War der Nationalsozialismus sowas wie eine Religion für die Anhänger?

2 Antworten

Eher eine Ideologie, der zugrunde liegt, dass allein das deutsche Volk bzw. das Volk arischer Abstammung ein Recht hat, sich wie die Herren der Welt aufzuführen. Ein paar Merkmalle und Aspekt dazu: Nationalismus ist ja eine Konzentration auf die Interessen der jeweiligen Nation. Das kann schon allein aus dem Grund nicht funktionieren, weil es ja viele Nationen gibt. Wäre Nationalsozialismus das Non Plus Ultra, sollten es doch alle Staaten so halten. Und dann treffen eben wiederum unterschiedliche egoistische Interessen aufeinander, wie es realpolitisch nun mal ist. Was im Einzelfall also Egoismus, Rücksichtslosigkeit, Missachtung der gleichen Ansprüche anderer ist, ist es im Nationalsozialismus eben in gewisser Weise ein "Gruppenego". Dadurch werden totale und totalitäre Grenzen gesetzt, das "Eigene" zu verteidigen. In diesem System ist Demokratie allerdings nicht erwünscht. Eine scheinbar freie Willensentscheidung wird nur respektiert, wenn diese quasi "gleichgeschaltet" ist; also konform zur Staatsideologie/zum Staatsegoismus. Um das wohl bekannteste Beispiel zu nennen: Im Nationalsozialismus des 3. Reiches durfte es keine Solidarität mit Menschen geben, die nicht der Ideologe dieses Systems entsprachen. In vielen autokratischen politischen Staaten ist allein schon Kritik am Staat eine unerlaubte Freiheit.

Man kann oberflächlich meinen, das sei doch nicht schlecht, wenn jeder Einzelne und Staat zuvorderst an sich denkt. Ja, wenn man eben mit einbezieht, dass jeder andere (Staat oder Einzelne) auch alles unternimmt, dass der eigene eben das Nachsehen hat.

Ein Buch, das für dich interessant sein könnte, ist "Hitlers Kriegsreligion" vom Theologen und Religionswissenschaftler Thomas Schirrmacher (das ist einer seiner Doktorarbeiten). Hier einige seiner Thesen:

3. These: Die religiöse sprachliche Konnotation vieler Begriffe Hitlers, die für sich genommen auch in nichtreligiöser Sprache Verwendung finden (z. B. Reich, Glaube, Segen), wenden sich inhaltlich zu einer Religion, weil diese Begriffe durch das Wirken Gottes zusammengehalten und legitimiert werden …
4. These: Hitler hat in einem Maße wie nie zuvor religiöse Begriffe seiner Umwelt auf politische Belange übertragen…
16. These: Bei Hitler handelt es sich bei Ausdrücken wie „Gott“, „Herrgott“, „Herr“, „Allmächtiger“, „Allmacht“, „Schöpfer“, „Lenker“, „ewiger Richter“, „Vorsehung“, „Schicksal“, aber auch das Walten der Natur und der Naturgesetze, immer um dieselbe Größe.
17. These: Der Gott Hitlers ist ein eindeutig monotheistischer Gott, zugleich aber ein Gott, der mit der christlichen Dreieinigkeit nichts zu tun hat.
21. These: Kern des Gottesbildes Hitlers ist der ‚Kriegsgott‘. Gott hilft dem Stärkeren, dem Kämpfenden, dem an den Sieg Glaubenden. Dafür hat Hitler stehende Redewendungen zitiert und geschaffen, die er wie Glaubenssätze immer und immer wieder vorträgt.
22. These: Hitler hat den Ersten Weltkrieg eigentlich nie beendet, sondern in seiner Weltanschauung fortgesetzt. In Hitlers religiösem und weltanschaulichem Denken war der Krieg nie zu Ende gekommen und würde nie zu Ende kommen …
23. These: Hitlers Glaube ist eine Kriegsreligion, die nicht nur … eine religiöse Begründung für einen Krieg liefert, sondern den fortwährenden Krieg selbst in den Rang des höchsten Gebotes Gottes erhebt und damit auch den Frieden zu einem Krieg bei schweigenden Waffen macht.

https://www.thomasschirrmacher.info/politik/hitlers-kriegsreligion-die-verankerung-der-weltanschauung-hitlers-in-seiner-religioesen-begrifflichkeit-und-seinem-gottesbild/