für Sprunghöhe auf ein möglichst niedriges Körpergewicht und verzögerte Pupertät (=schmallere Hüften bei den Frauen), um schneller zu rotieren und dadurch die Umdrehungszahl zu erhöhen. Aufgrund des Essverhaltens/der Trainingsmethoden sind Verletzungen quasi vorprogrammiert (s. Anna Shcherbakova, Evgenia Medvedeva). Außerdem hatten ein paar ihrer früheren Läufer schlechte Sprungtechniken (zb. Flutz, Landung).
  3. Durch ihre Trainingsmethoden werden die Sprünge ab einem gewissen Alter quasi unmöglich auszuführen. Ab ca. 18/19, wenn sich der Körper der Mädchen verändert, ist bei einem Großteil ihrer Skater die Karriere beendet. Davor erreichen fast alle herausragende Ergebnisse, die eigentlich kein Karriereaus bedeuten würden. Ihre Skater haben sozusagen ein "Verfallsdatum". Das macht aber nichts, weil unter ihnen bereits neue 12 und 13 Jährige Vierfachsprünge trainieren.

So, nun zu den von dir erwähnten Skaterinnen:

Durch Tutberidzes Trainingsmethoden herrscht zwischen den Skatern eine sehr, sehr große Rivalität. Trotzdem halten die Skater gleichzeitig eben aufgrund des Trainings auch stärker zusammen und unterstützen sich mental. Aber die unterschwellige Rivalität ist natürlich da.

Vor Olympia 2022:

Alle drei waren vor den Olympischen Spielen 2022 in Peking starke Kandidatinnen für Gold. Die Welt hat sozusagen erwartet, dass das Treppchen 2022 ausschließlich von den Russen umkämpft wird. Sonst waren nur noch Kaori Sakamoto und Wakaba Higuchi (JPN) mögliche Kandidatinnen.

Der in Russland am meisten gehypte Skater für Gold war Kamila Valieva durch ihre Verbindung von 4T, 4S, 3A und künstlerischen Lauf. Trotz allem hat Alexandra Trusova auch ziemlich auf Gold trainiert, da sie fast alle Vierfachsprünge beherrscht (4T, 4S, 4F 4Lz) und diese auch in ihrer Kür mehrfach einsetzen kann, was als Frau eine ziemliche Ausnahme ist. Sie hatte in ihrer olympischen Kür 5x Vierfachsprünge, was die meisten Männer nicht hinbekommen, weil es körperlich so unfassbar anstrengend ist. Vor den Russen wurde angenommen, dass der höchst mögliche Sprung für Frauen der 3fache Axel ist. Anna Shcherbakova hat durch ihren einzigen Vierfachspung (4F) für die olympische Kür nicht so stärkt im Mittelpunkt gestanden wie die anderen beiden, da sie auch keinen 3A kann (oder zumindest in der Kür keinen geplant hatte). Trotzdem war sie durch die Vierfschsprünge den anderen Ladies noch im Vorteil, welche keine Vierfachsprünge (und nur wenige 3A) beherrschen.

Es ist seit der Quad-Revolution ab 2018 nun leider irgendwie klar, dass die Person mit den meisten Vierfschsprüngen gewinnt, da diese punktetechnisch am meisten zählen.

Bei Olympia:

Wie ja mittlerweile fast überall bekannt ist, ist Kamila Valiyeva durch ihren Dopingfall vom Treppchen gefallen. Dopingfälle (bei Minderjährigen besonders) werden natürlich immer auch ein schlechtes Bild auf das ganze Trainingsteam.

Zwischen Anna Shcherbakova und Alexandra Trusova herrscht keine gute Luft.

Da Anna Shcherbakova überraschenderweise trotz deutlich weniger Vierfaschsprüngen vor Alexandra Trusova olympisches Gold gewonnen hat, kam für Trusova als eine ziemliche Überraschung. Für sie war ihr Sieg sozusagen nach Valiyevas emotionalem Zusammenbruch schon klar.

Sie fühlt sich von ihrem Coachingteam und den Judges betrogen und um ihr Gold gebracht. Trusova zieht Parallelen zwischen sich und dem Goldgewinner 2022 der Männer, Nathan Chen, da dieser auch vor allem aufgrund seiner zahlreichen Vierfachsprünge (5, genauso wie Trusova) Gold gewonnen hat. Für sie fühlt sich das wahrscheinlich so an, als hätte plötzlich ein Junhwa Cha olympisches Gold gewonnen.

Es gibt Videos, auf welchen sie nach der Kür weint und ihrem Coach sagt, dass sie Eiskunstlauf hasst. Mittlerweile hat sie sich von Tutberidze distanziert.

Falls es dich interessiert, bei Pyeongchang 2018 gab es einen ähnlichen Fall, als Alina Zagitova vor Evgenia Medvedeva Gold gewonnen hat. Anschließend hat Medvedeva ebenfalls aufgehört, unter Tutberidze zu trainieren.