Mineralisches Substrat v.s. Erdsubstrat (Mix) Vorteile und Nachteile und was benutzt ihr?

Das Ergebnis basiert auf 3 Abstimmungen

"Anders" 67%
Erdsubstrat (Mix) 33%
Mineralisches Substrat 0%

2 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Vielleicht sollte man erstmal Begrifflichkeiten klären.

Erde ist ein Gemisch, das überwiegend aus mineralischem Material besteht. Der Mineralische Anteil der Erde besteht aus verschiedensten Korngrößen von Gestein/Sand. Sie größten (bei gesiebter Erde bzw. guter Gartenerde) Steinchen können mehrere Millimeter groß sein, die kleinsten sind im Nanometerbereich. Die Zusammensetzung dieser Mischung verschiedenster Korngrößen entscheidet darüber, wie fest oder locker die Erde ist und wie gut sie Kapillaren für den Wassertransport bildet. Nichtmineralisches Material, Humus genannt, macht 2-20% aus, wobei alles unter 5% als wenig gilt und alles über 10% als viel. Am wichtigsten ist der Anteil von sogenanntem Dauerhumus, der längere Zeit stabil im Boden erhalten bleibt und so langsam vom Bodenleben abgebaut wird, dass sich ein stabiles Gleichgewicht aus Verbrauch und Nachlieferung einstellt. Er ist Wasser- und Nährstoffspeicher und hilft, den Boden locker zu halten. Frischer Humus, z.B. in Form von Kompost, Mist, feinem Häckselgut, zerkleinertem Rindenmulch, Torf und was sonst noch alles als organische Beimischung in Frage kommt, wird vom Bodenleben schnell gefressen und verdaut. Ein kleiner Teil wird zu Dauerhumus, der größte Teil wird bis auf molekulare Ebene zerlegt. Das ist einerseits blöd, weil das mühsam eingebrachte Material schnell wieder weg ist und den Boden nicht dauerhaft verbessert. Andererseits ist es auch extrem wichtig, weil dabei pflanzenverfügbare Nährstoffe frei werden. Pflanzen können sich nämlich nicht direkt von organischem Material ernähren, sie brauchen ihre Nährstoffe in anorganischer, bis auf molekulare Ebene aufgespaltener Form. Kokosfaser als Bodenhilfsstoff fällt wegen ihrer Eigenschaften schon fast unter den Begriff Dauerhumus, weil in unserem Boden die Lebewesen fehlen, die tropische Kokosfasern fressen können. Ähnlich sieht es mit anderen tropischen Pflanzenteilen wie Gummibaumblättern, Bananenschalen usw. aus, die kaum kompostieren.

Aber wahrscheinlich zielst Du auf Topfpflanzensubstrat ab, also Blumenerde. Das was man in Säcken kaufen kann, besteht in der Regel nicht aus Erde, sondern aus organischem Material wie Torf, Kokosfaser oder Kompost oder Mischungen davon, säurestabilisiert mit Kalk und angereichert mit Dünger. Nicht immer ist mineralisches Material zugesetzt. Etwas schwerer Substrate haben einen kleinen Tonanteil, der vor allem als Nährstofflieferant dient. Besonders leichte Substrate enthalten Perlite. Das ist bis auf wenige Millimeter Korngröße zerkleinertes, hochporöses, vulkanisches Glas. Es dient vor allem dazu, das Substrat locker zu halten, die Wasserhaltefunktion ist zweitrangig. Die meisten Sukkulentensubstrate bestehen aus Mischungen von Torf und Sand.

Ich muss sagen, dass ich bei Zimmerpflanzen mit torffreien Substraten nicht wirklich glücklich bin. Kompost neigt zum hart werden und nimmt schwer Wasser an, wenn er mal ausgetrocknet ist. Substrat das fast nur aus Kokosfaser besteht, hat eine seltsame Konsistenz, ist zu leicht und muss öfter gedüngt werden, weil die Kokosfaser nicht zersetzt wird. In der Regel mische ich die gekauftes Substrat auf Torfbasis mit etwas Sand, bei Sukkulenten mit viel Sand. Die Verhältnisse in einem kleinen Topf sind halt etwas anders als in größeren Behältern oder im Boden. Es geht ja auch darum, ein Substrat zu haben, das längere Zeit vernünftige Eigenschaften hat, um nicht ständig umtopfen zu müssen.

Für größere Kübel habe ich auch schon Mischungen aus lehmiger Gartenerde, Kompost und etwas Sand gemacht, die sich bewährt haben. Auch Kokosfaser als Beimischung funktioniert hier gut.

Rein mineralische Topfpflanzensubstrate gefallen mir nur bei Kakteen und wirklich trockenliebenden Sukkulenten. Allerdings kein Tonsubstrat wie Seramis, sondern Mischungen aus porösem vulkanischem Gestein wie Bims mit Sand.

Seramis ist eine unnötige Erfindung. Ich hab noch keine Pflanze gesehen, die darin gleich gut wächst wie in einem guten, organisch basierten Substrat.

Hydrokultur mit Blähton funktioniert bei manchen Pflanzen erstaunlich gut, ist für allgemeine Verwendung aber ungeeignet. Längst nicht alle Pflanzen vertragen es, in einem so grobem Substrat und mit den Füßen im Wasser zu stehen. Gut bewährt hat sich Hydrokultur vor allem bei Dracaena Arten und verschiedenen Ficus Arten.

Und noch was ganz anderes: Die einzig wahre Haltungsform von Scindapsus aureum ist ganz ohne Substrat, die Wurzeln im Aquarium, die oberirdischen Teile auf der Abdeckung bzw. wo sie halt hin ranken wollen. In keiner anderen Haltungsform (außer im Regenwaldhaus) hab ich jemals so gesunde, kräftige S. aureum mit so großen Blättern gesehen. Ihr Nährstoffverbrauch harmoniert auch gut mit dem Aquarium, sie ziehen überschüssige Makronährstoffe raus, ohne gleichzeitig die sowieso immer mangelnden Spurenelemente komplett leer zu saugen. In Hydrokultur funktionieren sie aber trotzdem nicht, weil sie das das gammelige Wasser im Topf nicht vertragen.


DERstobbel 
Beitragsersteller
 10.10.2021, 09:39

Mein großes Problem mit Torf in Erde ist aber dass der Torf ein Stoff ist der nicht wirklich nachwächst bzw. höchstens über Jahrhunderte... ja, ich meinte für Tof/Kübel- bzw. Zimmerpflanzen... Es gibt einen "Pflanzenverrückten" auf Youtube (Detlef Römisch), und der macht alles was er so an Pflanzen hat in "minerlisches Substrat", sprich in lauter mehr oder minder grobe Steinchen... Für jede Gattung hat er da das angepasst.. Der schwärmt da halt immer so von... Ich mag halt das was ich als Erde betiteln würde wesentlich lieber... Kümmer mich noch nicht soo lange um meine Pflanzen (hab sie noch nicht so lange) von daher hab ich noch nie gedüngt in dem Sinne. Ich sehe nur bei diesem PlantTuber.. dass er regelmäßig düngt und auch Messgeräte besitzt um immer wieder zu kontrollieren dass er nicht zu viel oder zu wenig Düngerlösung beigibt. So wäre mir das wohl zu viel Aufwand. Kine Ahnung. Das heißt nicht dass ich niemals düngen werde müssen... Weiß nur noch nicht wie ich das handhabe - ohne mir solche Gerätschaften zwingend anschaffen zu müssen.. Sei es wie es sei, ich mach mir dann nochmal Gedanken wenn ich merke so langsam würde es aber mal Zeit - glaub ich...

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eieiei2  10.10.2021, 10:02
@DERstobbel

Langfristig muss es ohne Torf gehen, das ist klar. Bis dahin muss man halt damit anfangen, Torf überall wegzulassen, wo er leichter zu ersetzen ist als in einem kleinen Topf.

Torf als Bodenverbesserer im Garten, wie er früher in großen Mengen verwendet wurde, ist zum Beispiel komplett überflüssig und hält nichtmal was er verspricht. Hier fährt man mit Kompost und Kokosfaser echt besser. Wenn es nicht gerade ums Gemüsebeet geht, das man flächig bearbeiten können muss, ist auch Rindenmulch ein wunderbarer Bodenverbesserer im Garten. Man muss nur vor dem Einbau des Mulchs die Fläche mit Hornspänen düngen (wenig, ca. 2 Späne auf 1 dm²) , damit der Mulch nicht ewig rumliegt, sondern auf der kompletten Fläche kompostiert. Holz und Rinde enthält kaum Stickstoff. Für den bakteriellen Abbau ist aber Stickstoff nötig. Damit dieser Stickstoff nicht aus dem Boden gezogen wird und ein Mangel weder die Kompostierung noch das Wachstum der Pflanzen verhindert, muss man ihn zufügen. Und zwar in organischer, langsam verfügbarer Form, deswegen wie Hornspäne. Wenn der Rindenmulch zu mehr als der Hälfte verrottet ist arbeitet man ihn oberflächlich (maximal spatentief, eher flacher) ein und bringt neue Hornspäne und neuen Rindenmulch aus.

Aussaat- und Anzuchterde muss auch nicht aus reinem Torf bestehen, da kann man viel Sand beimischen, ohne irgendwelche Nachteile zu haben. Wieder was gespart.

Rein mineralische Substrate, die nach Bedarf aus verschiedenen Fraktionen gemischt werden, kann man sicher für viele Pflanzen verwenden. Ob das was taugt, hängt von den Ausgangsprodukten und dem Mischungsverhältnis ab. Allerdings sind auch nicht alle Ausgangsprodukte unbegrenzt verfügbar bzw. umweltfreundlich förder- und verarbeitbar.

Wenn man ständig messen und die Düngerdosierung anpassen muss, ist das Substrat ungeeignet. Es muss ja auch praxistauglich sein. Ständig messen udn korrigieren ist äußerst unpraktisch.

Am verlässlichsten düngt man als Bewässerungsdüngung. Es wird dabei dem Gießwasser jedes Mal Dünger im 0,x Promillebereich zugesetzt. Leider findet man bei Baumarktdüngern selten Dosierungsangaben für die Bewässerungsdüngung. Das muss man selbst recherchieren und von den Dosierungen von Düngern aus dem professionellen Gartenbau ableiten. Werr seine Pflanzen kennt und einen Blick für Wachstum und Blattfarbe hat, muss dabei nix messen.

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Jonas0099  10.10.2021, 10:23

Super geschrieben,sehe ich genau so.

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"Anders"

Das Substrat muss die Bedürfnisse der Pflanze decken und so mische ich meine substrate dann an.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Ich arbeite im gartenbau,Schwerpunkt Zierpflanzen

DERstobbel 
Beitragsersteller
 10.10.2021, 10:11

Schon aber die Bedürfniss können ja mit Erde oder mineralhaltigen Steinchen errecht werden (theoretisch) Was nimmst du?

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Jonas0099  10.10.2021, 10:13
@DERstobbel

Nein,die Bedürfnisse wirst du nie erfüllen,das sind nur Kompromisse die man mit etwas Aufwand halt eingehen kann.

Ich verwende selbst hergestellte Mischungen die je nach Pflanze aus Torf,Kompost,perlite,vermiculite,blähton und Sand bestehen.

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