Was spricht dafür, dass wir einen freien Willen haben?

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Wichtig ist eine Klärung, was mit »frei« in diesem Zusammenhang (»Willensfreiheit«) sinnvollerweise gemeint ist. Dann können für einen Standpunkt, der die Existenz solcher Freiheit vertritt, Argumente angegeben werden.

Menschen sind in ihrem Wollen frei, wobei diese Freiheit keine absolute Freiheit ist, die in keine Bedingungen/Umstände eingebettet ist (als wäre eine Person in ihrem Wollen ganz unabhängig, völlig losgelöst, beliebig, freischwebend, keinerlei Einflüssen ausgesetzt), sondern eine Freiheit, bei der es Einflüsse gibt.

Menschen haben, wenn sie nicht in ihrem Person-Sein schwerwiegend beeinträchtigt sind, Freiheit in ihrem Wollen. Es gibt eine offene Zukunft und einen Spielraum.

»Willensfreiheit« meint sinnvollerweise, eine Person sei in ihrem Wollen/als wollende/in ihrer Fähigkeit zur Willensbildung/in ihren Entscheidungen frei. Träger der Freiheit ist die Person (dies ist die genauere Zuordnung der Freiheit, während ein Ausdruck wie »freier Wille« etwas ungenau ist, weil ein Wille immer das ist, was gewollt wird, und die Bezeichnung »frei« bei einer Sache, die nicht eigener Träger, sondern eine Fähigkeit/ein Vermögen ist, keinen sinnvollen Bezug hat und der Aussage nichts an Inhalt hinzufügt).

Freiheit ist eine Fähigkeit. Wer frei ist, kann eine Wahl treffen.

Freiheit kann nicht einfach mit bloßem Zufall gleichgesetzt werden. Denn dann fehlt jede Grundlage für eine Selbstbestimmung.

Freiheit ist mit dem Vorliegen von Einflüssen/Faktoren verträglich. Ein voraussetzungsloses, unbedingtes, absolutes Losgelöstsein/Freischweben ganz nach Belieben, das eine Illusion wäre, ist nicht erforderlich. Gründe (Menschen verfolgen z. B. Zwecke/Ziele) für ein Handeln und ein Wollen bedeuten nicht eine keine Wahl lassende Notwendigkeit.

Strikte Determiniertheit (die allein geeignet ist, die Existenz von Willensfreiheit zu verneinen) bedeutet: Alles ist streng und ausnahmslos auf notwendige Weise bestimmt, es gibt einen zwangsläufigen Ablauf.

Argumente

  • Selbsterfahrung: Menschen haben ein inneres Erleben von Freiheit, was zumindest ein starkes Argument für die Existenz von Willensfreiheit ist, weil auch bei Vertretern eines strikten Determinismus das subjektive Erleben nicht als durchschaute Täuschung verschwindet. In der eignen Erfahrung von Menschen haben sie eine Freiheit bei ihrem Wollen und können bei einer Entscheidung eine Wahl treffen. Dies erzeugt eine intuitive Hinneigung zur Annahme, Freiheit zu haben. Solange die Existenz eines freien Willens in dem angegebenen Sinn nicht eindeutig widerlegt ist, besteht kein durchschlagender Grund, die Auffassung aufzugeben, die große Bedeutung für unser Selbstverständnis hat.
  • Möglichkeit der Innensteuerung, der Distanziertheit zu Impulsen und verschiedener Vorstellungen über die Zukunft: Personen sind ein Stück weit ein selbstorganisiertes System. Menschen können sich von innen, aus eigenen Gedanken, Bestrebungen und Gefühlen heraus steuern. Es setzen sich nicht automatisch Impulse in ein ganz bestimmtes Wollen und Handeln um, sondern es besteht die Möglichkeit zu Innehalten und Abstandnehmen. Handlungen sind nicht vollständig durch die unmittelbare Reizsituation bestimmt, die Reaktionen können je nach Ziel unterschiedlich sein, es geschehen in einer Vorwegnahme Abwägungen und Beurteilung und es kann Kontrolle zugunsten langfristiger Ziele stattfinden. Menschen haben die Fähigkeit, sich etwas vorzustellen und auszudenken, das nicht in der gegenwärtigen Lage gegeben ist. Entscheidungen stehen am Ende eines Willensbildungsprozesses. Regungen, Wünsche und Neigungen setzen sich nicht automatisch durch. Menschen haben zumindest grundsätzlich die Möglichkeit, innezuhalten und zu ihnen auf Abstand zu gehen (Supensionsvermögen). Sie können überlegen und bewußt ein Ziel anstreben.
  • Unpassendheit, Denken bis zur Wurzel als völlig unfrei zu verstehen: Wollen befindet sich an einer Schnittstelle, ist ins Handeln übergehendes Denken. Bei der Willensbildung sind Überlegungen beteiligt. Als Grundhandlung des Denkens kann ein unterscheidendes Erfassen verstanden werden. Ein Gedanke kann formal grundsätzlich stets bejahend oder verneinend (eine einfache Unterscheidung) sein (A oder Nicht-A als Alternative). Zum Denken gehört also an der Wurzel ein gedanklicher Spielraum mit Gedankenfreiheit. Daher kann auch eine Entscheidung getroffen werden, eine Handlung durchzuführen oder nicht. Ein Subjekt mit seinem Bewußtsein hat grundsätzlich bei Entscheidungen eine Kontrollmöglichkeit, nein zu sagen. Die Vernunft kann eine Leitung ausüben. So etwas kann nur selbstbestimmt stattfinden. Eine Einsicht in die Sache und eigene Urteilskriterien haben Bedeutung. Darüber hinaus hat Geistiges hat die Eigenschaft, nur in der Ausrichtung auf geistig Einleuchtendes bei sich selbst zu sein. Wenn es zumindest ein gewisse Eigenständigkeit des Geistigen gibt, kann das Denken nicht bis zur Wurzel völlig unfrei sein und unausweichlich Vorgaben außerhalb des Geistigen folgen müssen.

Die ganz grundsätzlichen Standpunkte, ob Willensfreiheit existiert oder nicht, können nur sehr schwierig bewiesen oder widerlegt werden.

Deshalb ist es methodisch sicherer, das, was für Willensfreiheit spricht, als Argumente zu behandeln.

Zur Argumentation für die Existenz von Willensfreiheit gehört eine Entkräftung von Argumenten gegen die Existenz von Willensfreiheit.

Dazu gehört der Hinweis, daß Freiheit dabei nicht ein von Ursachen freies Wollen bedeuten muß. Zur Freiheit gehört ein Verhalten nach Gründen. Verursachung bedeutet nicht dem Begriff nach ausschließlich eine Zwangsläufigkeit, bei der von einem früheren Zeitpunkt her schon vorab mit Notwendigkeit etwas später geschieht.

Ein Fehler ist eine falsche Gleichsetzung von Kausalität und strikter Determiniertheit.

Kausalität (Ursache-Wirkungs-Prinzip) und ein Prinzip strikter Determiniertheit werden nicht selten gleichgesetzt, was aber falsch ist.

Der Grundsatz, alles Geschehen aus dem Vorliegen eines Zusammenhangs von Ursache und Wirkung zu erklären (jedes Ereignis hat eine Ursache) ist nicht das Gleiche wie ein Prinzip strikter Determiniertheit. Daraus, dass notwendigerweise jedes Ereignis eine Ursache/einen zureichenden Grund hat, kann nicht abgeleitet werden, dass jedes Ereignis unausweichlich notwendig ist.

Es gibt eine weitergehende (und daher zu begründende) Zusatzbehauptung, jedes Ereignis unterliege ausnahmslosen Gesetzen, die es mit strikter Notwendigkeit festlegen. Dabei ist offenbar an Naturgesetze gedacht (wobei nicht jede Art von Naturgesetzen für die These herangezogen werden kann, sondern nur Sukzessionsgesetze [Verlaufsgesetze]). Der Ablauf des Geschehens unterliegt angeblich ausnahmslosen Verlaufsgesetzen, die vereinfacht ausgedrückt Sätze der Form „immer wenn etwas der Art A geschieht, dann geschieht danach etwas in der Art B“ sind. Bei völlig gleichen Bedingungen, die auf gleiche Objekte wirken, werden demnach genau gleiche Folgen eintreten.

Ein universaler strikter Determinismus dieser Art, der darauf hinausläuft, der gesamte Weltlauf sei durch Anfangsbedingungen und Naturgesetze ein für alle Mal alternativlos festgelegt, kann meiner Meinung nach nicht empirisch überprüft werden. Denn das Universum können wir nicht zweimal in den genau gleichen Zustand bringen, sozusagen mit einer Neustarttaste für den Weltlauf. Verlaufsgesetze für einen universalen Determinismus sind auch nicht angegeben worden.

Wenn in der Willensbildung unterschiedliche Überlegungen vorhanden sind, liegen bei sonst gleichen Umständen Bedingungen zu dem Zeitpunkt der Verursachung vor, die nicht gleich sind, und lassen alternative Möglichkeiten zu. Willensfreiheit ist also mit Kausalität vereinbar. Eine Betrachtungsweise, als seien sämtliche Bedingungen der am Ende getroffenen Entscheidung schon vorab, vor der Willensbildung, fest gegeben, und Verursachung nur so denkbar, ist verfehlt.

Ja: Es gibt freien Willen  aber auch den anderer

Neben meinem freien Wollen gibt es ja immer auch das freie Wollen anderer. Und jede Quelle von Willen baut Druck auf, dass sich kommendes Geschehen hin in bestimmte, von diesem Willen bevorzugte Richtung entwickeln möge.

Dies gilt sogar noch in der Welt der Quanten (= kleinsten Portionen von Energie).

Lies mehr dazu in: Welchen Spielraum freier Wille hat

Für mich stellt sich das trotz aller philosophischen Betrachtungen ganz einfach dar:

Ich will das, was für mich richtig und nützlich ist. Sobald ein anderer bestimmen will was ich zu wollen habe (Wie zum Beispiel in einer Diktatur), hat der Diktator den Nutzen und ich den Nachteil, so einfach ist das, und das ist der Grund warum Menschen auf der ganzen Welt immer wieder Freiheit und Unabhängigkeit verlangen, ist das nicht einfach zu verstehen?

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung