Was sind Kreationisten und an was glauben sie?

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Hallo Benyahmyhn,

Kreationisten sind Vertreter des Kreationismus. Ich formuliere die Frage deshalb ein bissi um:

Was ist Kreationismus?

Der Kreationismus ist eine wissenschaftsfeindliche, fundamentalistisch religiöse Strömung, die religionsübergreifend existiert.

Kreationisten gibt es keineswegs nur im Christentum. Da sich die 3 monotheistischen Religionen eine Schöpfungslegende teilen, teilen sie auch den Kreationismus. Ich beschränke mich im Folgenden aber auf den christlichen Kreationismus.

Motivation des Kreationismus ist die Unangreifbarkeit der Bibel als von Gott geschriebene oder zumindest vorgegebene absolute und unhinterfragbare Wahrheit. Die Bibel als das absolut gültige "Wort Gottes" hat Autorität - und das auch in Bezug auf die darin enthaltenen Drohungen an den Leser.

Um diese Autorität aufrecht zu halten, darf es keine Bibelstellen geben, deren Beschreibungen der Welt als überholt gelten. Entsprechend lehnen Kreationisten alle naturwissenschaftlichen Erkenntnisse ab - oder biegen sie entsprechend zurecht - die nicht mit den Texten in Einklang stehen.

Die Schöpfungslegenden in Moses 1.1. werden als "Schöpfungsbericht" dargestellt. Sie sollen entsprechend eine historisch akkurate Beschreibung der Erschaffung der Welt sein.

Unterscheiden muss man dabei zwischen dem Kurzzeitkreationismus und dem Langzeitkreationismus und dem "Intelligent Design". Alle 3 Varianten gehören zum Kreationismus.

Am bekanntesten ist der Kurzzeitkreationismus:

In dieser Variante ergibt sich das Alter der Erde aus den Angaben im Alten Testament zu unter 10 000 Jahren. Die Schöpfung vollzieht sich exakt wie im Buch in 7 Tagen. Die Sintflut ist ein historisches und weltumfassendes Ereignis.

Der Kurzzeitkreationismus lehnt entsprechend neben der Evolutionstheorie auch alle Erkenntnisse der Astronomie, der Kosmologie und der Geophysik, sowie weite Teile der Atomphysik (Altersbestimmung!) strikt ab.

 Im Langzeitkreationismus wird das Alter der Erde den geologischen Daten entsprechend anerkannt, die Evolution und das Alter der Menschheit aber nicht. Die Schöpfungstage entsprechen in diesem Bild unterschiedlich langen geologischen Epochen.

Auch für diese Variante müssen wesentliche Teile der Physik (Reihenfolge der Entstehung der Himmelskörper,...) und natürlich die gesamte Evolution geleugnet werden.

Da das amerikanische Schulsystem säkular ist, hat sich dort eine weitere Variante des Kreationismus entwickelt, in der Hoffnung so in den Schulbuchsektor eindringen zu können: Das "Intelligent Design". Perfekt angepasste und funktionierende Strukturen werden dort ohne explizite Erwähnung eines Schöpfergottes so dargestellt, als hätten sich diese Strukturen unmöglich ohne "eingreifende Intelligenz" entwickeln können. Natürlich steht überall im Raum, dass diese "Intelligenz" Gott sein müsse, doch wird es in den ID-Schriften eben nie explizit so gesagt (eben aufgrund der gesetzlichen Anforderungen an Schulbücher in Amerika).

Gemeinsam ist allen 3 Varianten, dass sie scheinwissenschaftliche Schriften verbreiten, die für den naturwissenschaftlichen Laien oft nur schwer als unhaltbar erkennbar sind. So werden in diesen Schriften Kategorienfehler gemacht, Wahrscheinlichkeiten falsch abgeschätzt, Daten konkret falsch interpretiert, Aussagen aus ihrem Kontext gerissen,....

Naturwissenschaftler haben sich mit den Einwänden der Kreationisten bereits lange und ausführlich beschäftigt und auf die grundlegenden Fehler in diesen Scheinargumenten hingewiesen.

Ziel dieser sogenannten "Schöpfungswissenschaften" ist aber überhaupt nicht eine wissenschaftliche Auseinandersetzung. Es geht darum, seriöse Wissenschaft zu diskreditieren und den Eindruck einer wissenschaftlichen Debatte beim naturwissenschaftlichen Laien zu erzeugen.

Typische Vertreter des Kreationismus im deutschsprachigen Raum sind Siegfried Scherer, Reinhard Junker, Werner Gitt, Joachim Zillmer. Größere kreationistische Organisationen im deutschsprachigen Raum sind "Wort und Wissen" und "pro genesis".

Der Kreationismus wird auch von den großen Kirchen und dem aufgeklärten Christentum  als Irrweg gesehen. Es wäre also falsch, Christentum mit Kreationismus gleich zusetzen. Das Christentum versteht die Bibel als Glaubenszeugnis, also als Sammlung von Legenden und Geschichten, die uns Autoren aus ihrem soziokulturellen Kontext heraus über ihren Glauben geschrieben haben.

"Schöpfung" ist an und für sich ohnehin ein philosophisches Konzept - nämlich, dass man seine Existenz jemandem oder etwas zu verdanken hat, das außerhalb dieser Existenz steht. In diesem Sinne kann und muss sich auch der Atheist als "Geschöpf" seiner Umwelt sehen.

Der Schöpfungsgedanke ist also in den Religionen eine Deutung des Daseins aus dem Blickwinkel der Glaubensüberzeugung heraus. Dieser Gedanke sagt in der Religion aber nichts darüber aus, wie die Welt nun genau aussieht und wie sie beschaffen ist.

Deutungsfragen unseres Daseins stehen entsprechend nie wirklich im Widerspruch zu wissenschaftlichen Erkenntnissen über innerhalb der Welt ablaufenden Prozessen.

Strenggenommen beginnt der Kreationismus deshalb dort, wo man sich überhaupt auf eine Dialektik (Gegensatz) Gott oder Naturwissenschaft einlässt.

Wenn Du mehr wissen möchtest:

Der Text der EKD (Evangelische Kirche) zum Thema Kreationismus:

http://ezw-berlin.de/html/3_147.php

Der Kreationismus aus wissenschaftlicher und erkenntnistheoretischer Sicht:

http://www.martin-neukamm.de/kreation.pdf

Und hier noch 2 Seiten, auf denen die Fehler und die Unwissenschaftlichkeit oft gehörter kreationistscher Einwände entlarvt wird:

http://argumentevonkreationisten.de.tl/

http://www.talkorigins.org/indexcc/index.html

(Die zweite ist leider englisch, aber vollständiger)

Grüße


Benyahmyhn 
Beitragsersteller
 13.01.2016, 22:01

Vielen Dank für den langen Text den du geschrieben hast und auch für die 4 Internet Seiten

Du hast mir wirklich sehr weiter geholfen

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das sind Menschen, die sich die Erschaffung der Welt "wortwörtlich" wie in der Bibel beschrieben vorstellen

Hauptsächlich wird die Meinung in Australien und den USA vertreten hierzulande in einigen protestantischen Freikirchen

Kreationisten glauben daran dass die Welt tatsächlich so geschaffen worden sei wie es in der jeweiligen Glaubensgrundlage festgehalten ist.

Sprich christliche Kreationisten glauben daran dass die Welt in exakt 7 Tagen von Gott auf genau diese Weise und der Reihenfolge geschaffen wurde, wie es in der Bibel steht.

Eine höchst lächerliche Vorstellung, vor allem heutzutage, wo wir die Entstehung von Planeten in verschiedenen Stadien ihrer Geburt beobachten können.

Aber wer Märchen der Wirklichkeit den Vorzug gibt ist selber Schuld meiner Meinung nach.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Recherchen und Forschungen

Kreationisten sind protestantische Christen, die die Evolutionslehre und Urknalltheorie ablehnen. Sie glauben - nicht wie der Großteil der Katholiken - an eine wortwörtliche Auslegung des Schöpfungsberichtes der Bibel und nicht nur des Schöpfungsberichtes, also die ganze Bibel. Kreationisten glauben also an eine Erschaffung der Welt in sieben Tagen, an eine Welt, die 8000 Jahre alt ist, an den Sündenfall (also das Essen der Frucht im Garten Eden als Grund für die Erbsünde), etc. Sie leugnen die Existenz von Dinosauriern und lehnen alles, was sich mit der wörtlichen Auslegung der Bibel widerspricht. Ich schreibe bewusst "wörtliche Auslegung der Bibel", da der größte Teil der Christen (so auch Katholiken wie ich) davon überzeugt ist, dass die Bibel (durch das Lehramt der Kirche) erst richtig ausgelegt werden muss. 

Der Großteil der Christen ist auch von der Wissenschaft überzeugt. Denn Wissenschaft und Religion dürfen sich nicht gegenseitig behindern, sondern forschen beide an der vollen Wahrheit. Dies lehnen Kreationisten jedoch ab.

EU (Europarat): Schöpfungslehre bedroht Menschenrechte

der Europarat sagt :

 Kreationisten stiften Verwirrung in den Köpfen der Kinder

hat sich mehrheitlich, am 5.10.07 in Straßburg, gegen die Verbreitung über Schulen in gesamt Europa  ausgesprochen, weil folgendes vorliegt/gegeben ist ::  „große Gefahr, in den Köpfen der Kinder eine bedenkliche Verwirrung zwischen Überzeugung oder Glaube und Wissenschaft zuverursachen“, heißt es in einer Mitteilung der Kommunikationsabteilung der Parlamentarischen Versammlung.


 Das Konzept des Intelligenten Designs, das eine Brücke zwischen Evolution und Schöpfungslehre schlägt, werde subtiler präsentiert und versuche, diesen Ansatz als wissenschaftlich darzustellen – genau darin bestehe die Gefahr, so die Abgeordneten.
m.l. G. ;)h