Rettungssanitäter?

atm77  02.08.2023, 13:29

Meinst du Rettungssanitäter oder Notfallsanitäter?

(Oder sogar Rettungsassistent?)

Girly06467 
Fragesteller
 02.08.2023, 17:16

Notfallsanitäterin

4 Antworten

Von Experte SaniOnTheRoad bestätigt

Ich denke, das hier zunächst einmal Aufklärungsbedarf über die verschiedenen Qualifikationen innerhalb des Rettungsdienstes besteht. Die eine Ausbildung, die gibt es nämlich nicht.

Die niedrigste Qualifikationsstufe im Rettungsdienst ist der Rettungshelfer. Dieser ist landesrechtlich geregelt und hat in den meisten Bundesländern einen Umfang von insgesamt 320 Stunden, in Vollzeitform absolviert also demnach nur zwei Monaten. In insgesamt drei Bundesländern, hat er sogar nur einen Umfang von 160 bis 240 Stunden. Er kommt im Bereich des qualifizierten Krankentransportes als zweite Person, d.h. als Assistenzperson des hier verantwortlichen Rettungssanitäters und zugleich auch als Fahrer zum Einsatz. Ein Einsatz im Bereich der Notfallrettung, erfolgt mit dieser Qualifikation heutzutage nicht mehr.

Der Rettungssanitäter hat einen Umfang von bundesweit insgesamt mindestens 520 Stunden, in Vollzeitform absolviert also demnach auch nur circa dreieinhalb Monaten. Die Ausbildung umfasst einen Rettungssanitäter- Grundlehrgang mit Prüfung zum Rettungshelfer, ein Krankenhauspraktikum, ein Praktikum im Rettungsdienst an einer genehmigten Lehrrettungswache und einen Rettungssanitäter- Abschlusslehrgang-/ Prüfungslehrgang mit schriftlicher, mündlicher und praktischer Abschlussprüfung zum Rettungssanitäter. Rettungssanitäter, kommen im Bereich der Notfallrettung als zweite Personen, d.h. als Assistenzpersonen des medizinisch verantwortlichen Notfallsanitäters oder übergangsweise auch noch des Rettungsassistenten und zugleich auch als Fahrer auf Rettungswagen (RTW) zum Einsatz. Im qualifizierten Krankentransport, betreuen Rettungssanitäter eigenverantwortlich Patientinnen und Patienten, die keine (akuten) Notfallpatienten sind, die jedoch aufgrund ihres Gesundheitszustandes eine medizinisch- fachliche Betreuung und/ oder der Ausstattung eines Krankentransportwagens (KTW) bedürfen. In wenigen Bundesländern, ist eine Qualifikation als Rettungssanitäter auch noch ausreichend, um als "Fahrer" des Notarztes auf Notarzteinsatzfahrzeugen (NEF) eingesetzt zu werden, zum Teil jedoch nur mit einer mindestens zweijährigen Berufserfahrung in der Notfallrettung auf dem RTW.

Rettungshelfer und Rettungssanitäter, stellen im juristischen Sinne keine anerkannten Berufsausbildungen dar sondern sind viel mehr Qualifikationen-/ berufliche Weiterbildungen, welche nach den Rettungsdienstgesetzen (RDG) der Bundesländer zur Wahrnehmung der oben aufgeführten Tätigkeiten innerhalb des Rettungsdienstes befähigen. Man erhält keine Ausbildungsvergütung sondern man muss im Gegenteil sogar noch für die erforderlichen Lehrgänge an einer Rettungsdienstschule bezahlen. Der Rettungssanitäter benötigt neben seiner formalen Qualifikation für den Einsatz auf dem Rettungswagen auch noch eine Fahrerlaubnis der Klasse C1, da moderne Rettungswagen mehr als 3.500Kg zulässige Gesamtmasse aufweisen und die Fahrerlaubnis der Klasse B demnach dafür nicht ausreichend ist. Auch die Fahrerlaubnis, muss in aller Regel auf eigene Kosten erworben werden. Zugangsvoraussetzungen sind: für den Rettungshelfer theoretisch betrachtet überhaupt gar kein Schulabschluss, für den Rettungssanitäter mindestens der Hauptschulabschluss oder alternativ eine abgeschlossene Berufsausbildung, die gesundheitliche Eignung zur Ausübung des Berufes, ein "sauberes Führungszeugnis" (keine Vorstrafen) und aufgrund der Vorschriften des Jugendarbeitsschutzgesetzes, anderer Gesetze und der Notwendigkeit einer Fahrerlaubnis zur Berufsausübung auch die Volljährigkeit.

Die einzige, "richtige" Berufsausbildung im Rettungsdienst, ist seit dem 01. Januar 2014 der Notfallsanitäter mit einer dreijährigen Berufsausbildung und abschließender zehnteiliger staatlicher Prüfung nach dem Notfallsanitätergesetz (NotSanG) und nach der aufgrund des NotSanG erlassenen "Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter" (NotSanAPrV). Die Ausbildung umfasst im Einzelnen 1.920 Stunden Unterricht an einer staatlich anerkannten Schule, 1.960 Stunden praktische Ausbildung im Rettungsdienst an einer genehmigten Lehrrettungswache und 720 Stunden praktische Ausbildung in verschiedenen Fachabteilungen (insbesondere Anästhesie, Notfallaufnahme und Intensivstation) eines geeigneten Krankenhauses, staatliche Prüfung. Notfallsanitäter*innen, kommen gemäß ihres in §4 NotSanG definierten Ausbildungszieles in allen Bundesländern in der Notfallrettung als medizinisch verantwortliche Transportführer auf Rettungswagen (RTW) zum Einsatz und versorgen und betreuen eigenverantwortlich Notfallpatienten. Dabei wenden sie bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen (§2a NotSanG oder anhand standardisierter Arbeitsanweisungen der ärztlichen Leiter Rettungsdienst) auch heilkundliche-/ invasive medizinische Maßnahmen wie die Verabreichung von Notfallmedikamenten eigenverantwortlich an. Zugangsvoraussetzungen für die Ausbildung sind gemäß §8 NotSanG ein Realschulabschluss, eine gleichwertige Schulbildung oder ein Hauptschulabschluss mit zusätzlich einer erfolgreich abgeschlossenen Berufsausbildung von mindestens zweijähriger Dauer und die gesundheitliche Eignung zur Berufsausübung. In der Praxis, werden die Ausbildungsplätze jedoch fast nur an Abiturienten, Fachabiturienten oder an sehr gute Realschüler mit einer Qualifikation als Rettungssanitäter, Fahrerlaubnis der Klasse C1 und mit ein- bis zwei Jahren Berufserfahrung im Rettungsdienst vergeben. Aufgrund der Vorschriften des Jugendarbeitsschutzgesetzes und weiterer Gesetze, ist auch die Volljährigkeit eine weitere Zugangsvoraussetzung für die Ausbildung. Vereinzelt, werden Ausbildungsplätze auch bereits an Minderjährige vergeben, was jedoch eindeutig eine rechtliche Grauzone ist.

Wirklich "hocharbeiten" kann man sich im Rettungsdienst nicht. Als Notfallsanitäter*in, kann man mit zwei Jahren Berufserfahrung eine Weiterbildung zum/ zur Praxisanleiter*in absolvieren und dann selber Auszubildende an Lehrrettungswachen ausbilden. Alle Qualifikationen bzw. ab dem Rettungssanitäter, können zudem sogenannte "Funktionsaufgaben" wahrnehmen. Hierzu gehört zum Beispiel eine Weiterbildung als staatlich anerkannter Desinfektor oder als Medizinproduktebauftragter (neues Personal in die medizinischen Gerätschaften einweisen). Großartig gesondert vergütet, wird all dies jedoch nicht und es sind alles Aufgaben, welche man zusätzlich zum normalen Dienstalltag wahrnimmt.

Mfg

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Rettungsdienst🚑, sehr großes Interesse an Notfallmedizin.
Von Experte Rollerfreake bestätigt

Hi,

Eine Freundin von mir würde gerne nach ihrem Abschluss eine Ausbildung zur Rettungssanitäterin absolvieren.

Vielleicht muss man die Unterschiede der rettungsdienstlichen Ausbildungen mal vorneweg nehmen...

Die Qualifikation zum Rettungssanitäter ist lediglich ein 520-h-Lehrgang und keine Berufsausbildung - das wäre die dreijährige Ausbildung zum Notfallsanitäter.

Auch wenn die Begrifflichkeiten sehr ähnlich klingen mögen, macht es hinsichtlich Ausbildungsdauer und Kompetenzen erhebliche Unterschiede.

hat man im Verlauf des Berufes eine bessere Aufstiegschance mit Abitur?

Kurzum: nein.

Ob man Abitur hat oder nicht beeinflusst die - ohnehin verhältnismäßig geringen - Aufstiegschancen im Rettungsdienst überhaupt nicht.

Leistung, Berufserfahrung und berufsspezifische Fort- und Weiterbildungen spielen eine weitaus größere Rolle.

verdient man im Laufe der Zeit besser, wenn man das Abitur absolviert hat?

Auch hier: nein.

Die meisten Leistungserbringer im Rettungsdienst sind tarifgebunden und der Schulabschluss wird bei keinem davon irgendwie berücksichtigt.

Generell wird kein Arbeitgeber, und das branchenunabhängig, wegen eines Schulabschlusses "besser" bezahlen, der im Berufsalltag keinerlei Mehrwert bringt.

LG

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Notfallsanitäter, Blogger, Medizinstudent

Als Rettungssanitäterin ist sie Fahrerin auf Rettungswagen (je nach Bundesland darf sie das nicht mal) oder Beifahrer auf Krankentransportwagen.

Die Kombination Abi und Rettungssanitäter hilft wenn man sich seinen Weg zum Medizinstudium auch mit schlechterem Notendurchschnitt erarbeiten möchte.

Wenn sie aber wirklich im Rettungsdienst arbeiten will, dann sollte sie lieber Notfallsanitäterin lernen.


SaniOnTheRoad  02.08.2023, 14:50
Die Kombination Abi und Rettungssanitäter hilft wenn man sich seinen Weg zum Medizinstudium auch mit schlechterem Notendurchschnitt erarbeiten möchte.

Die Qualifikation zum Rettungssanitäter wird im Rahmen des Auswahlverfahrens für das Medizinstudium nicht berücksicht. Insofern trifft das nicht zu.

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SaniOnTheRoad  02.08.2023, 14:55
@JuniorBJ92
Warum kenne ich dann Leute, die genau das gemacht haben? 🤔

Weil es keinem "verboten" ist, Erfahrungen zu sammeln und den Rettungssanitäter zu machen 😅 einen Einfluss auf das Auswahlverfahren hat die Qualifikation zum Rettungssanitäter allerdings nicht.

Die Kriterien, für die Punkte vergeben werden, sind klar definiert - der Rettungssanitäter zählt nicht dazu.

Ausnahme: er wird im Rahmen eines fachlich einschlägigen Freiwilligendienstes erworben - dann gibt es Punkte. Allerdings für den Freiwilligendienst, nicht für den RS.

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