Römische Verfassung- Gewaltenteilung?

2 Antworten

Gewaltenteilung im vollen neuzeitlichen Sinn mit einer Verteilung der Staatsgewalten auf verschiedene Staatsorgane hat es in der römischen Verfassung nicht gegeben, aber Ansätze zu einer Gewaltenteilung.

In der Antike ist in theoretischen Schriften auch schon zwischen beratender, regierender und richtender Tätigkeit unterschieden worden.

Die Staatstheorie hat Überlegungen unter dem Begriff der Mischverfassung/gemischte Verfassung angestellt. Als Mischverfassung/gemischte Verfassung wird eine politische Ordnung bezeichnet, die aus verschiedenen Elementen (Bestandteilen) der Grundtypen von Verfassung (Monarchie, Aristokratie, Demokratie) zusammengesetzt ist und von einer guten Mischung eine größere Stabilität angenommen.

Einige antike Autoren (z. B. Polybios, Marcus Tullius Cicero) haben die römische Republik als Mischverfassung gedeutet und dargestellt. Die Volksversammlungen sind dabei ein demokratisches Element, der Senat ein aristokratisches und die Konsuln (leitende Magistrate) ein monarchisches. Tatsächlich hatte aber eine adlige Führungsschicht (die Nobilität) die Vorherrschaft. Die römische Republik kann daher besser als besondere Art der Aristokratie bzw. als Oligarchie (Herrschaft weniger) bezeichnet werden. Der Machtschwerpunkt lag im Senat.

Die römische Verfassung in der Zeit der Antike war keine schriftlich in einem einzigen umfassenden Text geschriebene Verfassung, sondern eine gewachsene Verfassung mit einer Anzahl von Grundsätzen und Regeln und bestimmten einzelnen Gesetzen zu Teilen der politischen Ordnung.

Es hat eine Verteilung von Funktionen auf verschiedene Institutionen (Einrichtungen) gegeben und Kontrolle und Gegengewichte zur Einschränkung von Machtmißbrauch waren vorhanden.

Zu klären ist bei der Untersuchung der Frage vor allem das Verhältnis von Senat, Magistraten und Volkversammlung (wobei es verschiedene Arten von Volksversammlung gab).

Der Senat war in der römischen Republik sehr wichtig. Die Mitglieder dieser Ratsversammlung wurden durch Eintragung in eine Liste bestimmt, wobei in der Anfangszeit die Zugehörigkeit zu vornehmen Familien entscheidend war, später die Wahl in Ämter wichtig war und in der späten Republik zur Mitgliedschaft führte. Der Senat übte durch seine Beschlüsse (senatus consulta) große Macht aus, weil er die gesammelte Autorität der Gesamtgruppe der politischen Führungsschicht darstellen konnte.

Eine genaue formale Definition der Zuständigkeiten des römischen Senats gab es nicht. Daher ist es auch nicht passend, ihn als auf Befugnisse in der Exekutive (ausführende/vollziehende Gewalt) begrenzt zu verstehen. Der Senat konnte z. B. außenpolitische Maßnahmen beschließen, staatliche Gelder, Heere, Provinzen zuweisen, aber auch Gesetzesanträgen zustimmen oder sie ablehnen und Gesetzesvorschläge machen.

Der Senat war in der Verfassung der römischen Republik politisches Zentrum. Die Magistrate (magistratus) erstatteten ihm Bericht. Die Senatsbeschlüsse waren rein formal betrachtet Ratschläge/Empfehlungen, aber gewöhnlich war aufgrund der Autorität damit etwas entschieden.

Magistrate (Beamte, Amtsträger, Amtsinhaber) hatten hohe Stellungen in der Exekutive und auch Funktionen in der Rechtsprechung. Die wichtigsten Magistrate in der Zeit der späten römischen Republik waren die Konsuln (consules), bei denen die oberste Leitung lag, die Praetoren (praetores), die Aedilen (aediles), die Volkstribune (tribuni plebis), die Quästoren (quaestores), als Sonderamt die Zensoren (censores) und als Ausnahmeämter (konnten nach der Verfassung im Notstand für höchstens 6 Monate ernannt werden) der Diktator (dictator) und als sein Helfer der Reiterführer (magister militum).

Bei den Magistraten gab es den Grundsatz der Kollegialiät, die Ausübung von Ämtern durch mehrere Personen als gleichgestellte Kollegen. Die Ämter für Magistrate in der Ämterlaufbahn (cursus honorum) wurden von mindestens zwei gleichberechtigten Kollegen ausgeübt. Magistrate hatten gegen Anordnungen von Kollegen und niedrigeren Magistraten ein Einspruchsrecht/Veto (intercessio; Interzessionsrecht; lateinisch intercedere = dazwischentreten) und konnten sie rückgängig machen. Die Volkstribune hatten allgemein ein Einspruchsrecht/Veto. Beschlüsse wurden durch Intercession unwirksam, soweit nicht eine Intercession gesetzlich ausgeschlossen war.

in der Frühzeit hatten die Konsuln die Aufgabe der Rechtspflege. Die Befugnis, in äußere Form eines Streitverfahrens gekleidete Gerichtsbarkeit vorzunehmen und Rechtsprechung über Streitsachen im Feldlager (Amtsbereich militiae) auszuüben, ist den Konsuln geblieben.


Albrecht  04.11.2013, 06:03

366 v. Chr. wurde mit der Konsulatsverfassung unter dem Titel eines Praetors das Amt eines obersten Gerichtsherrn geschaffen. 242 v. Chr. kam ein zweiter Gerichtsherr (praetor peregrinus) für den Rechtsverkehr mit Fremden hinzu. Die Anzahl der Praetoren ist später noch gestiegen.

Statthalter römischer Provinzen (Magistrate oder Promagistrate) hatten unter anderem die Aufgabe, sich um Rechtsprechung zu kümmern.

In der Römischen Republik gab es 4 verschiedene Arten von Volksversammlungen (comitia; Komitien), a) Kuriatskomitien (comitia curiata) b) Zenturiatskomitien (comitia centuriata), c) Tributkomitien (comitia populi tributa), d) Volksversammlung der Plebs (concilium plebis).

Funktionen der Volksversammlung waren Wahl der Magistrate, Entscheidung über Krieg und Frieden, Gesetzgebung und (spielte aber nur eine untergeordnete Rolle) Rechtsprechung.

Die Zenturiatskomitien waren anfänglich für die Strafjustiz über Bürger (Hochverrat blieb ziemlich lange ein Gebiet) zuständig. Vor den Tributkomitien fand anfänglich vor ihnen Rechtsprechung statt. Auch vor dem concilium plebis wurden anfänglich Gerichtsverhandlungen durchgeführt. Das concilium plebis konnte Gesetze beschließen (ihre Beschlüsse [plebis scita = Plebiszite/Volksabstimmungen] waren seit 297 v. Chr. [Ende der Ständekämpfe] für das Gesamtvolk [populus] bindend. In der Praxis lag hier die Gesetzgebung (die ebenfalls zuständigen Zenturiatskomitien waren sehr viel schwerfälliger zu organisieren).

Volksversammlungen wurden von Magistraten einberufen, sie konnten nur zustimmen oder ablehnen, nicht selbst einen Antrag stellen, nicht debattieren oder Anträge abändern.

Volksbeschlüsse konnten in Konkurrenz zu Senatsbeschlüssen treten. Es gab in der römischen Republik verschiedene Gerichte. In der Zeit der späten Republik spielten dabei in Strafverfahren Gerichtshöfe (quaestiones) mit Geschworenen eine wichtige Rolle. Praetoren hatten den Vorsitz der ständigen Gerichtshöfe, fällten aber nicht das Urteil, sondern dieses trafen die Geschworenen.

Die Judikative (rechtsprechende Gewalt) lag also bei verschiedenen Institutionen, darunter auch welchen, die Exekutive (Magistrate bzw. Promagistrate) oder Legislative (Volksversammlungen) waren.

einführende Information:

Jochen Bleicken, Die Verfassung der römischen Republik : Grundlagen und Entwicklung. Paderborn ; München ; Wien ; Zürich : Schöningh. 7., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage, 1995 (UTB für Wissenschaft: Uni-Taschenbücher, 460). ISBN 3-8252-0460-X (UTB); ISBN 3-506-99405-0 (Schöningh)

In der Kaiserzeit ist es zu Veränderungen gekommen. Auch wenn formal ein republikanischer Anschein in der frühen Principatszeit gewahrt wurde, gab es tatsächlich eine Alleinherrschaft. Etwas Mitwirkung einer Elite war dabei möglich. Traditionelle Einrichtungen wie der Senat und Magistrat bestanden noch weiterhin, während Wahlen und Gesetzgebung durch Volksversammlungen nach einiger Zeit verschwanden. Der Senat konnte beraten und war an der Rechtsprechung beteiligt (Senatsgericht unter Vorsitz des Kaisers).

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Mara345 
Beitragsersteller
 08.12.2013, 13:09
@Albrecht

Dankeschön, du hast mir geholfen :)

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Exekutive = Senat und Magistrat → Legislative = Volksversammlung → Judikative = Prätoren