Warum ging man beim Rutherfordschen Streuversuch davon aus, dass die Alpha-Teilchen durchfliegen würden?
Das Plumpudding-Modell war ja damals das gängige Atommodell, also eine einheitliche, positive Masse in die negative Elektronen eingebettet sind.
Wenn ich das richtig verstanden habe, dann ist Thomson davon ausgegangen, da Elektronen eine so geringe Masse im Vergleich zum gesamten Atom haben, dass Elektronen auch im Vergleich ein geringes Volumen haben müssen. Dieser Herleitung nach MUSS die positive Ladung im Plumpudding-Modell eine Masse haben.
Warum also ist man davon aussgegangen, dass die Alpha-Teilchen, die auch eine Masse haben, durch die Atome durchfliegen würden?
Ich verstehe, dass die positive Ladung des Atoms zu gleichmäßig verteilt ist, als dass die Alpha-Teilchen deswegen stark beeinflusst werden könnten. Und Elektronen sorgen aufgrund ihrer geringen Ladung nicht dafür, dass Alpha-Teilchen wieder in die Richtung fliegen, aus der sie gekommen sind, sondern können die Richtung nur minimal verändern. Aber von der Ladung unabhängig: wenn Masse auf Masse trifft, dann kommt es doch zu einem Stoß oder?
Man könnte sagen, dass man davon ausgegangen ist, dass die Alpha-Teilchen durch die Lücken zwischen den Atomen fliegen würden. Klar, in dem Fall würde es Sinn machen, dass die Alpha-Teilchen durchfliegen, aber es würde auch Sinn machen, dass einige abgestoßen werden würden, nämlich diejenigen, die auf die massehaltigen Atome treffen. Man würde dann also nicht als Erwartung haben, dass 99% genau durchfliegen und 1% nur leicht ihre Richtung ändern, sondern man würde auch mit den Abweichungen rechnen, die tatsächlich passiert sind (wenn auch aus anderen Gründen).
Man hat aber damit gerechnet, dass alle Alpha-Teilchen durchfliegen, obwohl man vom Plumpudding-Modell ausgegangen ist. Warum?
2 Antworten
Moin,
man ging davon aus, dass die alpha-Teilchen die Folie durchdringen würden, weil gerade das ein Charakteristikum der geheimnisvollen (relativ neuen) radioaktiven Strahlung war: sie konnte Materie durchdringen!
Dabei wurde einerseits festgestellt, dass die radioaktive Strahlung aus verschiedenen Strahlungsarten bestand (alpha-, beta- und gamma-Strahlung). Andererseits fand man heraus, dass zwar alle drei Strahlungsarten Materie durchdringen konnte, aber eben nicht gleichmäßig tief.
Rutherford selbst hatte (1908) festgestellt, dass die alpha-Strahlung aus zweifach positiv geladenen Partikeln bestand.
Darum war ja ein Ziel von Rutherford herauszufinden, welche Materialien von welcher Strahlung wie tief durchdrungen werden können. Gold war nur deshalb interessant, weil man es besonders dünn auswalzen konnte, so dass die Folie nur etwa 1000 Atomlagen dick war.
Aber dass die sehr dünne Goldfolie durchdrungen werden würde, war den Forschern eigentlich klar. Warum die radioaktive Strahlung das konnte oder wie, das waren ganz andere Fragen.
Aber gerade weil man davon ausging, dass die alpha-Strahlen die dünne Goldfolie durchdringen würde, war man davon so überrascht, dass zwar die meisten alpha-Teilchen die Folie (wie erwartet) durchdrangen, aber viele auch abgelenkt wurden und etwa jedes 10.000ste sogar zurückgeworfen wurde.
Es war nicht die Überraschung, dass die Teilchen zurückgeworfen wurden. Das hätte man (wie du) damit erklären können, dass Materie auf Materie stößt. Auch dass die Teilchen die Goldfolie durchdringen würden, war nicht überraschend, weil man das ja sogar erwartete (auch wenn man noch keine Erklärung dafür hatte, wie die Partikelstrahlung das schafft). Und schließlich hätte man womöglich auch für abgelenkte Strahlen eine Erklärung gehabt (etwa wie deine: die Partikel gelangen über Lücken zwischen den Atomen in ihre abgelenkte Bahn).
Nein, die Überraschung bestand darin, dass alle drei Phänomene passierten. Das passte nicht zu den Vorstellungen, die man damals hatte. Und deshalb entwarf Rutherford ein neues Atommodell, dass die drei Ergebnisse des Streuversuchs erklären konnte...
LG von der Waterkant
Physik funktioniert genau andersherum: Erst macht man die Experimente, dann versucht man sich an der Deutung der Ergebnisse. Rutherford ist von gar nichts ausgegangen, sondern wollte mal gucken, was passiert. Hätte genauso ein völliger Reinfall sein können. Er war von dem Ergebnis auch überrascht.
Wenn Masse auf Masse trifft, kommt es zu einem Stoß bzw. einer Streuung, ja. Aber dafür muss der Helium-Kern („Alpha-Strahlung“) ja erst einmal einen Goldkern treffen. Das ist ja der Witz an dem Versuch.