Kabale und Liebe - Intention des Autors

1 Antwort

Hallo MrsHoran,

nur bezogen auf das frühere Frauen-und Männerbild?
Du hast zwar den Schritt in die richtige Richtung gesetzt, ich würde aber nicht zu weit stoplern.

"Dominant" passt sicherlich. Der Mann hatte in damaliger Zeit einfach Vorrecht und das höhere Ansehen, auch innerhalb eines Standes. "

Emotional", "Von Liebe gelbendet", "nicht realistisch" ist alles gefährlich, alleine so stehen zu lassen. Schiller fragt in "Kabale und Liebe" ja gerade nach der Grenze der persönlichen Freiheit. Auf der einen Seite stehen natürliche Menschentriebe (Schiller hat hier leider wieder die Liebe gewählt..) und auf der anderen Seite kulturell erschaffene Gesellschaftszwänge (bei Schiller die Standessitten). Das Buch als Verteter von Sturm und Drang setzt genau auf diesen Konfliktpunkt den Finger und fragt den Leser: "Was haben wir da nur für einen kulturellen Blödsinn begangen. Man muss doch nach persönlicher Überzeugung und menschlicher Überzeugung so lieben dürfen, dass man nicht mit Gesellschaftsnormen aneckt. Die Relativierung kommt später durch den Mord. Wo endet diese Freiheit, Ferdinand ist darin zu weit gegangen." Die Frage des Buches also: Wo ist die Grenze? Und es ist ja wieder eine moralische, eine gesellschaftliche. Schiller hätte wahrscheinlich gesagt, es ist eine moralische, liebende, die einfach jedem Menschen innewohnt, die er selbst erkennen muss. Fast schon wie in der Klassik :D Ist Blödsinn, lässt sich für eine Interpretation gut verwenden.
Vorauf ich damit hinaus will: Ja, Ferdinand ist emotional, von Liebe gebländet und unrealistisch, ABER.. Die Frage geht doch eher in die Richtung, WARUM man nicht so sein darf. Wie emotional darf man leben? Wo ist der Fehler und wo die Grenze? Was verhindert das und wieso sollte man denn auch nicht für solche Ideale einstehen? Statt "emotional, von Liebe geblendet, nicht realistisch" könntest du ebenso "idealistisch, zielstrebig, passionistisch, rebellisch" verwenden. Ich hoffe, du merkst, auf was ich hinaus will. Vielleicht passt das nicht mehr direkt zum Frauenbild, aber ich wollte mal zeigen, dass man gerade mit solchen Formulierungen einfach aufpassen muss.

Was Lehrer am Anfang auch immer ganz gerne hören:

  • "Ich muss noch nicht mal den Text lesen, ich brauch nur kurz draufschauen und seh schon, dass der Mann über den doppelten Sprechanteil hat."
  • Luise will am Anfang gar nichts sagen. Erst auf seine ausdrückliche, wiederholte Forderung gesteht sie ihre Sorgen. Würde Ferdinand nicht auf sie eireden, würde sie ihm stillschweigend das Steuer überlassen.
  • Vielleicht kann man noch auf die Regieanweisungen zu sprechen kommen und damit zeigen, dass es Luise ist, die immer mehr den körperlichen Abstand sucht, obwohl Ferdiand die Nähe und Verbundenheit nahezu einfordert.
  • Luise als Frau hat die Angst. Ferdinand in der Männerrolle muss den Mut und die Furchtlosigkeit beweisen (sich selbst und Luise), während diese (wie du schon sagtest) gezwungen ist, mit dem Verstand zu arbeiten. Trotzdem wird sie später genauso mit in das Übel gezogen.
  • Interessant auch, wie die Szene endet: Luise hat nur ganz am Ende mal mehr Gesprächsanteil und ist dann auch die Gesprächsbeendende. Sie flieht vor dem Übermut des Mannes, um sich selbst zu schützen. Eine andere Möglichkeit hat sie nicht, als ihn von sich zu stoßen.

Ein paar Überlegungen und Anregungen am Rande. Ich hoffe, sie kommen nicht zu spät ;-)

Beste Grüße,
Balu


MrsHoran1995 
Beitragsersteller
 26.09.2013, 15:12

Vielen Dank :) Wirklich eine sehr gute Antwort, die mir auch in der Klausur weiterhelfen wird :) !!

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