Reiche Plebejer?

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Bei den antiken Römern war Plebejer, wer zur Plebs gehörte.

Reich ist, wer viel Besitz hat/ein großes Vermögen besitzt/sehr wohlhabend ist.

Plebs ist Bezeichnung für das (einfache) Volk/die Menge/die Volksmenge (plebs steht der Wortherkunft nach in Verbindung mit dem Adjektiv plenus = voll und dem Verb plere = voll machen, anfüllen).

Die Begriffe »Plebejer« (plebei) und »Plebs« (plebs) sind nur als Gegenstücke zu dem Begriff »Patrizier« (patricii; Singular: patricius) verständlich.

Patrizier ist die Bezeichnung für die Angehörigen des alten Adels im antiken Rom. Sie wurden auch patres („Väter“) genannt, weil sie eine Autorität wie ein Vater beanspruchten und als Nachkommen der Gründerväter Rom gelten wollten. Sie nahmen auch für sich die ausschließliche Vertretung des Volkes (populus) gegenüber den Gottheiten in Anspruch. In der römischen Frühzeit waren nur Adlige, nämlich die Patrizier, in die politischen Ämter wählbar, Plebejer dagegen von ihnen ausgeschlossen. Die Patrizier beanspruchten ausschließlich für sich das sakrale und politische Recht der Befragung des sich in Zeichen zeigenden Götterwillens (ius auspicii).

In der frühen römischen Republik waren die Patrizier eine herrschende adlige Oberschicht mit Vorrechten, die Plebejer das nichtadlige Volk. Die Plebejer waren freie Bürger, sie gehörten zum römischem Volk/dem Staatsvolks (populus bezeichnet anders als plebs das Gesamtvolk, sowohl Patrizier als auch Plebejer umfassend).

Die Schwierigkeit beim Ausdruck „reiche Plebejer“ ist wohl nicht eines der Definition, sondern eines der Vorstellung.

Die wirtschaftliche und soziale Lage der römischen Plebejer war nicht bei allen gleich, sondern es gab auch einige Plebejer mit viel Besitz, die einen gehobenen Lebensstandard hatten. Beim Besitz ist in der römischen Frühzeit vor allem an Landbesitz zu denken, an Handelsgeschäfte erst in einem kleineren Ausmaß. Diese reichen Plebejer gehörten aber nicht durch Abstammung zum alten erblichen Adel. Daher waren sie sozial und politisch im Vergleich zu den Patriziern niedriger gestellt. Die Vorstellung, alle Plebejer seien deswegen niederes Volk in der Bedeutung von ohne viel Geld/Besitz/Vermögen gewesen bzw. zur Unterschicht gehörend, ist aber irrig.

Unter den Forderungen, die Patrizier in den Städtekämpfen stellten, hat es welche gegeben, die real nur oder hauptsächlich für reiche Plebejer Bedeutung hatten (Ämter waren unbezahlte Ehrenämter; bei Heiraten waren wirtschaftliche Überlegungen wichtig, eine Tochter eines Patriziers wurde wohl kaum jemanden gegeben, der nicht einen gehobenen Lebensstandard bieten konnte):

  • Erlaubnis einer Ehe zwischen Partnern unterschiedlicher Stände: Die Zulässigkeit einer Heirat/Ehe (Aufhebung eines Eheverbots) zwischen einer Patrizierin/einem Patrizier mit einem Plebejer/einer Plebejerin (dieses Eherecht heißt lateinisch connubium), die anfangs nicht gegeben war, wurde nach der Überlieferung 445 v. Chr. gewährt.

  • Teilhabe an der Staatsführung durch Zugang zu Ämtern (passives Wahlrecht), auch den höchsten (wie Konsul, Praetor, Zensor, Diktator), für Plebejer: Passives Wahlrecht (Wählbarkeit) für Plebejer wurde eingeführt, sie konnten formalrechtlich nach und nach Magistrate (Beamte/Amtsträger/Amtsinhaber) werden. In den Ständekämpfen haben die Plebejer allmählich die Zulassung zu allen wichtigen politischen Ämtern erreicht. Nach der Überlieferung gab es den ersten plebejischen Konsul 366 v. Chr., den ersten plebejischen Praetor 336 v. Chr.

Nach den Ständekämpfen, in denen viele rechtliche Einschränkungen der Plebejer abgeschafft wurden, bildete sich eine neue Oberschicht aus Patriziern und reichen Plebejern, die Nobilität (nobilitas).

Nobilität bedeutet übersetzt Bekanntheit, Berühmtheit, Vornehmheit, Vorzüglichkeit. Nobilität ist die Bezeichnung für die politische Elite, die Führungsschicht der römischen Republik nach dem Ende der Ständekämpfe zwischen Patriziern und Plebejern.

Die Nobilität war eine besondere Art von Aristokratie und gründete im Ausüben hoher politischer Ämter aufgrund einer Wahl. Die Zugehörigkeit war nicht strikt erblich, auch wenn sich in der Praxis Reichtum und Beziehungen vornehmer Familien weitgehend durchsetzten.

Als Nobilis (Plural: Nobiles; substantiviertes Adjektiv; nobilis = kenntlich, bekannt, berühmt; vornehm, edel; vorzüglich) galt, wer Vorfahren hatte, die Konsul (consul) gewesen waren. Ganz genau formalisiert war die Verwendung der Bezeichnung nicht daraufhin, welcher Vorfahr genau welches höchste Amt erreicht hatte.

Zur Nobilität gehörten neben Patriziern auch eine Anzahl (reicher/einflußreicher) Plebejer.


Albrecht  18.06.2014, 23:03

In Büchern zur römischen Geschichte gibt es dazu Darstellungen, z. B.:

Jochen Bleicken, Geschichte der römischen Republik. 6. Auflage. München : Oldenbourg, 2004 (Oldenbourg-Grundriss der Geschichte ; Band 2), S. 28 – 29

Klaus Bringmann, Geschichte der römischen Republik : von den Anfängen bis Augustus. 2., durchgesehen Auflage. München : Beck, 2010 (Beck's historische Bibliothek), S. 72:
„Die Entstehung der Nobilität (nobilitas, d. h. soviel wie ‹Vornehmheit›) war mit dem Aufstieg einer plebejischen Elite in das höchste Amt des Staates verknüpft. Sie war, obwohl der geschlossene Kreis der patrizischen Geschlechter zu ihr gehörte, im Gegensatz zu diesem kein reiner Geburtsadel, sondern eine Aristokratie, die prinzipiell offen war für die Aufnahme von Aufsteigern (homines novi, d. h. ‹neue Leute›). Wer es durch Volkswahl bis zum Konsulat gebracht hatte, gehörte für seine Person ebenso wie seine Nachkommen zur Nobilität und damit zum eigentlichen Führungszirkel der römischen Republik. In einem strengen Sinne wurden nur die Familien zur Nobilität gerechnet, die unter ihren Vorfahren auf einen oder mehrere Konsuln verweisen konnten. Nicht altadliger Herkunft, sondern die in den Ämtern erbrachten Leistungen, vor allem die militärischen, waren die Legitimation der neuen, aus Patriziern und Plebejern bestehenden Aristokratie. Und es waren diese Leistungen, die eigenen und die der Vorfahren, die den Anspruch auf Berücksichtigung bei den Volkswahlen begründeten. Die hohen Staatsämter galten als Prämie der Tüchtigkeit und des Verdienstes, und nicht zufällig wurden sie als ‹Ehren› (honores) bezeichnet. Wie in allen aristokratischen Gesellschaften antwortete dem ‹Verdienst› und der ‹Wohltat› (beneficium) die Ehre, in Rom vor allem in Gestalt der vom Volk vergebenen hohen Staatsämter. Es war in den Verhältnissen der Zeit begründet, daß die Leistungen im Krieg die höchste Anerkennung genossen.“

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Kurz gesagt: Patrizier gehörten zu alten (aristokrarischen) Familien und hatten ererbten Landbesitz.

Plebejer gehörten nicht zu den alten Familien und konnten durch Handel, Finanzgeschäfte und Sklavenarbeit ("Fabriken", Bergwerke) reich werden. Sie konnten sich natürlich auch Land kaufen.