Was sind die Etappen der Jakobinerherrschaft und was gibt es für pro und cons dass die Terrorherrschaft gerechtfertigt ist?

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Die Jakobiner waren genaugenommen Mitglieder eines politischen Klubs. Dieser hat nicht die Macht übernommen, sondern war bei der Bildung von Meinungen, Beratung, Diskussion und einem tätigen Einsatz für die Revolution wichtig und hatte zeitweise einen vorherrschenden Einfluss.

In einem weiten Sinn sind entschiedene Anhänger der Französischen Revolution und einer Republik als Jakobiner bezeichnet worden.

Vermutlich sind bei der „Jakobinerherrschaft“ die Leute der Berg-Partei (französisch: Montagnards; Abgeordnete ganz links oben im Sitzungssaal des Nationalkonvents, auf dem »Berg« [(französisch: montagne]) gemeint, zu denen z. B. Maximilien de Robespierre gehörte. Sie errangen im Zug einer Radikalisierung die politische Führung.

https://langzeitarchivierung.bib-bvb.de/wayback/20190716085809/https://www.historicum.net/themen/franzoesische-revolution/einfuehrung/verlauf/artikel/v-radikalisier/

A)   Etappen und Kennzeichen der „Jakobinerherrschaft“

Die Quelle, auf die Bezugnahme gefordert wird, ist nicht sichtbar.

Daher ist nur eine sehr versuchsweise Beantwortung möglich.

Etappen

  • 31.05. - 02.06.1793 Aufstand Sansculotten (politisch mobilisierte einfache städtische Volksmenge in Paris, Ausschaltung der Girondisten (eine Anzahl wurden verhaftet und aus dem Nationalkonvent ausgeschlossen, einige mehrere Monate später hingerichtet)
  • Juni - September 1793 zunehmende Vorherrschaft im Wohlfahrtsauschuss (z. B. wurde am 27. Juli 1793 Maximilien de Robespierre als Mitglied gewählt, am 6. September 1793 wurden Jacques Nicolas Billaud-Varenne und Jean-Marie Collot d’Herbois hinzugewählt)
  • August - Oktober 1793 Verfassung von 1793 wurde nicht in Kraft gesetzt, sondern eine vorläufige revolutionäre Regierung eingerichtet

Eine am 24. Juni 1793 vom Nationalkonvent beschlossene und am 10. August 1793 in einer Volksabstimmung mit großer Mehrheit angenommene neue Verfassung ist nicht in Kraft getreten. Frankreich befand sich durch Krieg und Bürgerkrieg in einer schwierigen Lage. Am 13. August 1793 wurde mit Berufung auf einen Notstand beschlossen, die neue Verfassung erst einmal nicht in Kraft treten zu lassen, sondern vorläufig eine revolutionäre Regierung zu organisieren. Am 10. Oktober 1793 hat der Nationalkonvent beschlossen, die vorläufige Regierung in Frankreich werde bis zum Abschließen eines Friedens revolutionär sein (Le gouvernement provisoire de la France sera révolutionnaire jusqu'à la paix).

  • 17.09.1793 „Gesetz über die Verdächtigen“

Am 17. September 1793 wurde vom Nationalkonvent das „Gesetz über die Verdächtigen“ beschlossen. Überwachungsausschüsse erhielten die Vollmacht, Haftbefehle gegen verdächtige Personen auszustellen. Als Verdächtige galten alle, die sich durch ihre Meinungen oder ihre Einstellung als „Parteigänger der Tyrannen“ und „Feinde der Freiheit" erwiesen. Die Verhafteten hatten im Prozeß vor dem Revolutionstribunal (seit März 1793 als Sondergerichtshof mit der Verurteilung der Feinde der Revolution betraut) ihre Unschuld nachzuweisen. Als Urteile über als „Feinde des Volkes“ Angeklagte waren Freispruch oder Hinrichtung vorgesehen.

  • 04.12.1794 Machtverstärkung des Wohlfahrtsausschusses

Durch einen Beschluss des Nationalkonvents vom 4. Dezember 1793 wurden leitende Funktion, Aufsicht und Kontrolle des Wohlfahrtsausschusses verstärkt. Der am 6. April 1793 eingerichtete Wohlfahrtsausschuss (französisch: Comité de salut public) hatte unter den Ausschüssen, deren Mitglieder der Nationalkonvent aus den eigenen Abgeordneten wählte, am meisten Macht. Er übte praktisch eine Notstandsregierung aus, lenkte den Exekutivrat bis zu dessen Abschaffung am 1. April 1794 und dann die am 20. April 1794 an dessen Stelle getretenen Exekutivkommissionen (französisch: Commissions exécutives), hatte Befugnisse zur Aufsicht und Kontrolle. Der Wohlfahrtsausschuss hatte 12 Mitglieder, die für 1 Monat vom Nationalkonvent gewählt wurden und ihm wöchentlich einen Bericht vorzulegen hatten. Von den übrigen Ausschüssen war der Sicherheitsausschuss (französisch: Comité de sûreté générale) am wichtigsten. Er war für Polizeiaufgaben und Rechtsprechung zuständig.

  • 24.03.1794 Hinrichtung der Hébertisten

Jacques-René Hébert und andere Politiker, die eine Entchristianisierung und vor allem eine radikalere Sozialpolitik anstrebten und die Politik des Wohlfahrtsausschuss angriffen, wurden in der Nacht vom 13. auf den 14. März 1794 verhaftet, danach angeklagt und am 24. März 1794 hingerichett.

  • 05.04.1794 Hinrichtung der Dantonisten

Georges Danton und andere »Nachsichtige» (französisch: Indulgents), die eine Politik der Versöhnung und des innenpolitischen Ausgleichs anstrebten, wurden am 30. März 1794 verhaftet, danach angeklagt und am 5. April 1794 hingerichtet.

  • 10.06.1794 „Prairial-Dekret"

Ein Gesetz vom 10. Juni 1794 verschärfte das Vorgehen gegen die „Feinde des Volkes" noch mehr und ließ dabei keinen Verteidiger als Rechtsbeistand zu. Als „Feinde des Volkes“ galten alle Anhänger der Monarchie, Gegner der Republik bzw. des Nationalkonvents und seiner Politik.

  • 27.07.1794 (9. Thermidor des Jahres II) Sturz Robespierres und seiner Anhänger

Kennzeichen

  • Bemühen um enge Verbindung von revolutionärem Bürgertum mit einfacher Volksmenge
  • Beibehaltung parlamentarischer Demokratie (der Nationalkonvent hatte die Befugnis, politische Entscheidungen zu treffen)
  • Verfassung mit allgemeinem Wahlrecht für alle männlichen Bürger ab 21 Jahre, Recht auf Arbiet oder ersatzweise Unterstützung aus öffentlichen Mitteln, Schuluntericht für alle
  • lenkende Eingriffe in die Wirtschaft (darunter Festsetzung von Höchstpreisen und Lohnbegrenzungen durch das „große Maximum“, ein Gesetz vom 29. September 1793)
  • Einführung allgemeiner Wehrpflicht am 23.08.1793, Massenaushebung (französisch: Levée en masse)
  • Veräußerung der Landgüter von Emigranten in kleinen Parzellen
  • entschädigungslose Aufhebung aller Rechte der Grundherren
  • Einführung des Revolutionskalenders (Zeichen kulturellen Bruchs mit dem vorherigen System)
  • „Ventôse-Dekrete" (26. Februar / 3. März 1794) erlaubten, den Besitz der Verdächtigen zugunsten bedürftiger »Patrioten» zu beschlagnahmen (aber nicht in Kraft getreten)
  • »Schreckensherrschaft» mit vielen Verhaftungen und Hinrichtungen (vor allem durch die Guillotine)

B)   Beurteilung

Pro-Argumente (Rechtfertigung der »Schreckensherrschaft»):

  • Notstand aufgrund der Bedrohung von innen und außen: Die Französische Revolution war zu dieser Zeit (1793 – 1794) sowohl von außen (Erster Koalitionskrieg seit 1792) als auch von innen (Aufstände und gegenrevolutionäre Bewegungen, z. B. in der Vendée seit März 1793) bedroht. Im Sommer 1793 drangen Armeen gegnerischer Monarchen von Norden und Osten vor, Aufstände und gegenrevolutionäre Bewegungen hatten 60 von 83 Départements erfaßt, im Westen und Süden gab es britische Angriffe.
  • sehr schwierige Wirtschaftslage: Es gab eine Inflation mit ansteigenden Preisen, ein zunehmendes Haushaltsdefizit und Versorgungsprobleme
  • Notwendigkeit der Maßmahmen zur Rettung der Revolution: Nur mit energischen Maßnahmen und straffer Führung konnten die Nation, die Revolution und die demoktraische Republik vor einem Untergang bewahrt werden. Es wird ein Kampf gegen Despotismus und die Tyrannei geführt, bei dem »Schrecken» ein  notwendiges Instrument der Tugend ist. Das Ziel - die Erhaltung der Republik und der revolutionären Errungenschaften - rechtfertigt die Mittel.
  • Drängen von Teilen des Volkes zu nachdrücklichem Handeln: Es hat Erwartungen und Druck von Teilen des Volkes gegeben, die Schwierigkeiten mit nachdrücklichem Handeln zu bewältigen und Gegner scharf zu bekämpfen

Contra-Argumente (Ablehnung der »Schreckensherrschaft»):

  • Brutalität und Grausamkeit mit vielfacher Tötung
  • in der Praxis Menschenrechtsverletzungen (Verhaftung, Anklage und Hinrichtung von Menschen aufgrund ihrer Meinung und politischen Einstellung und wegen einer Verdächtigung, Revolutionsfeinde zu sein, auch ohne tatsächliche strafbare Handlungen; um Teil sind bei Aufständen Menschen massenweise [mehr als tausend] ohne Gerichtsverfahren hingerichtet werden, so unter Führung der Kommissare des Nationalkonvents Jean-Baptiste Carrier in Nantes und Joseph Fouché in Lyon)
  • Rettung der Nation und Revolution auch ohne das ganz extreme Vorgehen denkbar. Als im Frühjahr 1794 die Bedrohung nachließ, ist mehrere Monate lang kein Weg zur Milderung beschritten worden.
  • Tötung auch von die Revolution bejahenden Menschen: Auch Msnchen aus der Anhängerschaft der Revolution wurden Opfer. Die Möglichkeit einer Verdächtigung war stark dehnbar.
  • Erschaffung vermeidbarer Ablehnung und Gegnerschaft und Ansehensverlust: Einige Maßanhmen der »Schreckensherrschaft» haben unnötig Ablehnung und Gegnerschaft hervorgebracht und dem Ansehen der Revolution geschadet.

Lisx821 
Beitragsersteller
 21.09.2022, 17:41

Danke!!

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Mit pro und contra funktioniert das nicht, mit irgendwelchen Etappen auch nicht.
Geschichte ist nicht staatisch, sie ist ein dynamischer Prozess.

Davon bildet der Verlauf der Französischen Revolution keine Ausnahme.
Eine Revolution ist eine offene Machtfrage, die auf die eine oder andere Art beantwortet wird.

Es spielt keine gesteigerte Rolle ob die Antwort eine rechts- oder linksdrehende ist, im Verlauf kommt es zu Terrorregimenm immer.
Bezogen auf die Definition einer Revolution, wendet diese sich auch gegen scih selbst, "die Revolution frisst ihre Kinder".