Musical schreiben Tipps?

3 Antworten

Hallo,

ich schreibe seit Jahren leidenschaftlich Geschichten und nun versuche ich mich auch hin und wieder an dem einen oder anderen Musikprojekt. Daher gebe ich dir einfach mal ein paar Tipps, wie ich arbeite.

Hier erst einmal ein paar allgemeine Sachen:

  • Wie du anfängst, kann sehr unterschiedlich sein. Ich habe mit einigen Liedern angefangen und daraus eine Geschichte gesponnen. Wenn ich Geschichten schreibe, habe ich drei Wege, diese zu beginnen: Entweder ich plane einen Charakter und dessen Umfeld und daraus entsteht eine Geschichte, ich schreibe eine Szene und entwickle eine Vorgeschichte und einen Verlauf, was danach passiert, oder ich habe eine Grundidee im Kopf und schreibe einfach drauf los.
  • Bei einem Musical musst du natürlich Liedzeilen verteilen, daher wäre es praktisch, wenn du vorher schon die Story und die Charaktere zumindest mal ungefähr im Kopf hast. Wenn du aber erst mal ein Lied im Kopf hast, dann schreib es auf. So habe ich mit meinem ersten Liedprojekt begonnen.
  • Gegen Schreibblockaden geht jeder denke ich anders vor. Ich wechsle dann zwischen meinen Projekten hin und her oder mache einfach eine Weile Pause und setze mich ein paar Tage später wieder dran. Inzwischen hilft mir lustiger Weise auch klassische Musik beim Lösen von Schreibblockaden.
  • Bleibe auf dem Boden. Du willst ein Musical schreiben - angenommen du wolltest es aufführen, dann muss es natürlich realisierbar sein. Dementsprechend solltest du Bühnenbild und Charaktere anpassen.

Und jetzt zum Aufbau (Dies ist meine Meinung und nicht durch Fachwissen gestützt)

  • Zu aller Anfang braucht dein Musical ein Genre und ein Thema. Suchst du dir ein historisches heraus, dann rate ich dir, vorab viel Recherche zu betreiben. Dabei achte auch auf kleine Details wie Kleidung und möglicherweise Sprachgebrauch. 
  • Achte bei der Planung darauf, dass die Story Hand und Fuß hat und gib ihr einen Spannungsbogen und einen Höhepunkt, baue möglicherweise noch einen Konflikt ein, je nach Genre - eben wie in einem Buch. Achte auch auf einen zeitlichen Rahmen. Wenn du am Ende ein Musical hast, das 8 Stunden dauert, ist zwar schön, aber für Zuhörer sehr anstrengend (wie gesagt, alles meine Meinung)
  • Wie gesagt, deine Story braucht einen Spannungsbogen und einen Spannungshöhepunkt. Davor brauchst du aber erst einmal einen Ausgangspunkt und zum Schluss noch etwas, das dem Zuschauer in Erinnerung bleibts. In Les Miserabeles stehen die Geister der Toten z.B. wieder auf den Barrikaden und singen "Do you hear the people sing" und in Hamilton wird an Alexander Hamilton erinnert und sein großes Werk gepriesen - außerdem gibt es einen kleinen Ausblick auf das weitere Leben. In 'Love never dies' stirbt Christine Dae (ich hoffe, ich schreibe den Namen richtig o:) ) und Gustav nähert sich dem Phantom an, dieses singt (soweit ich mich erinnere) zu Gustav "Love never dies".
  • Außerdem verleihe ihr nach Möglichkeit Szenen, die das Publikum rühren. In Hamilton wäre das zum Beispiel das Lied "It's quiet uptown", kurz nach dem Tod des gemeinsamen Sohnes von Alexander und Eliza Hamilton. Beide trauern um den Jungen und auf der anderen Seite nähern sie sich wieder an, nachdem Alexander Eliza betrogen hat - Am Ende heißt es sogar "Forgiveness, can you emagine?" Dies sind Momente, die das Leben wiederspiegeln und deiner Story Leben verleihen.
  • Für die Story brauchst du natürlich Charaktere. Ich persönlich arbeite gerne mit weniger Charakteren, damit ich mich nicht verzettle. Bei mir bekommen sie nämlich sehr schnell keine eigene Persönlichkeit mehr, wenn ich zu viele habe. Und damit zum nächsten Punkt.
  • Deine Charaktere müssen dem Publikum und am Besten auch dir etwas bieten. Meine Charaktere sind für mich ein wenig wie Kinder geworden - ich sehe sie wachsen und unter Umständen auch fallen. Wenn deine Geschichte und deine Charaktere dein Publikum bewegen, dann bleibt das Musical in Erinnerung. Achte bei ihrer Erstellung auf das soziale Umfeld, Freunde, Feinde, Benehmen, Eigenschaften, etc.
  • Aber genug von der Geschichte - jetzt zum Musikalischen. Dein Musical braucht ein Thema, das immer mal wiederkehrt. Jedes Musical das ich kenne hat eine Melodie oder eine bestimmte Zeile, die immer wieder kommt. Ich nehme jetzt einfach mal meinen momentanen Favoriten als Beispiel: Hamilton. Das Lied des Königs kommt 3 mal. Die Zeile "I am not throwing away my shot" kommt mehrfach vor und der Rhytmus und die Melodie von "How does a bastard, orphan, son of a whore and a Scotsman, dropped in the middle of a forgotten spot (...)" kehrt ebenfalls immer mal wieder. Somit bekommt das Musikal ein Schema und hat einen Wiedererkennungswert.
  • Gesang ist schön und gut - was ist mit den Instrumenten? Spielst du selbst welche und hast du etwas Ahnung davon? Ich selbst spiele seit Klavier, aber das heißt nicht, dass ich auch Noten für Geige und Cello aufschreiben könnte, da ich keine Ahnung habe, was dabei alles spielbar ist oder nicht. Solltest du dich also an Instrumentalisierung wagen, setze dich mit Leuten zusammen, die wissen, ob es auch spielbar ist.
  • Hast du schon Songs geschrieben? Dann weißt du sicherlich auch, dass nicht nur das Musical eine Struktur, sondern auch die Songs an sich ein Schema brauchen. Sprich Strophen, Refrain und ggf. eine Bridge. So erschaffst du Ohrwürmer und ein Musical mit Wiedererkennungswert.

Mag sein, dass ich jetzt lange nicht alle Punkte genannt habe, aber diese Punkte sind mir persönlich sehr wichtig. Zum Schluss noch Dinge, die den Feinschliff bringen:

  • Bühnenbild und Kostüme. Dies ist eher ein Punkt für die Feinschliffphase, hiermit gibst du deinem Musical Leben.
  • Überarbeite es, überarbeite es und überarbeite es. Sei dabei nicht zu schade, Sachen rauszustreichen, wenn sie zu nebensächlich sind. (Daran muss auch ich als Hobbyautorin noch arbeiten). Hol dir außerdem Feetback von Außenstehenden - nicht unbedingt nur von Familie und Freunden - und achte darauf, dass es Konstruktiv ist, du also auch Verbesserungsvorschläge bekommst.

Und natürlich ist es praktisch, wenn du auch aufschreiben kannst, was dir in den Kopf kommt. Ich kenne dein Wissen natürlich nicht, daher schreibe ich einfach mal rein: Solltest du nicht bewandert mit Noten sein, dann gilt erneut: Suche dir jemanden, der dir helfen kann.

Würde mich freuen, von dir zu hören :) Ich hoffe, ich konnte dir etwas helfen. Am Ende heißt es: Üben, üben, üben. Ich persönlich habe sehr lange gebraucht um meinen persönlichen Schreibstil aufzubauen und ich kann ihn garantiert noch immer verbessern. Und auch Songs wurden mit der Zeit immer besser.

Liebe Grüße und viel Spaß :D


horsecatsweety  04.11.2017, 18:43

Ach, etwas habe ich noch vergessen. Zwischen den Liedern gibt es oft kleine Dialoge, manche Musicals leben aber auch nur von Liedern. Auch dies ist ein Punkt, den du dir überlegen solltest ;)

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Amelieklein2813 
Beitragsersteller
 05.11.2017, 12:42

Hallo:) vielen, vielen Dank für den ausführlichen Text👍🏻Habe jetzt endlich einen groben Plan wie ich mein Musical schreiben kann:)
Ich spiele übrigens seit ca 7 Jahren Klavier und habe Bekannte,die mir mit anderen Instrumenten weiter helfen könnten:D

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Als jemand der tatsächlich schon mal ein Musical für eine Musikschule geschrieben hat, was auch aufgeführt wurde kann ich dir sagen, dass das eine "Hayden"-Arbeit ist (Musikergag).

In der Regel ist ein Musical aufgebaut wie jedes Theaterstück. Bedeutet, dass du eine Einführung in der die Situation beschrieben wird, einen Hauptteil und einen Schluss mit großem Finale (auch Musikalisch) schreibst. Das ganze natürlich mit einem Spannungsbogen.

Zuerst habe ich mir eine Mindmap gemacht in der ich Setting und Handlung grob skizziert habe. Dann habe ich überlegt, welche Musik dazu grob passen könnte. Also wenn das Musical z.B. in Kuba spielt bietet sich Musik an die ein bisschen Lateinamerikanisch klingt.

Nachdem ich dann die groben Umrisse hatte, hab ich mir eine Geschichte geschrieben, die ich dann später in eine Art Drehbuch umgewandelt habe. Dann habe ich mich drangemacht, die Dialoge und gedanken in Texte für Lieder umzuschreiben. Das viel mir am schwersten...

Als ich dann Texte hatte mussten diese natürlich noch Musikalisch arrangiert werden. Das war das, was mir am meisten Spaß machte. Dabei habe ich begonnen mir ein Leitmotiv zu überlegen, was immer wieder auftaucht, natürlich immer in Variationen. Mal klang das Traurig und mal wieder heiter und vergnügt. Nachdem ich dann Melodien hatte für die einzelnen Stücke musste ich diese natürlich noch auf die einzelnen Instrumente transferieren und natürlich anpassen, so das sie sich ergänzen und einen breiten differenzierten Klang erzeugen. Da half mir mein Musikstudium, da ich mich mit allen Instrumenten schon mal "näher" beschäftigt habe. Ich hatte allerdings an manchen Stellen Probleme, da ich mit Hobbymusikern gearbeitet habe und diese natürlich nicht einfach jedes Stück vom Blattspielen konnten. Daher musste ich zu guter Letzt ein paar Stücke im Hinblick auf die Spielbarkeit anpassen.

Zum Thema Bühnenbild und Kostüme, da hat sich ne Gruppe freiwillig gemeldet das hab ich nur noch abgenommen.

Alles in allem hat aber Horsecatsweety schon viele gute Punkte geliefert die ich auch so unterschreiben würde.


Amelieklein2813 
Beitragsersteller
 05.11.2017, 12:46

Super vielen,vielen Dank👍🏻 du hast mir sehr weitergeholfen :) Das ein Musical nicht einfach ist, war mir von Anfang an klar🙃..
Nehme mir dafür auch viiiiieeeel Zeit. Vielleicht wird es ja was
Lg

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MullMull5  05.11.2017, 20:13

Wenn man Haydn richtig schreiben könnte...

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elcosto  05.11.2017, 21:26
@MullMull5

Das ist mir jetzt echt peinlich war so auf meinen super Gag fokussiert. 

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Was genau willst du denn machen? Nur das Libretto, nur die Komposition oder beides? Beides stellt ganz unterschiedliche Ansprüche und sollten daher unter Umständen von zwei Personen die sich mit der jeweiligen Arbeit auskennen erledigt werden.



Amelieklein2813 
Beitragsersteller
 05.11.2017, 20:20

Erst mal wollte ich nur das Libretto schreiben:D Komposition usw. mit Freunden und Bekannten. Habe auch Erfahrung mit Klavier spielen und ein bisschen mit Geige.

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