Habe so Angst, ihn zu verlieren bzw. dass ich ihm zu viel werden könnte, und das macht mich absolut fertig. Aber ich will nicht, dass es mich fertig macht?

2 Antworten

Liebe Blossom625,

Du hast sehr ausführlich geschrieben, was Dir so zu schaffen macht, und das macht es in diesem Falle, denke ich, tatsächlich leichter, einen Ansatzpunkt zu finden.

Dieser Ansatzpunkt findet sich nach meinem Dafürhalten gleich in Deinem ersten Satz: »… und gerade da ich in meinem Leben schon so einiges durchmachen musste«. Du sagst nicht, was genau Du erlebt hast. Ich halte es jedoch dennoch für den Ursprung Deiner massiven Verlustangst. Jedenfalls: Wenn wir uns in einem richtigen Gespräch befänden, uns einander gegenübersitzen könnten, dann würde ich Dich ganz sicher nach diesem »so einiges« fragen, damit Du erzählen könntest, was Du damals alles erlebt hast, durchgemacht hast, erlitten hast. Denn insbesondere wenn Du ‒ um mit alledem besser leben zu können ‒ seinerzeit keine Therapie gemacht haben solltest, können diese Erlebnisse von damals noch immer ihre Schatten auf Dein jetziges Leben werfen, und das sogar mit Leichtigkeit. Du merkst das daran, dass Du schreiben konntest, diese kostbare Partnerschaft womöglich sogar zu beenden bereit zu sein, damit, trotz der Glaubwürdigkeit Deines Freundes, nur ja auch nicht einmal die Winzigkeit der Möglichkeit bestehen kann, verlassen und verletzt zu werden.

Diese depressiv gefärbte Grundstimmung, die aus Deiner Befürchtung deutlich spricht, ihm womöglich jederzeit »zuviel« werden zu können ‒ Du als Person, als »Ganzes«, insgesamt ‒ hält Dich ja zur Zeit sehr fest mit ihrer Faust gepackt. Und so wie ich einschätze, was Du geschrieben hast, wirst Du am ehesten wieder Boden unter die Füße bekommen können, wenn Du Dich in einer Therapie dabei begleiten lässt, die von der angedeuteten Erlebnisse von damals noch einmal durchzugehen und aufzuarbeiten. Es wäre aus meiner Sicht nicht nur für Dein eigenes Leben allein eine zentral wichtige Entlastung, sondern auch eine ungemein wertvolle »Investition« in Deine Bindungsfähigkeit ‒ und damit auch in Deine Beziehung, Partnerschaft, womöglich Deine Ehe.

Für das, was Du »alles« erlebt hast, kannst Du nichts, rein gar nichts. Aber Du kannst jetzt, im Abstand von Jahren, als junge Erwachsene, den Entschluss fassen: »Ich will erreichen, dass die Erlebnisse von früher und die damit verbundenen Gefühle nicht mehr mein Erleben im Einzelnen und mein Leben insgesamt bestimmen. Ich möchte das alles durcharbeiten und eine neue innere Stabilität erreichen, eine größere souveräne Gelassenheit und auch ein größeres Vertrauen in mich selbst und auch in meinen Freund lernen.« Das sind nur Andeutungen, die ich Dir jetzt als einen Vorschlag sozusagen »in den Mund lege«, als Ausfluss dessen, was ich von Deinem Eintrag verstanden zu haben meine. Eine genaue Ausformulierung, die wirklich genau zu Dir passt und Deine Bedürfnisse genau genug wiedergibt, wirst am allerbesten Du selbst Dir erarbeiten können ‒ vielleicht gemeinsam mit Deiner Therapeutin, Deinem Therapeuten.

Zum Schluss noch ein andere Gedanke: Es gibt eine ganz besondere Stärke, die Deinen Text ‒ und ineins damit natürlich auch Dich selbst ‒ auszeichnet, und das ist Deine Fähigkeit, ehrlich zu sein vor allem Dir selbst gegenüber; das ist Dein Bestreben, aufrichtig etwas für die Verbesserung Deiner (Er-)Lebensqualität zu tun, ist Dein Bemühen, ist Dein Suchen nach stabilen, langfristigen Lösungen, die Dein Leben ganz prinzipiell verbessern. Ich wünsche Dir sehr, dass Du Dich in alledem nicht irritieren und davon abbringen lässt, sondern ausdauernd bleibst in Deinem Suchen.

Wenn Du noch etwas wissen möchtest oder noch Frage hast, dann melde Dich einfach gerne jederzeit über die Kommentarfunktion unter dem Eintrag.

Viele herzliche Grüße! Achim

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Theologiestudium

blossom625 
Beitragsersteller
 24.01.2024, 20:51

Wirklich… vielen vielen lieben Dank für deine ausführliche Antwort. Das muss ja ewig gedauert haben das zu schreiben 😅. Danke, dass du dir diese Mühe gemacht hast. Das hat mich ehrlich sehr gefreut. Ja früher wollte ich schon öfters mal in Therapie gehen, aber das kann ich jetzt aktuell leider zeitlich nicht machen, da ich beruflich auch komplett eingebunden bin und dafür gar nicht die Zeit finden würde leider. Aber irgendwann wäre das sicherlich wichtig. Ja wie du auch geschrieben hast, das mit der Vergangenheit… das ganze holt mich sehr oft ein und zeichnet sich dann auch in Angstzuständen aus. Da reichen teilweise schon Bilder von früher oder zu langes nachdenken an damals und dann bekomme ich komplett die Krise. Also ich werde da nicht laut oder raste aus aber dann werd ich ganz leise und muss mich einfsch komplett zusammenreißen nicht los zu heulen was dann aber oft nicht klappt. Mein Freund weiß davon und hat das auch schon mitbekommen. Ich denke, dass meine Ängste bei Ihm auch komplett unbegründet sind weil er wirklich unfassbar toll ist und denke was besseres hätte mir nicht passieren können, aber ist halt doof insgesamt. Habe ihm davon dann auch doch noch erzählt, weil wir es für sehr wichtig halten immer ehrlich zueinander und miteinander zu sein und er meinte dann auch, dass ich mir da wirklich keine Gedanken machen müsste und er mich wirklich unfassbar lieben würde und mich auch heiraten möchte usw. Das schöne ist, dass er dann versucht mit mir aufzuarbeiten woher diese Ängste kommen. Das klappt nur leider halt meistens nicht weil ich das ja selbst oft nicht ganz deuten kann wieso ich so bin wie ich bin und auch mich an vieles nicht erinnern kann was damals halt war, aber so drüber zu schreiben, wie hier in Form der Frage auf gutefrage und darauf antworten bekommen ist unfassbar hilfreich

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Nicht nur die Angst, sondern die Möglichkeit, verlassen zu werden, besteht in jeder Beziehung. Das kann immer passieren + es geht erfahrungsgemäß meist noch viel schneller, wenn einer anfängt zu klammern. Es kann alles bleiben wie es ist, aber Du musst einfach selbstständiger bleiben oder werden, dass - irgendwann - ein Leben ohne den Anderen möglich bleiben kann.


blossom625 
Beitragsersteller
 24.01.2024, 20:52

Ja man sollte immer fähig sein ohne jemand anderes zu leben. Das sehe ich wie du. Das bin ich auch. Aber es würde mich zerstören ihn zu verlieren obwohl ich in der Lage wäre ohne ihn zu existieren.

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