Was ist mit dem Begriff "NS-Doppelstaat" gemeint?

3 Antworten

Hi.

Du meinst wahrscheinlich "Doppelherrschaft".

Auf der einen Seite der alte "Normenstaat" mit Justiz, Polizei usw., auf der anderen Seite die spontane und teils chaotische Setzung neuer Normen durch die Nazi-Herrschaft. 

(Man könnte übrigens auch den fälschlich so genannten "Röhm-Putsch" als geglückten Versuch Hitlers und seiner Umgebung sehen, eine mögliche "Doppelherrschaft" innerhalb der "Bewegung" zu vermeiden.)

Gruß, earnest


Es ist eine Untersuchung des US-Amerikaners Fraenkel, die 1940/41 erstmals erschien.

Mit Doppelstaat ist der Gegensatz zwischen Rechtsordnung und Rechtswirklichkeit gemeint.


Frage76mal6 
Beitragsersteller
 09.04.2016, 08:31

Danke, und das bedeutet jetzt konkret?

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wfwbinder  09.04.2016, 09:49
@Frage76mal6

Das es den Staat in seiner Rechtsordnung gab. Ein Gebilde in dem die Rechte de Menschen definiert und geschützt waren.

Und daneben gab es den Staat als reales Gebilde mit Willkür durch Gestapo, SS und andere Institutionen.


Gar nicht so unähnlich den Strukturen in der DDR, der SU und Rumänien in der Zeit vor 1989


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Auch der NS-Staat war ein Rechtsstaat, z.T. aber auch nicht, also eine Mischung von beiden. Das haben wir jetzt zwar auch, doch nicht in der Wucht, wie es im sogwenannten 3. Reich der Fall war.


earnest  09.04.2016, 16:07

Diese Formulierungen finde ich arg bedenklich. 

Weder war der NS-Staat ein Rechtsstaat, noch lässt sich Deutschland von heute in irgendeiner Weise als ähnliche "Mischung" wie der NS-Staat verkaufen.

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voayager  09.04.2016, 16:26
@earnest

Doch, man konnte als Angeklagter ganz rechtsstaatlich hingerichtet werden. Man konnte als Beschuldigter vor das Reichskammergericht "geschleift" werden, dort gab es einen Staatsanwalt, einen Rechtsanwalt sowie einen Richter, wenn nicht gar Schöffen. Von Letzteren abgesehen hatten die alle eine schwarze Robe an und sprachen Recht nach dem Strafgesetzbuch. Nicht selten kam nach dem Urteil, z.B. bei Kriegsdienstverweigern nach der Urteilsverkündung recht geschwind der Henker, der blutig zuschlug.

Rechtsstaatlichkeit ist per se noch lang nichts Segensreiches. Es kommt immer drauf an, welche Inhalte ihr inne wohnen.

In der hiesigen Ideologie isses en vogue, diese (Rechtsstaatlichkeit) grundsätzlich herauszuputzen, so als wenn mit ihr ein Fortschritt verbunden wäre. Dabei bedeutet sie doch nichts anderes, als das dem Gesetz, also dem "Recht" Genüge getan wird.

Weiteres Beispiel. Es gab Eltern, die in Einzelfällen gegen die Euthanasie rechtliche widersprüche einlegten. Das war durchaus möglich, nur genutzt hat es einen Dreck. Wer`s bezweifelt, lese nach bei Ernst Klee, einem renommierten Autor in Sachen Euthanasie im 3. Reich.

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