hannibal - wurde er wirklich von seinen leuten verraten?

2 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Jweiß man nicht.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Weiterbildung

Die Frage enthält keinen Hinweis, woran dabei gedacht ist.

Hannibal ist nicht von seinen eigenen Soldaten verraten worden. Es hat höchstens in ungünstiger Lage ein paar Überläufer gegeben. Nach einer römischen Darstellung hat Hannibal 216 v Chr. bei der Belagerung von Nola durch einen Ausfall eine schwere Niederlage erlitten, drei Tage später seien 272 numidische und hispanische Reiter zum dortigen römischen Befehshaber Marcus Claudius Marcellus übergelauhen (Livius 23, 46, 2 – 6) bzw. mehr als 300 (Plutarch, Marcellus 12, 2 – 3). Allerdings ist der Wahrheitsgehalt zweifelhaft, der römische Erfolg scheint übertrieben worden zu sein, nach Polybios 15, 16, 5 ist Hannibal vor der Schlacht bei Zama unbesiegt gewesen (was nur mit kleineren Misserfolgen noch vereinbar ist).

Hannibal hatte anscheinend einige starke Gegner unter vornehmen Karthagern, aber er ist während des zweiten Punischen Krieges (218 - 201 v. Chr.) nicht von der Regierung und den wichtigen politischen Institutionen (Sufeten und andere Amtsinhaber, Senat [Ratsversammlung], Volksversammlung) in Karthago verraten worden. Beim Kriegsausbruch hatte er Rückendeckung aus Karthago, nach eigenem Ermessen entscheiden zu können, und eine Forderung einer römischen Gesandtschaft nach Auslieferung Hannibals, mit der Drohung einer Kriegserklärung verbunden, wurde dort abgelehnt. Erörtert werden kann, ob Hannibal von der karthagischen Heimat ausreichend unterstützt worden ist. Er hat etwas an Verstärkungen bekommen. Italien war nicht der einzige Kriegsschauplatz, sondern Karthago hat sich auch um die iberische Halbinsel, Sizilien, Sardinien und Korsika und Afrika bemüht. Überlegt werden kann, wann Truppen in welcher Gegend am chancenreichsten hätten eingesetzt werden können. Hannibal ist aber nicht von den eigenen Leuten verraten worden bzw. von der Heimatregierung einfach im Stich gelassen worden. Livius 28, 42, 18 enthält in einer Rede des Politikers Quintus Fabius Maximus für den Endphase des Krieges in Italien die Aussage, Hannibal habe vergeblich Hilfe gefordert, aber die vom Geschichtschreiber frei ausgestaltete Rede richtet sich gegen einen von Publius Cornelius Scipio vorgelegten Plan, in Nordafrika Krieg zu führen und kann nicht als zuverlässige Tatsachenbeschreibung gelten. Belege für eine Verweigerung von verlangten Verstärkungen für Hannibals Armee in Italien enthält die erhaltene Überlieferung ansonsten nicht.

Die Aussage eines antiken Autors über eine Schwächung Hannibals aus Missgunst ist daher anfechtbar.

Cornelius Nepos, Hannibal 1, 2:

nam quotienscumque cum eo congressus est in Italia, semper discessit superior. quod nisi domi civium suorum invidia debilitatus esset, Romanos videtur superare potuisse. sed multorum obtrectatio devicit unius virtutem.

Cornelius Nepos, Kurzbiographien und Fragmente. Lateinisch und deutsch herausgegeben von Hans Färber. München : Heimeran, 1952 (Tusculum-Bücherei), S. 122:

„So oft er auf dem Boden Italiens mit ihm zusammenstieß, immer blieb er Sieger; hätte nicht die Heimat durch den Neid der eigenen Mitbürger seine Kraft gelähmt, er hätte wohl die Fähigkeiten gehabt Rom niederzuringen; aber die Eifersucht der vielen brachte den einen um den Erfolg seiner Leistung.“

Cornelius Nepos : lateinisch-deutsch. Herausgegeben von Gerhard Wirth. Amsterdam : Hakkert, 1994, S. 257:

„Denn sooft es mit ihm in Italien im Kampf zusammengeriet, stets ging er als Sieger hervor, und es scheint, daß er der Mann gewesen wäre, die Römer zu besiegen, hätte ihn nicht die Mißgunst seiner Mitbürger seiner Kraft beraubt.“

Verräterisch haben einige innenpolitische Gegner gehandelt, als Hannibal ungefähr 196 v. Chr. als Sufet erfolreich in der Volksversammlung beantragte, die Amtszeit von Richtern eines hohen Gerichtshofes auf 1 Jahr zu begrenzen und er zur Verbesserung der Staatsteinkünfte Maßnahmen gegen Nachlässigkeit und Korruption einiger vornehmer und Ämer ausübender Karthager ergriff. Gegner beschuldigten Hannibal verleumderisch bei führenden Politikern in Rom (die sich mehrheitlich rachsüchtig verhielten), in Verbindung mit dem Seleukidenkönig Antiochos III. Krieg zu planen. Hannibal floh, um einer möglichen Auslieferung zu entgehen, seine Besitztümer wurden eingezogen, sein Haus wurde zerstört, er selbst zu Verbannung verurteilt (Livius 33, 45 – 49; Cornelius Nepos, Hannibal 7, 4 – 7, 7).

Pedro Barceló, Hannibal. Originalausgabe. 2., überarbeitete Auflage. München : Beck, 2003 (Beck'sche Reihe ; 2092 : C. H. Beck Wissen), S. 100 - 101:

„Hannibals energisches Eintreten für mehr Steuergerechtigkeit und eine effizientere Finanzverwaltung verschaffte ihm nicht nur Freunde. Einige einflußreiche Mitglieder der karthagischen Führungsschicht, die an den von Hannibal aufgedeckten Korruptionsaffären beteiligt gewesen waren, sannen auf Rache. Sie wollten ihn aus Karthago entfernen. Zu diesem Zweck inszenierten sie in Rom eine Diskreditierungskampagne gegen Hannibal, dem sie vorwarfen, im Bunde mit dem seleukidischen König Antiochos III. eine Koalition von Romfeinden zu schmieden. Die Römer hörten die gegen Hannibal vorgetragenen Beschwerden nicht ungern, verschafften sie ihnen doch eine Handhabe, dem gefürchteten Feind zu schaden. Mit Ausnahme von Scipio, der Größe bewies, als er die Haltlosigkeit der Beschuldigungen erkannte und um Mäßigung bat, lieh die Mehrheit des Senats den Gerüchten Gehör. Eine römische Delegation brach nach Karthago auf, um die Auslieferung Hannibals zu verlangen. Dieser, der sich über den Ernst der Lage im klaren war, entzog sich der drohenden Verhaftung durch die Flucht (Sommer 195 v. Chr.).

Diese Vorgänge markieren einen dramatischen Tiefpunkt im Leben Hannibals und in der Geschichte Karthagos. Etwa zwanzig Jahre zuvor, als Hannibal Stratege in Hispanien gewesen war, erschien schon einmal eine römische Gesandtschaft in in Karthago, um seine Auslieferung zu fordern. Voller Selbstbewußtsein wies damals der karthagische Rat das Ansinnen ab und zeigte sich bereit, lieber einen Krieg in Kauf zu nehmen, als den Römern willfährig zu sein. Jetzt traten die römischen Gesandten wie Herren in in Karthago auf, und die Mitglieder des karthagischen Rates kollaborierten mit ihnen bis an die Grenze der Selbstverleugnung. Das Vermögen des geflüchteten Hannibal wurde eingezogen, sein Haus dem Erdboden gleichgemacht. Die Erinnerung an die Barkidenfamilie sollte ausgelöscht werden, und die karthagischen Behörden halfen dabei mit.“