Unterschied zwischen einem Torpedo und einer rakete?

6 Antworten

Torpedos haben gegenüber Raketen mehrere gewaltige Vorteile:

1) Ortbarkeit.
Da Torpedos unter Wasser laufen, haben sie denselben Vorteil wie auch Uboote. Sie sind durch Radar nicht zu orten, sondern ausschließlich durch Sonar. Die Sonarortung ist aber viel schwieriger, ungenauer und nur auf kürzere Entfernung möglich. Ein Torpedoangriff wird daher entweder gar nicht oder viel zu spät entdeckt. Raketen können mit Radar schon auf große Entfernungen geortet werden.

Raketen verraten sich auch selber, da entweder das schießende Schiff oder die Rakete selber ein aktives Ortungssystem, meistens Radar einschalten muss, wodurch sich beide verraten.

Ein erfolgreicher Torpedoangriff ist jedoch auch ohne jede aktive Ortung, mit der man sich verraten könnte, möglich.

2) Trefferwirkung
Eine Rakete kann nur Überwasser einschlagen und mehr oder weniger große Schäden anrichten. Die Hauptwirkung besteht darin, durch die Erschütterung der Explosion alle Antennen eines Schiffes zum Einsturz zu bringen, wodurch dieses dann sozusagen blind ist. An der Einschlagstelle kann auch erheblicher Schaden entstehen und einige Besatzungsmitglieder in der Nähe der Einschlagstelle töten. Niemals kann eine Rakete ein Schiff versenken. Sie kann auch nur in den wenigsten Fällen eine Weiterfahrt des Schiffes verhindern, sodass sich dieses trotz der Schäden, evtl. mit Geleitschutz, nach Hause retten kann, um dort repariert zu werden.

Da wirkt ein Torpedo ganz anders. Der unterläuft das Schiff etwa 3 - 4 m unterhalb dessen Kiel und wird dort zur Explosion gebracht. Die 350 kg Sprengstoff des Torpedos (bei Raketen meistens viel weniger Sprengstoff) explodieren und heben das Schiff in der Mtte um einige Meter an. Anschließend fällt die Mitte des Schiffes in die entstandene Gasblase zurück und wird in die andere Richtung nochmal um ein paar Meter durchgebogen. Das hält kein Rumpf aus und das Schiff bricht in der Mitte auseinander. Die beiden Hälften des Schiffes versinken dann innerhalb weniger Minuten. Damit ist das Schiff mitsamt Besatzung unwiederbringlich vernichtet. In der kurzen Zeit kann sich auch niemand mehr retten. Hier kannst du das sehr gut sehen:

https://www.youtube.com/watch?v=HyG9f3kMt4o

3) Trefferquote
Wir haben in Manövern bei Übungsschießen mit Torpedos eine Trefferquote von über 90% erzielt. Das liegt unter anderem am Schießverfahren. Zunächst wird der Torpedo grob in die Richtung des Ziels gesteuert. Dabei hängt er an einem Draht, der sowohl zur Steuerung des Torpedos dient als auch Rückmeldungen von den Magnetsensoren und der aktiven/passiven Sonaranlage des Torpedos gibt. Sobald der Torpedo das Ziel akustisch aufgefasst hat, kann er entsprechend nachgesteuert werden. Dann unterläuft er das Ziel erstmal quer, ohne dabei zu explodieren. Er wird dann in eine 270° Kurve gelenkt, sodass er nochmal das Schiff direkt von hinten in Längsrichtung unterläuft. Dabei misst er das Magnetfeld des Schiffes und wenn dieses das Maximum erreicht hat, befindet er sich in der Mitte und explodiert. Da der Torpedo von hinten kommt, ist er mit dem Sonar des Schiffes nicht zu erkennen, da er sozusagen im Lärmschatten der Schrauben ankommt. Sehen kann man ihn auch nicht, da er zum einen Tarnfarbe trägt, mehrere Meter unter der Wasseroberfläche läuft und durch den leisen Elektroantrieb auch keine sicht- oder hörbaren sonstigen Signale aussendet. Insofern ist ein Ausweichen des Schiffes praktisch unmöglich.

Die 10% Fehlerquote sind aber nicht möglichen Abwehrmaßnahmen geschuldet, sondern technischem Versagen des Torpedos oder Bedienungsfehlern des Ubootes anzulasten.

4) Abwehrmöglichkeit
Gegen Raketen kann man diverse Antiraketen-Raketen einsetzen, sie durch Täuschkörper ablenken oder mit der klassischen Flak abschießen. Da man sie kommen sieht, ist eventuell auch ein Ausweichmanöver möglich, da Raketen keine enge Kurven fliegen können. Ist die Rakete erstmal vorbeigeflogen, kommt sie praktisch auch nicht mehr zurück.

Gegen Torpedos gibt es praktisch keinerlei Abwehr. Antitorpedo-Torpedos gibt es nicht und akustische Täuschkörper wie im 2. WK funktionieren nicht mehr wegen des Schießverfahrens, der Drahtsteuerung und der Sensorik moderner Torpedos.

Die einzige wirksame Maßnahme dagegen, nicht versenkt zu werden liegt darin, sich aus der Schussentfernung eines Ubootes fernzuhalten.

5) Zusammenfassung, Ablauf eines Angriffes, der völlig unhektisch abläuft und sich über Stunden hinziehen kann:

Am Anfang steht die Sonarortung durch das Uboot. Die kann je nach akustischen Bedingungen bei weit über 100 NM liegen. Das Uboot hat zur Auffassung eine reichlich 3-stellige Anzahl an höchst empfindlichen Mikrofonen rund um den Bootskörper, sodass sehr weit und mit sehr genauer Peilung aufgefasst werden kann.

Aufgrund der Lautstärke und Peilungsänderung wird Gegnerkurs, -fahrt und Entfernung grob geschätzt und ein ungefährer Abfangkurs gefahren. Irgendwann wird dann das Schraubengeräusch des Ziels so laut, dass es elektronisch ausgewertet werden kann. Jedes Schiff hat seine ganz eigene Sonarsignatur, sodass es mithilfe einer Datenbank exakt identifiziert werden kann. Ebenfalls kann dessen Geschwindigkeit durch die Analyse der Drehzahl der Schraube exakt ermittelt werden. Durch die unterschiedliche Peilbasis (das Uboot fährt ja auch) sowie die Daten des Zieles liegen irgendwann genügend Daten vor, dass Idendität, Position, Fahrt und Kurs des Ziels exakt zu bestimmen sind. Basierend darauf wird dann ein exakter Abfangkurs berechnet und gefahren.

Irgendwann ist die Annäherung dann so gut, dass geschossen werden kann. Bei einem Verband lassen sich einzelne Schiffe ebenfalls identifizieren und der Kommandant trifft eine Auswahl, auf welche Schiffe geschossen werden soll, wobei der gleichzeitige Angriff auf mehrere Ziele möglich ist.

Je nach Lage wird das Fahrprogramm des Torpedos festgelegt. Wird er langsam geschossen, wächst seine Reichweite enorm auf meghrere Dutzend Seemeilen. Langsam bezieht sich dabei auf die mögliche Höchstgeschwindigkeit des Torpedos, die deutlich über der eines Zieles liegt und nicht auf die Geschwindigkeit des Zieles.

Dann wird geschossen. Der Torpedo läuft dann in größere Tiefe um den Wasserwiderstand zu minimieren. Dadurch ist er auch optisch nicht wahrnehmbar. Akustisch ist er auch nicht aufzufassen, da der Elektroantrieb sehr geräuscharm fährt. Durch die geringe Stirnfläche ist er auch aktiv durch Sonar nicht aufzufassen.

Während des Schusses ist der Torpedo mit einer bidirektionalen Signalleitung mit dem Uboot verbunden. Vom Uboot aus können verschiedene Laufparameter/Laufprogramme angewählt werden oder es kann komplett von Hand gesteuert werden. Der Torpedo sendet seine Laufparameter zurück sowie die Signale seines passiven Sonars. Dieses Sonar ist natürlich nicht so empfindlich wie das des Ubootes. Im Nahbereich des Zieles, was immer noch viele Seemeilen sind, wird dann nur noch nach dem Torpedosonar weitergefahren.

An der Konsole im Uboot sitzen erfahrene Sonarspezialisten, die genau abschätzen können, welche Signale von den Schiffen selber oder möglichen Täuschkörper kommen. Täuschkörper nützen also nicht viel. Im absoluten Nahbereich von wenigen Seemeilen wird der Torpedo dann beschleunigt, um Ausweichmanöver sinnlos zu machen und er wird auf eine Tiefe gestellt, die einige wenige Meter unterhalb des Kieles des Ziels liegen. Dannn wird das Ziel erstmal unterlaufen und dessen Magnetfeld vermessen. Diese Daten verifizieren die Identifizierung des Ziels und schließen zusätzlich Täuschkörper aus. Nach dem Unterlaufen und der Bestätigung des gewünschten Zieles dreht der Torpedo eine Kurve, sodass er durchs Kielwasser des Zieles genau dessen Kurs fährt und von hinten ankommt. Dadurch ist er erneut nicht auffassbar, weder optisch noch akustisch. Durch diesen Anlaufkurs und das Unwissen über die Position ist es dem Gegner unmöglich, irgendwelche Ausweichkurse zu fahren. Denen würde der Torpedo folgen. Auch das drehen des Bugs zum Torpedo hin ist unmöglich. Das erneute Unterlaufen des Ziels von hinten nimmt der Operator auf dem Uboot durch das Torpedosonar wahr. Unmittelbar vorher wird der Sprengsatz scharf geschaltet. Wenn nun der Torpedo das Schiff entlang seiner Länge von hinten unterläuft, explodiert der Sprengsatz automatisch unmittelbar nach Überschreiten des Maximums des gemessenen Magnetfeldes. Nun explodieren rund 350 t TNT einige Meter direkt unter der Mitte des Schiffes, welche dadurch in der Mitte schlagartig um einige Meter angehoben wird. Dieser Sprengsatz erzeugt gleichzeitig eine riesige Luftblase unter dem Kiel, in das die Mitte des Schiffes dannmehrere Meter hineinfällt. Das hält kein Schiffskörper aus und das Schiff bricht in der Mitte durch. Die beiden Teile versinken dann binnen weniger Minuten.

Hier ein vergleichbarere Torpedo der USA mit weiteren Details (wobei die deutschen Torpedos keinesfalls schlechter sind, da Deutschland in der Torpedoentwicklung führend ist):

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Mark-48-Torpedo

Hier noch einige Zusatzbemerkungen:

Noch nicht einmal ein schwer geschützer Flugzeugträgerverband kann sich gegen moderne Uboote wehren, geschweige denn ein einzelner Zerstörer. Nachdem U24 im Manöver den Flugzeugträger Enterprise versenkt hatte, wurde der führende Admiral direkt von seinem Posten entlassen. In einem anderen Manöver gelang es einem deutschen Boot der Klasse 206 direkt unter dem englischen Flugzeugträger Ark Royal durchzutauchen, ohne dass die etwas gemerkt hätten.

Mehr dazu hier: https://www.abendblatt.de/politik/ausland/article107314674/Das-Zielfoto-das-einen-US-Admiral-wuetend-machte.html

Zur Aufnahme der Sonarsignatur sind wir bei einer AF Ost (Aufklärungsfahrt) Kreise in wenigen Hundert Meter Entfernung um den damals modernsten sowjetischen Lenkwaffenkreuzer gefahren, ohne dass die das bemerkt hätten. Die haben das erst mitgekriegt, als wir ihnen aus kürzester Entfernung einen 10 kW Sonarimpuls ins Schiff gejagt haben. Die anschließende Verfolgung durch den gesamten sowj. Flottenverband blieb für die allerdings erfolglos.

Eine besondere Wirkung von Ubooten liegt darin, dass sie gar nicht tatsächlich in einem Seegebiet anwesend sein müssen. Alleine die Möglichkeit ihrer Anwesenheit zwingt dem Gegner gewisse strategische Hemmnisse auf.

  1. Werden Torpedos in der Regel über einen Draht gesteuert (wire guided), zumindest eine zeitlang.
  2. Natürlich werden Raketen auch gegen Schiffe eingesetzt.
  3. Funktionieren Raketen natürlich auch unter Wasser und werden auch so eingesetzt. (Auf diese Art und Weise hat sich die Kursk versenkt.)
  4. Gibt es auch Torpedos mit Raketenantrieb (Hyperkavitationstorpedos). Diese haben haber den Nachteil, dass sie sich gar nicht (Schkwal) oder nur schlecht (Barrakuda) lenken lassen.

Kaernbeh1ndert 
Beitragsersteller
 31.10.2020, 12:41

wow, danke aber woher kennst du dich so gut mit dem thema aus?

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exxonvaldez  31.10.2020, 12:46
@Kaernbeh1ndert

Das Thema hat mich also Kind/Jugendlicher interessiert und ich habe viel darüber gelesen.

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wieso man nicht einfach Raketen gegen Schiffe einsetzt

So etwas gibt es bereits seit Jahrzehnten, nennt sich "Anti Ship Missile" und wird sowohl von Schiffen und U-Booten, als auch von Flugzeugen genutzt.

https://de.wikipedia.org/wiki/Seezielflugk%C3%B6rper

Mal abgesehen von den unterschiedlichen Antriebsarten von Torpedo und Rakete, bedingt durch Wasser und Luft als Umgebung; Tests mit derartigen Unterwasserobjekten werden auch bereits seit Jahrzehnten durchgeführt, wobei die Geschwindigkeiten hier noch eher relativ sind.

Hier als Beispiel mit Feststoff-Raketenantrieb mal der "Schkwal":

https://de.wikipedia.org/wiki/Schkwal

Erstens WERDEN längst Raketen gegen Schiffe eingesetzt und zweitens macht ein Raketenantrieb unter Wasser für Torpedos wenig Sinn. Darum haben Raumschiffe auch keine Segel und Anker.

Zum einen werden Raketen gegen feindliche Schiffe eingesetzt. Zum anderen werden Raketen anders angetrieben und gelenkt als Torpedos.