Quantitavier und qualitativer Utilitarismus?

2 Antworten

Utilitarismus hat sich aus der englischen Aufklärung heraus entwickelt und dem demokratischen Befreiungskampf der Bürger von der Bevormundung durch Adel und Kirche. Nicht mehr irgendwelche göttlichen Ordnungen und deren selbsternannte Interpreten (und das allein zählt ja) aus den höheren Rängen von Adel und Kirche bestimmen die Wert- und Richtlinienkompetenz sondern die bürgerliche Versammlung, Parlament genannt, ermittelt diese in freier Diskussion.

Das ist bis heute die Hauptaufgabe jedes demokratischen Parlaments, die Gesetze den sich wandelnden Verhältnissen anzupassen. Dabei gibt es, anders als in manchen primitiven Schulsystematiken, keine eindeutigen "Wahrheiten", sondern sie werden mit den unterschiedlichsten individuellen Einstellungen der Abgeordneten diskutiert und mehrheitlich abgestimmt. Spätere Parlamente können das, vor allem, wenn es sich nicht bewährt hat, wieder ändern.

Der Utilitarismus ist eine demokratisch orientierte Wertordnung. Es gibt keine starren göttlichen Vorgaben wie z.B. in der Sharia. Der Utilitarismus orientiert sich am Menschen und am Jetzt, beschäftigt sich mit dem aktuellen Leben und nicht mit einem eingebildeten jenseitigen. Was für den Zusammenhalt der Gesellschaft als nützlich und sinnvoll eingeschätzt wird, kann nicht aus irgendeiner Schublade gezogen werden. Das wird aktuell von den betroffenen Menschen diskutiert.

Was würdest du lieber tun?

 

  1. a) eine Folge „How I met your mother“ schauen
  2. b) ein Sonett von Shakespeare hören

oder:

  1. c) einen Boxkampf verfolgen

 

Welche dieser Aktivitäten würdest du aber als kulturell am wertvollsten einstufen?

 

Obwohl die meisten von uns wohl bei der ersten Frage wählen würden, die Sitcom zu schauen, sähe die zweite Antwort vermutlich anders aus und die Mehrheit würde sagen, Shakespeares Werk sei kulturell höherwertig einzustufen. Dem klassischen Utilitarismus zufolge wäre trotzdem Aktivität a die wünschenswerte, da diese für die Mehrheit Freude bedeutet.
Die Sitcom schauen wäre meiner Meinung nach quantitativer Utilitarismus, da die Mehrheit aus Gründen des Glücks und der Freude lieber Fernsehen schaut als kulturgut zu schauen.
Das Sonett wäre qualitativer Utilitarismus.


asnfiebdj 
Beitragsersteller
 17.05.2019, 13:37

Ich finde das Beispiel zwar anschaulich, aber eigentlich geht es ja beim Utilitarismus um moralisch richtiges Handeln. Hättest du dafür ein geeignetes Beispiel? J.S. Mill bewertet Shakespeares Werk zwar als geistige Lust, wo ist hier aber ein Bezug zur Realität, wenn es wirklich um Entscheidungen geht? Das Wählen von z.B. Shakespeares Werk wird wohl nicht zum moralischen Handeln führen.

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egj67972  17.05.2019, 13:59
@asnfiebdj

Ich bin leider nicht tief in dem Gebiet eingearbeitet, aber könnte mir vorstellen, dass sich dadurch eine moralische Grundhaltung in der Bevölkerung entwickelt. So könnte es schlechter angesehen werden wenn man sich mit Shakespeares Werken auseinandersetzt, als wenn man eine "stumpfe" Sitcom im Fernsehen anschaut. Würde das ganze mit kultureller hegemonie verbinden, welche sich dadurch in der Gesellschaft durchsetzt.

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