Hat Feuer eine Seele/Ist Feuer ein Lebewesen?

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Behauptungen, die in diese Richtung gehen, hat es von Heraklit/Herakleitos und von mehreren Stoikern (z. B. Zenon aus Kition und Kleanthes aus Assos) gegeben.

Feuer (πῦρ pyr]) erscheint dabei zugleich als etwas Stoffliches, als eine Art schaffende Kraft oder Energie und als ein Gesichtspunkt einer die Welt durchwaltenden Vernunft, die lebendig/beseelt und göttlich ist.

Heraklit/Herakleitos hat seinem Werk wohl keinen Titel geben, sondern es wird erst später Heraklit/Herakleitos Περὶ φύσεως (Peri physeos = Über die Natur) genannt. Nur Bruchstücke sind als Zitate erhalten, ein Besatndteil in den gesammelten Fragmenten der Vorsokratiker (FVS), unter anderem in einer Standardausgabe von Hermann Diels und Walther Kranz (DK).

Bruchstücke/Fragmente der alten Stoiker enthält die Sammlung Stoicorum veterum fragmenta (SVF), die Hans von Arnim zusammengestellt hat.

Der griechische Philosoph Heraklit/Herakleitos (altgriechisch: Ἡράκλειτος), etwa 545 – 540 v. Chr. geboren und etwa 480 v. Chr. gestorben (es gibt aber auch andere Datierungen), lebte in Ephesos, einer Stadt in Kleinasien, und stammen aus einer alten aristokratischen Familie. Er hat ein Exemplar seines philosophischen Werkes als Weihgabe im Artemis-Tempel von Ephesos hinterlegt.

Nach Heraklits Deutung liegt der Welt eine Prozeßhaftigkeit zugrunde, wobei er offenbar auch eine Lehre von der Einheit der Dinge und dem Zusammenfallen der Gegensätze vertreten hat. Die sich verändernde Welt versteht Heraklit unter anderem als Feuer (πῦρ [pyr]) und hebt dieses als umwandelnd hervor, in Wendungen der Weltprozesse. Der in und zwischen Gegensätzen verlaufende Prozeß ist nach Heraklits Auffassung zugleich Teil einer umfassenden Herrschaft des Logos (λόγος). Der Logos bei Heraklit ist teils Weltprinzip in Form eines vernunftbegabten, feuerähnlichen (bzw. wie ein Glutwind/Äthern seienden), unveränderlich mit sich identischen Urstoffes, teils mächtiges allgemeines Weltgesetz, teils alles durchwaltende Weltvernunft bzw. Weltseele.

Das Feuer ist wohl der Logos unter stofflich-physikalischem Gesichtspunkt. Es kommt dem Begriff der Energie nahe. Ob Heraklit aber tatsächlich einen modernen Energie-Begriff mit einer Äquivalenz von Energie und Materie hatte, ist unsicher. Nach Heraklit ist das Feuer das, was dem Kosmos (die Welt, die Weltordnung), der für alle derselbe (also ein einziger) ist, als Seiendes und Einheitliches zugrundeliegt.

FVS DK 22 B 30: κόσμον τόνδε, τὸν αὐτὸν ἁπάντων, οὔτε τις θεῶν οὔτε ἀνθρώπων ἐποίησεν, ἀλλ' ἦν ἀεὶ καὶ ἔστιν καὶ ἔσται πῦρ ἀείζωον, ἁπτόμενον μέτρα καὶ ἀποσβεννύμενον μέτρα.

„Diesen Kosmos, denselben aller, hat weder irgendeiner der Götter noch der Menschen geschaffen, sondern er war immer und ist und wird sein immerlebendes Feuer, entflammend nach Maßen und erlöschend nach Maßen.“

Stoiker

Zenon aus Kition nimmt eine erste Materie/Urmaterie/Ursubstanz an, die Feuer ist. Dieses Feuer ist nicht Feuer wie das Element Feuer nch wie das alltägliche Feuer, das seinen Brennstoff in sich verwandelt, sondern durch Wärme wachsenlassende und bewahrende Feuer. Das gestaltende Feuer ist zugleich auch Seele und als solche vernunftbegabt (SVF 1, 120).
Das die ganze Welt durchdringende Feuer wird als feurige Weltseele verstanden.

Kleanthes aus Assos versteht die Welt als Eimheit und deutet die Welt physikalisch als ein sich selbst steuerndes System, vitalistisch als einen lebndigen Organismus und pantheistisch als von Gott vollkommen durchdrungen und gelenkt und daher letzlch als Gott bzw. göttlich.
Chrysippos aus Soloi hat die Lehre etwas abgewandelt. Pneuma (πνεῦμα) entsteht beim Übergang des Feuers in die Luft als ein warmer Hauch.
Stoiker deuten Gott vernunftbegabt als kunstgemäß gestaltendes Feuer (SVF 2, 1027).

Cicero, De natura deorum 1, 24 [37]:

Cleanthes autem, qui Zenonem audivit una cum eo, quem proxime nominavi, tum ipsum mundum deum dicit esse, tum totius naturae menti atque animo tribuit hoc nomen, tum ultimum et altissimum atque undique circumfusum et extremum omnia cingentem atque conplexum ardorem, qui aether nominetur, certissimum deum iudicat;

Marcus Tullius Cicero, Vom Wesen der Götter : lateinisch-deutsch. Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Olof Gigon und Laila Straume-Zimmermann. Zürich ; Düsseldorf : Artemis & Winkler, 1996 (Sammlung Tusculum), S. 35:

„Kleanthes wiederum, der Zenon gehört hat, und zwar gleichzeitig mit jenem, den ich soeben genannt habe, behauptet bald, daß die Welt selber Gott sei, bald gibt er diesen Namen dem Geist und der Seele der ganzen Natur, dann erklärt er auf das bestimmteste, daß Gott das letzte, höchst , überall hin ausgegossene und äußerste, alles umgürtende Feuer sei, daß man Äther nennt.“

Cicero, De natura deorum 2, 46 [118] (über die Auffassung des Stoikers Panaitios) :

ita relinqui nihil praeter ignem, a quo rursum animante ac deo renovatio mundi fieret atque idem ornatus oreretur.

Marcus Tullius Cicero, Vom Wesen der Götter : lateinisch-deutsch. Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Olof Gigon und Laila Straume-Zimmermann. Zürich ; Düsseldorf : Artemis & Winkler, 1996 (Sammlung Tusculum), S. 187:

„So bleibe schließlich nichts übrig außer dem Feuer. Dieses sei freilich selbst ein lebendigen und göttlichen Wesen und von ihm gehe die Erneuerung des Kosmos aus, und es entstünde wieder dieselbe Ausstattung.“

Stoa und Stoiker : griechisch - lateinisch – deutsch. Auswahl der Fragmente und Zeugnisse, Übersetzung und Erläuterung von Rainer Nickel. Düsseldorf : Artemis & Winkler, 2008 (Sammlung Tusculum), S. 373

321 SFV II 1050 = Porhyrius de anima apud Eusebium pr. Ev. VI p. 818c

„Die Stoiker scheuen sich nicht, Gott als «vernünftiges Feuer» zu bezeichnen und ewig brennen zu lassen und außerdem noch zu behaupten, dass es alles vernichte und verzehre, weil es ein solches Feuer sei, wie das uns bekannte, und Aristoteles zu widersprechen, der es vermeidet zu sagen, dass der Äther aus derartigem Feuer bestehe. Wenn man aber von ihnen verlangt zu erklären, wie ein solches Feuer fortdauern kann, dann sagen sie nicht, das es anders sei als unser Feuer, sondern behaupten, das es genau so wie unser Feuer sei, und verlangen, das man ihnen glaube, wenn sie es sagen, und mit diesem unvernünftigen Glauben verknüpfen sie noch, dass das Feuer auch ewig sei, obwohl sie feststellen, das sich auch der Äther teilweise entzünde und in Flammen aufgehe. Aber was könnte man noch weiter vorbringen, wenn man einerseits ihre Blindheit hinsichtlich ihrer eigenen Lehrmeinung, andererseits gegen ihren Leichtsinn und ihre Nichtachtung hinsichtlich der Erkenntnisse der Alten ausführlich vorgehen wollte?“

Stoa und Stoiker : griechisch - lateinisch – deutsch. Auswahl der Fragmente und Zeugnisse, Übersetzung und Erläuterung von Rainer Nickel. Düsseldorf : Artemis & Winkler, 2008 (Sammlung Tusculum), S. 457

425 SVF I 154 = Cicero ac. Pr. II 126

„Zenon und fast allen anderen Stoikern scheint der Äther (das himmlische Feuer) der höchste Gott und mit einer Vernunft begabt zu sein, von der alles gelenkt wird.“

Die sogenannten Vorsokratiker und Naturphilosophen haben sich noch in starken mythischen Bildern ausgedrückt, um die Wesenszüge des ewigen Seins auszudrücken. Heraklit aus Ephesus hat dazu das Bild des Feuers gewählt und lag damit aus heutiger Sicht, wenn wir Feuer durch Energie ersetzten und sagen - Die Welt ist sich ständig wandelnde und verwandelnde Engerie - gar nicht so falsch. Auch unsere Seelen und die Götter sind seiner Ansicht nach nur eine besondere Form von Feuer.

Die Aussage Feuer ist ein Lebewesen ist gar nicht so abwegig. Feuer hat einen Stoffwechsel, reagiert auf äußere Reize, bewegt sich fort, Kann sich durch funken Fortpflanzen und sich sogar selbst entzünden. Viele Merkmale die ein Lebewesen ausmachenhat Feuer auch obwohl es natürlich nicht wirklich lebendig ist. So einfach ist es gar nicht Merkmale eines Lebewesens zu deffinieren.  Wenn zb Fortpflanzung ein unbestreitbares Merkmal ist dann wären männliche Maultiere oder Liger nicht lebendig weil sie Unfruchtbar sind. Und sie sind auf jeden Fall lebendig.  Für eine unsterbliche Seele aber gibt es weder Beweise noch spärliche Indizien.