Haben Affen extra Schambehaarung?

2 Antworten

Interessant ist, dass keine einzige Säugetierart außer dem Menschen eine gesonderte Schambehaarung hat. Das Gegenteil ist sogar der Fall. Gerade die Stellen, die bei uns augenscheinlich besonders stark behaart sind, sind beispielsweise bei Schimpansen, die ja unsere "haarigen Vettern" sind, eher weniger stark behaart, z. B. die Achseln. Auch die Genitalregion der Schimpansen weist keine besondere Behaarung auf, die unserer Schambehaarung ähneln würde.
Übrigens sind Schimpansen eigentlich gar nicht wirklich haariger als Menschen. Jedenfalls, wenn man nach der Anzahl der Haare auf dem Körper geht. Denn auch beim Menschen ist nahezu der gesamte Körper mit Haaren bedeckt, lediglich die Handinnenflächen und die Fußsohlen sind von Natur aus haarfrei. Die meisten Haare unserer Körperbehaarung sind aber sehr viel kürzer und feiner als das bei anderen Primaten der Fall ist, dadurch entsteht der Eindruck der Nacktheit. Diese Haare sind zum größten Teil Vellushaare ("Flaumhaare"), die überall auf unserer Körperoberfläche wachsen, z. B. am Bauch und kaum sichtbar sind - man muss schon sehr genau hinsehen, um sie zu entdecken.

Warum kam es aber zu einer derartigen Reduktion der Körperbehaarung beim Menschen? Wahrscheinlich setzte der Verlust unseres Fells bereits beim Homo erectus ein. Der Homo erectus war der erste Mensch, der eine ausgeprägte Jäger-Kultur entwickelte. Sie waren zunächst vor allem Hetzjäger, d. h. sie verfolgten ihre Beute über weite Distanzen, so eine Jagd konnte gut und gerne länger als eine Stunde dauern und dabei mussten die Menschen schnell und vor allem ausdauernd laufen können. Die San in Südafrika, die so genannten Buschleute, führen bis heute noch eine sehr ähnliche Lebensweise. Die Hetzjagd ist aber ein kräftezehrender Prozess und vor allem entsteht als Nebenprodukt beim Verbrennen der Energie viel Wärme. Um nicht an einem Hitzschlag zu sterben, musste deshalb ein Kühlsystem her. Um die überschüssige Wärme los zu werden, schwitzten die Menschen. Das funktioniert aber nur, wenn unsere Haare die Verdunstung des Schweißes auf unserer Haut nicht behindern. Pferde haben dieses Problem auf andere Weise gelöst, ihr Schweiß ist von schleimiger Konsistenz und haftet daher gut im Fell, der menschliche Schweiß ist aber sehr wässrig und dieser Trick würde bei uns nicht klappen. Also wurde die Behaarung reduziert und der Schweiß konnte unseren Körper sehr effizient abkühlen. Außerdem wirken ja auch die Haare selbst isolierend, weniger Haar bedeutet weniger Isolierung und damit eine effizientere Wärmeabgabe.

Ab der Pubertät werden unter der Einwirkung des Hormons Testosteron an bestimmten Stellen die Vellushaare in die deutlich sichtbaren Terminalhaare umgewandelt, es entsteht dann, bei beiden Geschlechtern die Scham-, Achsel-, Arm- und Beinbehaarung und bei Männern auch die Behaarung im Gesicht, auf der Brust und am Bauch usw.

Warum bildet sich ausgerechnet an diesen Stellen die Körperbehaarung aus? Es gibt mehrere verschiedene Erklärungen.
Zum einen stellen vor allem die Behaarung unter den Achseln und im Schambereich einen wichtigen Friktionsschutz dar. Sie wachsen ja in Hautfalten, wo ohne sie sonst nackte Haut auf nackter Haut reiben würde. Das kann aber unangenehme Folgen haben, denn wenn die Haut zu stark aneinander reibt, kann das zu unangenehmen und schmerzhaften Hautreizungen führen. Die Haare wirken dann an diesen Stellen wie ein Puffer und mindern die Reibung. Das spielt heute vielleicht kaum noch eine Rolle, wir bewegen uns schließlich nicht mehr so viel wie unsere Vorfahren, denn heute leben die meisten Menschen kaum noch als Hetzjäger, die viel rennen müssen. Daher ist der Reibungsschutz heute vernachlässigbar und es ist ziemlich egal, ob wir diese Haare haben oder beispielsweise aus ästhetischen Gründen rasieren.

Ein weiterer Grund könnte sein, dass die Schambehaarung dazu gedient haben könnte, den natürlichen Körpergeruch zu intensivieren. Es gibt zahlreiche Untersuchungen, die belegen, dass der Körpergeruch bei der Partnerfindung eine wichtige Rolle spielt. So hat man z. B. herausgefunden, dass wir anhand des Körpergeruchs erschnüffeln können, ob ein Partner oder eine Partnerin ein zu unserem eigenen möglichst konträres Immunsystem hat, wodurch die Variabilität des Immunsystems des gemeinsamen Nachwuchses gesteigert werden kann.
Viele Haare bedeuten eine Vergrößerung der Oberfläche und eine bessere Verdunstung, dadurch ist es möglicherweise leichter, den Körpergeruch einer Person zu erriechen. Allerdings: vielfach wird erwähnt, die Schamhaare seien vor allem dazu da, bestimmte Sexuallockstoffe (so genannte Pheromone) auszusenden. Ob das wirklich so ist, muss aber stark bezweifelt werden. Zwar kommen bei vielen anderen Säugetieren spezielle Pheromone mit dieser Wirkung vor. Beim Menschen konnte bislang ein spezifisches Sexualpheromon aber nicht identifiziert werden und anders als anderen Säugern fehlt uns auch ein Organ (das Vomeronasal- oder Jacobon-Organ), mit dem wir diese Pheromone detektieren könnten. Die Schamhaare sollten daher wohl eher allgemein der Intensivierung des Körpergeruchs als einer spezifischen Lockwirkung durch Sexualpheromone dienlich sein.

Und schließlich gibt es noch eine dritte Erklärung. Es ist auffällig, dass sich die deutlich sichtbare Behaarung bekanntlich erst ab der Pubertät ausbildet. Sie zählt damit zu den sekundären Geschlechtsmerkmalen und signalisiert körperliche Reife. Auf den Punkt gebracht heißt das: Menschen mit Schamhaaren sind fruchtbar, Menschen ohne sind es (zumindest biologisch betrachtet) nicht. Wenn man so will, erfüllt die deutlich sichtbare Körperbehaarung dann keinen anderen Zweck als zu erkennen, wie geeignet jemand als Partner ist. Ansonsten wäre sie recht nutzlos und würde keine besondere Aufgae erfüllen. Ich kann mir gut vorstellen, dass das z. B. für die Brustbehaarung des Mannes zutrifft. Sie ist ein eindeutiges Signal dafür, dass ein Mann sexuell reif ist, aber ein weiterer Nutzen will mir partout nicht einfallen. Dafür spricht auch, dass Frauen in der Regel keine sichtbaren Brusthaare haben. Gäbe es einen anderen biologischen Nutzen, würden auch Frauen welche haben und davon profitieren können. So gesehen ist die Brustbehaarung des Mannes das, was das Rad für den Pfau oder das Geweih für den Hirschbullen ist - schmückendes Beiwerk ohne sonderlichen Nutzen und ausschließlich dazu da, den Frauen zu imponieren.

Allerdings: interessant ist, dass in vielen Kulturkreisen Frauen Männer mit wenig oder gar keine Körperbehaarung bevorzugen. Vor allem in der industrialisierten westlichen Welt mögen Frauen tendenziell eher unbehaarte Männer. In noch stärkerem Ausmaß gilt das für Frauen, in unserer Gesellschaft ist es für Frauen so selbstverständlich geworden, sich die Beinhaare und die Achseln zu rasieren, dass man gerneralisierend sagen kann, dass beinahe jede Frau rasiert ist. In jüngster Zeit ist auch die Entfernung der Schamhaare üblich geworden, vor allem bei Frauen aber auch bei Männern.
Auch hierfür haben Evolutionsbiologen eine Erklärung. In der Vergangenheit hatten Menschen nicht permanent den Zugang zu sauberem Wasser. In den Haaren leben aber sehr gerne Ektoparasiten wie die Kleiderlaus und, insbesondere im Schambereich, die Filzlaus. Möglicherweise bevorzugen wir daher deshalb möglichst haarlose Körper, weil die nicht so leicht von Parasiten befallen wurden. Heute spielt das zwar keine Rolle mehr, denn es ist heute dank der hygienischen Versorgung leicht, sich vor Parasiten zu schützen. In unser evolutionäres Erbe könnte diese Bevorzugung aber bis heute noch eingeprägt sein.
Wobei aber anzumerken ist, dass hier mit Sicherheit auch kulturelle Einflüsse eine große Rolle spielen.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium, Universität Leipzig

vermutlichtot 
Beitragsersteller
 08.01.2020, 15:25

Sehr interessanter Text, vielen Dank

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ottille59  17.08.2020, 23:32

die haben am ganzen körber die

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Nein, sie haben generell Fell. Die Schambehaarung des Menschen ist ein Überrest des Fells das wir einmal hatten und welcher sich durch diverse Vorteile bei unseren frühen Vorfahren, erhalten hat.