War mein Schachzug wirklich schlechter?

 - (Analyse, Schach)

3 Antworten

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Der Zug ist aus mehreren Gründen fragwürdig: Zum einen ist er schon einmal unnatürlich, da man in der Eröffnung versucht, das Zentrum (d4, e4, e5, d5) zu kontrollieren. Der Springer übt von h6 aus keinen Druck auf das Zentrum aus. Zudem: Aus f6 hat er 8 Felder zur Auswahl für nächste Züge, auf h6 nur 4. Auf f6 greift der Springer den weißen Zentrumsbauern an. Auf h6 schützt er das schwache Feld f7 nicht: Er kann einfach vom Läufer genommen werden, wenn Weiß seinen d-Bauern bewegt. Wenn das geschieht, entsteht der schlechte Doppelbauer h7 - h6, der zum einen eine Schwäche am Königsflügel darstellt (in diese Richtung möchte mann dann nicht mehr rochieren), zum anderen selbst zum Angriffsziel wird, da er von keinem Bauern gedeckt werden kann. Man kann sich Tarraschs berühmte Aussage hier zum Beispiel nehmen (auch wenn sie nicht auf alle Situationen anwendbar ist): Springer am Rande bringt Kummer und Schande. Und auf Züge, die der Computer vorschlägt, kann man sich zumeist auch verlassen. Diese Computer sind mittlerweile deutlich stärker als jeder menschliche Spieler.

Man könnte möglicherweise ein ganzes Buch zu den Defiziten dieses Zuges und zu deinem Argument schreiben. Aber ich fasse mich mal „kurz“:

  • Wenn man den Bauern als Verrechnungseinheit nimmt, haben Läufer und Springer den Wert je 3er Bauern, Türme 5 Bauern und die Dame entspricht 9 Bauern. Es wäre also schlecht für Weiß, wenn er grundlos seinen schönen Läufer gegen ein Bäuerchen opfern sollte.
  • Weiters geht es um Bauernstrukturen oder -stellungen. Wenn du dir z.B. nach 3. d3 nebst 4. Lh6: am Rand einen Doppelbauern machen lässt, hast du trotz der geöffneten g-Linie große Probleme mit den Bh7 und Bh6.
  • Weiters ist der „Kampf ums Zentrum“ wichtig. In diesem Sinne wäre 2. … Sf6 deutlich besser. Der Springer sieht auf die Felder e4 und d5, welches zwei wichtige Zentrumsfelder sind. Er steht quasi bereit zum Kampf ums Zentrum. Außerdem greift er den für den Moment nicht gedeckten Be4 an.
  • Vielleicht solltest du die Kommentare von Weltmeister Aljechin lesen, der ein paar sehr lesenswerte Turnierbücher schrieb oder „Das Mittelspiel“ von Weltmeister Euwe. Beide Autoren statteten ihre Werke mit sehr guten Kommentaren aus. Sicherlich wirst du den einen oder anderen Kommentar nicht „sofort“ verstehen, doch lernt man recht zügig, wie eine Schachpartie ablaufen sollte. Die tieferen Details lernt man in seiner persönlichen Spielpraxis.

Der Zug war wirklich nicht berauschend. Normalerweise gibt man ohne Not keinen Läufer für einen Bauern. Dame nach g6 hätte man auch spielen können, aber normal wäre Springer nach g6.

LG.


Gamesuchti 
Beitragsersteller
 19.04.2018, 22:06

Achso, also war meine defensive Springerhaltung eigentlich unnötig..?

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tofufee  19.04.2018, 22:09
@Gamesuchti

so ist es. aber das feld f7 muss man dennoch gut schützen, zumindest im Auge behalten.

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