MUSS Fruchtpflanze zwingend veredelt sein und Sinn des Veredeln?
Hallo,
hatte früher mal BiologieLeistungskurs (mit nem Semester Genetik). Trotzdem verstehe ich den biologischen Zusammenhang nicht selbst wenn ich den Wikipediaartikel zur Pflanzenveredelung durchlese.
Mir wurde früher in meiner Kindheit immer gesagt daß ein Baum (z B. Apfelbaum) veredelt sein muß damit er später Früchte in ausreichender Größe trägt.
Dadurch entstehen natürlich zig Euro Zusatzkosten für Gärtner oder gar Baumschule und da würde ich die natürliche die kostenlose Methode wählen sprich den Samen in einen Blumentopf zu setzen und Pflanze spâter an geeigneter Stelle auszusetzen.
Aber meine Mutter erzählte sowas wird ein Wildwuchs und der Baum hätte später total kleine Früchte (die Natur will ja nicht immer das was der Mensch will).
Habe jetzt auf dem Bürgersteig eines Nachbargrundstücks Mirabellenfrüchte aufgesammelt. Die waren sehr lecker und würde die Kerne auch gerne auf meinem Grundstück anpflanzen wenn ich sicher sein kann das der Baum ohne Veredlung später auch reichlich Früchte trägt.
Vor allem verstehe ich aber den logischen Zusammenhang des Veredelns nicht. Klar es ist dann ein genetisch identischer Baum. Aber bei der Mirabelle z.B. liegt doch überwiegend Selbstbefruchtung vor (ebenso bei der Haselnuß) sodass auch hier die genetische Reinheit erhalten bleibt. Sollte dennoch eine Fremdbefruchtung beim Fruchtkern vorliegen dann wäre es ja höchstwahrscheinlich ein Nachbarbaum der gleichen Rasse (also keine wilde Kreuzung).
Im Endeffekt geht's um kostengünstige praktische Anwendung:
Ich möchte jetzt im Spätsommer so viele Pflanzen Säen (schwarze Johannesbeeren, (echter)Wein an der Giebelmauer, Mirabellen (Pflaumen und Zwetschgen sind schon vorhanden). Also alles Fruchtpflanzen am besten ohne kostspieliger Veredelung..
3 Antworten
Die Veredelung hat nichts mit der Frucht an sich zu tun.
Es gibt Sorten, welche zwar sehr gute Früchte tragen, aber extrem anfällig für Krankheiten sind. Diese Sorten würden nur Früchte tragen, da sie dauerhaft durch Krankheiten geschwächt wären.
Und hier kommt die Veredelung ins Spiel. Man nimmt einen Stock von einer Sorte, welche sehr gut gegangen Krankheiten usw resistent ist und schneidet den Baum ab. An den Baumstumpf bringt man dann den Baum an, der die guten Früchte trägt. Somit wächst dieser Baum mit dem Stock vom anderen weiter.
Wenn du jetzt jedoch einen Samen von so einem Baum nimmst, ist ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass der Baum extrem krankheitsanfällig ist und dass die Früchte nicht so sind, wie gewünscht.
Hoffe ich habe es halbwegs verstanden:
Die Pflanze,/Baum besteht dann immer aus zwei einzelnen Teilen:
a) eine gesunde und resistente Grundpflanze (die dann vielleicht zudem mechanisch usw. stabil ist).
b) einen Pflanzenteil der die Früchte trägt (und natürlich völlig andere Gene hat als a)). Die Fruchtkerne haben dabei immer die Gene von b.
Also wenn man nur Kerne in den Boden pflanzt fehlen die resisten Pflanzenteile mit a-Erbgut.
Man muß dann für jede Generation Veredeln.
Ich war immer über Begriffe wie dauerhafte Zuchtarten. irritiert (man denkt dann der ganze Baum besitzt in jeder Zelle den gleichen Gensatz). Aber das bezieht sich dann wohl auf den Teil-b der die Frucht bildet selber. Natürlich muß man dann manchmal auch gezielt besamen um Wildkreuzungen beim Fruchtteil auszuschließen.
Ich bin nun kein Experte, aber wenn ich mir das Kapitel "Zweck" im Wikipediaartikel (https://de.m.wikipedia.org/wiki/Pflanzenveredelung) lese, dann erschließt sich mir gut verständlich, warum man das oft gemacht wird.
Natürlich muss man nicht veredeln. Ein aus einem Samen gezogener Apfelbaum wird auch eines Tages Früchte tragen. Vorausgesetzt, man hat Zeit. Denn während ein in einer Baumschule gekaufter veredelter Baum bereits in der nächsten Vegetationsperiode Früchte trägt, trägt ein aus einem Samen gezogener Baum frühestens nach zehn, zwanzig Jahren erste Früchte. Aber klar, irgendwann wird auch ein solcher Baum fruchten. Trotzdem gibt es gute Gründe, die für das Veredeln sprechen:
- Schutz vor Krankheiten: viele Krankheitserreger, z. B. Pilze, befallen die Wurzeln und können zum völligen Absterben führen. Diese Gefahr wird umgangen, wenn man eine resistente Sorte als Unterlage verwendet. Bekanntestes Beispiel ist die Veredelung von Weinreben. Im 19. Jh. wurde die Reblaus nach Europa eingeschleppt. Zum Schutz wurden unsere anfälligen europäischen Sorten auf resistente amerikanische Sorten gepfropft.
- Samen sind nicht sortenrein. Die Pflanze, die man aus einem Apfelkern kriegt, hat nicht dieselben Eigenschaften wie die Mutterpflanze. Der Pollen, mit dem sie bestäubt wurde, kann ja von sonstwo stammen, also auch von einer ganz anderen Sorte. Viele Sorten sind außerdem F1-Hybriden, sodass bei Kreuzung die Eigenschaften der Elterngeneration spalten (du hattest ja Genetik, dann sagt dir sicher die 2. Mendelsche Regel etwas) oder sie sind selbststeril, d. h. sie müssen von einer anderen Sorte bestäubt werden. Wenn man aber einen Baum will, der exakt dieselben Eigenschaften wie die Mutterpflanze hat (und das will man ja in der Regel), ist eine Veredelung notwendig. Der Edelreiser hat ja die gleiche genetische Information wie der Baum, von dem man ihn nimmt.
- Platzmangel: stell dir vor, du hättest gern verschiedene Apfelsorten in deinem Garten, weil die eine Sorte z. B. sehr früh reif wird, die andere spät, eine lässt sich gut lagern, eine andere ist für Apfelkuchen gut geeignet, die nächste für Saft usw. Du hast in deinem Garten aber nur Platz für einen Baum. In dem Fall kann man auf eine Unterlage auch mehrere Edelsorten setzen, sodass am selben Baum unterschiedliche Apfelfrüchte reifen. Das klappt sogar mit unterschiedlichen Arten. Auf eine Schlehe als Unterlage kann man z. B. einen Apfel und eine Birne setzen.