Themenspecial 11. November 2020
Missbrauchsprävention
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Internetkontakte: Eltern als Ansprechpartner für Kinder?

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Hallo Wortmaus,

das ist eine spannende Frage, weil sie das Internet nochmal als einen besonderen Bereich herausstellt. Gerne gehen wir darauf ein. Vorab möchten wir jedoch so ganz grundsätzliche Dinge erwähnen, die unserer Erfahrung nach wichtig sind, um mit Kindern (zu egal welchem Thema) gut im Gespräch zu bleiben. 

Unserer Erfahrung nach ist es vor allem und ganz grundsätzlich wichtig, eine vertrauensvolle Beziehung zu seinem Kind aufzubauen. Kinder sollten wissen und erfahren, dass sie mit allen Themen und Sorgen zu ihren Eltern gehen können, dass sie von ihnen ernst genommen werden und dass sie sich bei ihnen für nichts schämen müssen. Es geht ganz grundsätzlich um eine präventive Erziehungshaltung - geprägt von gegenseitigem Vertrauen, Achtung und Wertschätzung. Und es geht darum, Kindern immer wieder Gesprächsangebote zu machen: Interessieren Sie sich für ihr Kind und fragen Sie regelmäßig, wie es Ihrem Kind geht. Halten Sie aus, wenn ihr Kind traurig ist und seien Sie gerade dann für Ihr Kind da. Ist etwas Blödes passiert, dann trösten Sie Ihr Kind. Uneingeschränkt. Ohne Vorwürfe. Und ohne Sätze wie „Ich hatte dir ja gesagt, dass du das nicht machen sollst….“.  Sprechen Sie - altersgerecht - mit Ihrem Kind über Gefühle, den Körper, Berührungen,  Grenzen, gute und belastende Geheimnisse - und auch über Gefahren im Internet. Ihr Kind muss wissen, wo es sich Hilfe holen kann, wenn es in Not ist. Und es muss wissen, dass Hilfe holen wichtig ist - kein Petzen. 

Bezogen auf das Internet ist unserer Erfahrung nach besonders wichtig, dass Kinder sorgsam an das Medium herangeführt werden und erleben, dass sich ihre Eltern dafür interessieren (im positiven Sinne). Für viele Eltern ist das Internet ein “rotes Tuch”. Häufig fallen in Familien Sätze wie “...sonst gibt es Internet-Verbot” oder “dann nehme ich dir das Handy weg”. Das zeigt Kindern lediglich, dass ihre Eltern sie und ihre Lebenswelt nicht verstehen und alles, was mit Internet und Handy zu tun hat, eher blöd und unnütz finden. Lieber halten sie das Handy und alle Internet-Kontakte also von ihnen fern, um Konflikte zu vermeiden. 

Signalisieren Sie Ihrem Kind, dass Sie kaum einen Unterschied machen, was analoge Kontakte und Internet-Kontakte angeht. Interessieren Sie sich dafür ebenso, wie Sie sich für die Freunde aus der Klasse interessieren - ohne natürlich dabei zu aufdringlich zu sein. Je nach Alter Ihres Kindes ist es aus unserer Sicht wichtig, die Kontakte tatsächlich auch regelmäßig zu “kontrollieren”. Damit meinen wir nicht, heimlich die Nachrichten zu lesen, sondern regelmäßig darüber zu sprechen und nachzufragen. Signalisieren Sie ehrliche Offenheit für Probleme und sprechen Sie sehr deutlich auch über die Risiken, die es im Internet leider (neben all dem Gutem) gibt.  

Sexuelle Übergriffe im Internet erleben leider sehr viele Kinder und Jugendliche - schlichtweg weil Täter und Täterinnen diesen Kontext für sich entdeckt haben und die Bedingungen gewissermaßen ideal sind. Sie können sich im Internet hinter einem anderen Profil verstecken, sie kommen im Internet schnell in Kontakt mit Kindern, sie finden im Internet Fotos und Filme, sie können reale Treffen mit Kindern vereinbaren - ohne dass die Eltern überhaupt nur eine Ahnung davon haben (müssen). Viele Kinder sind zudem im Internet mutiger als sonst. Sie haben das Gefühl, alles Mögliche ausprobieren zu können – ohne dass dann wirklich etwas Schlimmes passiert. Sie unterschätzen dabei jedoch die technischen Möglichkeiten und das perfide, manipulative Vorgehen der Täter und Täterinnen – letztlich genau wie viele Eltern selbst auch.

Wenn Kinder sexuellen Missbrauch erfahren, fällt es ihnen immer schwer, darüber zu sprechen und sich anzuvertrauen. Dafür gibt es viele verschiedene Gründe. Wenn Kinder im Internet sexuell missbraucht werden, ist es häufig noch schlimmer - so unsere Erfahrung. Zum einen haben sie häufig etwas getan, was sie eigentlich nicht tun sollten. Das Internet verleitet dazu, Grenzen zu überschreiten, die man in der analogen Welt definitiv einhalten würde. Zum anderen ist die Scham oftmals noch viel größer, weil sie den Eltern Fotos und Gesprächsabläufe zeigen müssten.

Doch auch im Internet trifft Kinder keine Schuld für sexuelle Übergriffe. Das ist wichtig zu berücksichtigen bei jedem Gespräch mit Ihrem Kind. Auch wenn Sie Ihr Kind gewarnt oder bestimmte Dinge konkret verboten hatten, ist es wichtig, vor allem zu loben und zu bestärken, dass es sich ihnen anvertraut hat. 

Viele hilfreiche Informationen finden Sie auf der Website des Vereins “Innocence in Danger” (www.innocenceindanger.de). Dort gibt es einen Bereich für Kinder und einen für Eltern.  Schauen Sie sich gemeinsam die Informationen an uns sprechen Sie darüber. Dann wird es Ihrem Kind sehr viel leichter fallen, zu erzählen, wenn etewas komisch ist. Super sind auch die Informationen von “klicksafe”. Unter www.klicksafe.de gibt es richtig gute Materialien, die sowohl Eltern als auch Kinder unterstützen.

Viele Grüße vom N.I.N.A.-Team!