Warum gibt es in Deutschland so viele schaltwagen, während usa schon Jahrzehntelang auf automatik setzt und Elektroauto auch automatik ist?

10 Antworten

Die Länder haben sich so entwickelt.

Beispiel:

Während man in der USA relativ oft Fahrzeuge mit großvolumigen Motoren vorfindet und der Spritverbrauch irrelevant ist, schaut es bei uns in Europa anders aus.

So auch bei den Getrieben - man ist in den USA den Weg mit den Automatikgetrieben gegangen. Der Spritverbrauch ist irrelevant, man fährt viel, zudem sind die Leute in den USA viel gemütlicher.

Früher hatten Automatikgetriebe 2 oder 3 Gänge. Mit der Zeit wurde auch das Automatikgetriebe weiter entwickelt - demnach ist aus der damaligen Zeit bekannt, dass ein Automatikgetriebe mehr Sprit verbraucht als ein Schaltgetriebe. Während ein Schaltgetriebe bereits 5+R oder 6+R Gänge hatte, hatte ein Automatikgetriebe 4+R Gänge.

Auch ist kein Geheimnis, dass ein Schaltgetriebe günstiger und belastbarer ist.

Was das sportliche Fahren angeht:

Ich fahre sowohl Autos mit Schaltgetriebe und auch Automatikgetriebe. Beim Schaltgetriebe kann man perfekt schalten, man kann das komplette Drehzahlband ausnutzen, man kann die Motorbremswirkung nutzen und beim runterschalten das Zwischengas verwenden. Je nach Kurve muss man gar nicht auf die Bremse steigen - mit Zwischengas vor der Kurve runterschalten und die Motorbremswirkung nutzen hilft sehr viel dabei.

Bei einem Automatikgetriebe ist die Motorbremswirkung schlechter, man muss mehr Bremsen und aufgrund der Programmierung kann man nicht das komplette Drehzahlband nutzen. Je nach Automatikgetriebe schaltet das Getriebe so, wie es programmiert wurde. Wenn man auf eine Kurve zufährt und sich denkt "jetzt wäre das Hochschalten unnötig" kann es bei einem Automatikgetriebe passieren, dass es einfach hochschaltet - bei einem Schaltgetriebe nicht.

Was den Komfort angeht ist das Automatikgetriebe sehr weit vorne und richtige sportliche und gut abgestimmte Doppelkupplungsgetriebe findet man in sehr hohem Preissegment.

Man kann sich in einem 55 PS Renault Twingo mit Schaltgetriebe setze und man wird seinen Spaß haben. Man wird sich bemühen das Beste rauszuholen und wird schauen richtig zu schalten

Beim gleichen Auto mit Automatikgetriebe wird man tatsächlich den Spaß vergeblich suchen - man sitzt, drückt das Gaspedal bis zur Ölwanne und wartet die nächste Kurve ab.

Handschaltgetriebe sind günstiger in der Anschaffung, günstiger zu reparieren, belastbarer und verschleißärmer als Automatikgetriebe.

Übrigens schaltet ein Elektroauto nicht automatisch, sondern in der Regel gar nicht.


Birkenpilz  04.01.2023, 09:48
Übrigens schaltet ein Elektroauto nicht automatisch, sondern in der Regel gar nicht.

Richtig! Wenn ein Elektroauto steht, dann steht auch der Motor. Ein Elektromotor braucht keinen Leerlauf, weil man ihn nicht starten muss. Das ist auch eine der Vorteile des Elektroautos: Man benötigt keine Kupplung, kein Schaltgetriebe etc.

AncheCameo  04.01.2023, 11:28
@Birkenpilz

Ganz ohne Getriebe scheint ein Elektromotor aber auch nicht immer auszukommen. Oder wie ist es zu erklären, dass beispielsweise beim ICE bei der Abfahrt der Elektromotor erst mit einem relativ hohen Summton anläuft, und dann ab einer bestimmten Geschwindigkeit unvermittelt tiefer wird? Das hört sich doch ganz ähnlich an, wie ein Verbrennungsmotor mit Wandlergetriebe.

Birkenpilz  04.01.2023, 14:46
@AncheCameo

So gut wie alle e-Autos haben kein Schaltgetriebe - nur eine Untersetzung des e-Motors. Es gibt aber einen Porsche, der irgendwann bei über 100 km/h auf einen 2. Gang schaltet. Wie es beim ICE aussieht, das weiß ich leider auch nicht....

Naja, etwa die Hälfte der Neuzulassungen hat ein Automatikgetriebe. Das sind oft auch alte Gewohnheiten. Wer mit einem Schaltgetriebe "aufgewachsen" ist, sieht nicht unbedingt eine Anlass, sich umzugewöhnen.

Elektromotoren funktionieren anders. Dort wird nicht geschaltet, auch nicht automatisch.

Das liegt schlicht daran, dass bei den 3-Gang Automatikgetrieben der 50er/60er/70er/80er Jahre ein beträchtlicher Teil der Motorleistung im hydraulischen Drehmomentwandler verloren ging und dadurch auch der Verbrauch höher war.

Die US-Autohersteller glichen das einfach dadurch aus, dass sie großvolumige V6- und V8-Motoren einbauten um den Leistungsverlust wieder aus zu gleichen. Diese großvolumigen Motoren verbrauchten wiederum mehr, aber da die damaligen Benzinpreise inden USA grob geschätzt nur halb so hoch waren wie in Europa kümmerte das niemand sonderlich.

In Europa dagegen war man dgegen wegen den höheren Benzinpreisen gezwungen, kleinere, genügsame Motoren mit geringerer Leistung und Drehmoment in die Autos ein zu bauen. In Verbindung mit einem Automatikgetriebe wurden solche Autos dann zu lahmen Enten, nicht nur wegen dem Leistungsverlust im hydraulischen Drehmomentwandler des Automatikgetriebes sondern auch wegen der weiten Gangspreizung.

Daher waren Automatikgetriebe eher in der Luxusklasse wie Mercedes S-Klasse zu finden, Jaguar XJ und 7er BMW zu finden, die ausreichend starke Motoren hatten.

Erst ab Mitte der 80er Jahre begann z.B. Mercedes, Automatikgetriebe mit mehr Gangstufen (zunächst 4) und einer mechanisch starren Wandler-Überbrückung zur Serienreife zu bringen, sodass zumindest in den oberen Gängen kein Wandler-Schlupf mehr auftrat. Erstmals war damit ein Mercedes 300 E W124 mit Automatik etwa so sparsam wie das gleiche Automodell mit einem 5-Gang Schaltgetriebe.

Seither wurden Automatikgetriebe stetig weiterentwickelt, üblich sind heute 5-7 Gangstufen, beim Ford Raptor wird seit einiger Zeit sogar eine 10-Gang-Automatik eingebaut. Die Wandlerüberbrückung greift nicht mehr nur in den obersten Gängen, sondern oft schon ab dem 2. Gang. Damit gibt es praktisch keinen Leistungsverlust mehr, die Verbrauchswerte der Vergleichsmodelle mit 6-Gang-Schaltgetriebe werden sogar oft unterboten weil durch die hohe Anzahl an Übersetzungsstufen der Motor stets im optimalen Drehzahlbereich gehalten werden kann und zudem der oberste Gang/die oberen Gänge als drehzahlsenkende Schongänge ausgelegt sind.

Die Kehrseite der Medallie ist, dass moderne Automatikgetriebe extrem komplex aufgebaut und zudem mit einer adaptiven Regelelektronik vollgestopft sind, die in der Lage ist, sich dem Fahrstil des Fahrers anzupassen. Wenn dann an diesen komplexen Automatik-Uhrwerken etwas kaputt geht, wird es ganz schnell richtig teuer, d.h. vierstellig.

Auch die Wartung ist aufwendig, mit einem einfachen Getriebeölwechsel ist es nicht getan, um das Restöl und die Abriebpartikel der Beläge der Wandler-Überbrückung restlos heraus zu bekommen ist eine Getriebespülung nötig:

https://www.youtube.com/watch?v=3pvJBuHKCCk&t=535s

6-Gang-Schaltgetriebe sind hierzu das krasse Gegenteil, funktonieren oft mehrere Hunderttausend Kilometer ohne Probleme. Manchmal versagt das Schaltgestänge oder die Schaltseile, ein rein mechanisches, günstig zu behebendes Problem.

Eine Mischform zwischen klassischem Wandler-Automatikgetriebe und Schaltgetriebe sind Doppelkupplungsgetriebe, wie sie auf breiter Front z.B. im VW-Konzern eingesetzt werden. Im Prinzip handelt es sich um ein automatisiertes Schaltgetriebe mit zwei mechanischen, teils im Ölbad laufenden Kupplungen.

Ihr Ruf ist nicht ganz fleckenlos, wegen Problemen mit Schaltrucken bzw. Ruckeln:

https://www.autoreparaturen.de/blog/ratgeber/haeufige-probleme-mit-dem-doppelkupplungsgetriebe.html

"Das sogenannte Doppelkupplungsgetriebe (DKG) oder Direktschaltgetriebe stellt ein automatisiertes Schaltgetriebe dar. Fahrzeugingenieure wollten mit dieser Innovation die Vorteile von Schalt- und Automatikgetrieben vereinen. Da aber zwei separate Kupplungen, Getriebe und ein zusätzliches Steuerelement zusammenspielen müssen, sind technische Probleme bei dieser komplexen Konstruktion nicht selten. Häufig kommt es zu Problemen beim Starten, zum Ruckeln oder auch eigenartigen Geräuschen beim Kuppeln. Gerade bei der Markteinführung vor gut 20 Jahren kamen Kinderkrankheiten an Doppelkupplungsgetrieben häufig vor."

Fakt ist: der Komforteindruck eines Doppelkupplungsgetriebes bleibt deutlich hinter einem klassischen Wandler-Automatikgetriebe zurück, weswegen es bei Oberklasse-Limousinen wie Mercedes S-Klasse oder 7er BMW nicht zu finden ist.

Seine Berechtigung hat das Doppelkupplungsgetriebe aber bei Top-Sportwagen, wegen überlegener Schaltgeschwndigkeit und geringerem Gewicht. Wie schnell ein Doppelkuplungsgetriebe bei einem BMW M5, Lamborghini oder Ferrari reinhaut, ist schon mehr als beeindruckend.

In Deutschland hat irgendwie das Verständnis dafür gefehlt, dass man mit Automatik sicherer, konzentrierter und angenehmer fährt. Zudem glauben immer noch welche, man könne mit Schaltgetriebe sportlicher fahren. Zum Teil war das früher auch eine Geldfrage, denn die Automatikgetriebe waren mit einem deutlichen Mehrpreis versehen. In den letzten Jahren hat sich das allerdings angeglichen.


ReiskocherXL  04.01.2023, 10:23
Zudem glauben immer noch welche, man könne mit Schaltgetriebe sportlicher fahren.

Welche Argumente sprechen für ein Automatikgetriebe bei sportlicher Fahrweise und mit sportlicher Fahrweise meine ich nicht nur geradeaus Vollgas sondern auch Kurven richtig fahren?

HarryXXX  04.01.2023, 12:39
@ReiskocherXL

Welche sprächen denn dagegen? Das geht biden Getriebearten sportlich.
Rennfahrer auf der Nordschleife mal ausgenommen. Es gibt kaum Fahrer, die mit einem Schaltgetriebe überlegen sind, ausser im Traum.