Was sind die großen Unterschiede zwischen der ersten und der zweiten Fassung von den "Leiden des jungen Werther"?
Habe die erste Fassung gelesen. Wieso hat Goethe ein paar Jahre später eine neue geschrieben?
2 Antworten
Schon 1781 plant Goethe eine Neufassung ein, die Arbeit wird aber
erst 1786 abgeschlossen.
Die zweite Fassung bringt zunächst einmal eine sprachliche Aktualisierung (Rechschreibung), Archaismen verschwinden (aus "tischten" wird "tuschten", aus "gewest" wird "gewesen" usw.). Mundartliches wird zurückgedrängt. Fremdwörter werden teilweise eingedeutscht (was zeigt, dass Goethe jetzt eindeutig leserorientiert verfährt).
Auch Grammatik und Syntax werden teilweise modifiert, wobei der Text nun weniger "stürmisch" klingt.
Einiges wird neu formuliert (wie etwa die Orangen- bzw. Klopstock-Stelle auf dem Ball) oder die Adel-Kritik am Anfang des zweiten Teiles. Sie wird dadurch gedämpft.
Ferner hat Goethe einige Teil ausgeführt, also Neues hinzugeschrieben. Das gilt vor allem für den Herausgeberbericht, der stark überarbeitet wird. Aber Goethe hat auch ein ganzes Motiv hinzugefügt, nämlich die Geschichte des Bauernburschen, mit dem Werther sich stark identifiziert.
Im Ganzen wird die Unmittelbarkeit der ersten Fassung weitgehend
aufgegeben, was auch das Verhalten des Lesers verändert. Bisher unkommentiertes wird jetzt psychologisiert, so dass der Leser mitdenken und Stellung nehmen kann/soll.
Ich hoffe, ich konnte helfen ;)
Danke für diese erhellenden Informationen. Darf ich bitte nachfragen, wo man das nochmal nachlesen könnte?
Das würde mich auch sehr interessieren