Gibt es eine Schach-KI, die nicht besiegt werden kann?

2 Antworten

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Ein gut gemeinter Tipp: Nimm vorsorglich eine Kopfschmerztablette, bevor du das hier liest. Wir müssen hier zwischen VI und KI unterscheiden. KI ist ein System mit Bewusstsein, derzeit noch nicht realisierbar, und könnte dich natürlich besiegen, aber ebenso wie die VI, ein System das Bewusstsein simuliert, unterliegt (wenigstens vorläufig) dem P vs. NP Problem, was die Effiziens der Berechnungen einschränkt. Wie könnte eine Maschine im Schach rechnerisch unbesiegbar werden? Sie müsste immer als Weiß spielen und immer den idealen Zug machen, um garantiert zu gewinnen. Schach zu spielen ist ein NP-Hard Problem, das bedeutet, dass es (grob gesagt) unfassbar viel Zeit benötigt um berechnet zu werden. Wollen wir wissen, welcher Zug in einer Situation ideal ist, müssen wir alle möglichen Züge berechnen, dann die daraus resultierenden Züge und so weiter, bis wir die Partie durch haben. Angenommen, es sind 20 verschiedene Züge möglich (ein Schätzwert, da sich ja alles ergeben kann und manche Figuren verschiedene, manche gar keine Züge verfügbar haben), und im darauf folgenden Zug gibt es wieder 20 Optionen; dann haben wir bereits 400 Möglichkeiten, aus denen wir die beste wählen müssten. Solche berechnungen schafft sowohl unser Gehirn als auch ein Computer. Aber gehen wir jetzt noch drei Züge mit je 20 Optionen weiter, so haben wir bereits 3.2 MILLIONEN Möglichkeiten. Das wird selbst für unser Gehirn nur noch Schätzarbeit, für einen Computer wird es fast unmöglich. Voraussicht gewinnt. Daher kann ein Mensch, der drei Züge im Virraus zu rechen glaubt, kaum besiegt werden, denn er wird nahezu ideal spielen. Das selbe gilt für einen Computer. Er würde also Ipso facto fehler machen, ohne es zu merken, denn für den idealen Zug gilt es, die ganze Partie zu Ende zu rechnen, was weder Mensch noch Maschine derzeit kann. Weder VI noch KI können je perfekt Schach spielen, also unbesiegbar sein. Sie könnten lediglich sehr gut sein, sind aber statistisch besiegbar. Nur die Lösung von P vs. NP könnte einen unbesiegbaren Computer hervorbringen, da dabei ein schneller Algorithmus für Schach gefunden würde, der die Lösung nicht durch bloßes Probieren aller Möglichkeiten fände. Quantencomputer zeigen ebenfalls eine Möglichkeit, da sie P vs. NP durch ihre unglaubliche Rechenkapazität umgehen. Im konventionellen Schach könnten sie dann rechnerisch unbesiegbar werden, aber wenn man das Schachbrett auf 800x800 vergrößern würde, würden auch sie Fehler machen (Nach zwei Zügen bereits ~1.7 Millionen Mögliche Kombinationen). In conclusio: Es ist denkbar, einen im konventionellen Schach praktisch unbesiegbaren Computer zu schaffen, aber nur durch die Lösung eines scheinbar unlösbaren Problems oder mit einer so dämlich großen Rechenkraft, dass man damit lieber die Frage zur Antwort 42 berechnen sollte als Schach zu spielen (und selbst so ein Computer könnte theoretisch immernoch Fehler machen, wenn die Aufgabe schwer genug ist, daher 'praktisch unbesiegbar' und nicht 'technisch unbesiegbar').


wolfgang1956  30.04.2015, 12:45

Und du glaubst wirklich, Liebeskummer mit „deinem organischen Computer“ wie auch immer „heilen“ zu können. Das ist doch einfach nur kleinkariert und oberflächlich …

Das Gehirn und die Nervensammlungen einfachster Tiere leisten weit mehr, wie dir wahrscheinlich bewusst ist: Regelung der Körpertemperatur, Stoffwechsel auf zellulärer und molekularer!! Ebene, Herzschlag, Atemreflex, Fortpflanzung …

Wenn man die Anfänge des Wikipedia-Artikels zum Thema KI liest, ist man sich schon bewusst, dass alleine der Begriff „Intelligenz“ eigentlich nicht genau zu definieren ist. Bewusstsein und Selbstbewusstsein mögen in diesen Begriff hineinspielen, haben aber auch ihre Definitionsprobleme, sonst hätte sie ja niemand eingeführt.

… dann haben wir bereits 400 Möglichkeiten, aus denen wir die beste wählen müssten. Solche berechnungen schafft sowohl unser Gehirn als auch ein Computer. …

Das zeigt nur, dass es mit deiner VI nicht weit her ist. Natürlich kann ich mir im Prinzip auch 10.000.000 Möglichkeiten „vorstellen“ – nur (bezogen auf das Schach) sind die in einer vorhandenen konkreten Stellung niemals vorhanden, weswegen ein erfahrener Schachspieler auch mit „Mustern“ arbeitet – sprich nachdenkt!! Dass was wir optisch auf dem Brett erfassen (also sehen), müssen Schachspieler weder „berechnen“ noch überlegen …

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Roach5  05.05.2015, 00:01

An sich eine gute Argumentation, aber es gibt da zwei Probleme: 1. Ein Mensch, der drei Züge im Voraus berechnen kann, ist leicht besiegbar, da drei Züge nicht sehr viel sind. Stockfish schafft auf meinem Rechner in einigen Minuten 40 Züge im Voraus. Dazu sind ALLE Endspiele in Datenbanken gespeichert für ALLE Stellungen mit 6 Figuren oder weniger (ich glaube letztens wurde von 7 gesprochen ich finde aber nichts genaues, 6 ist auf jedenfall open source erhältlich), wenn man ab da noch keinen Vorteil hat, kann man nicht mehr gewinnen, und jeder Fehler sorgt für eine unausweichliche Niederlage.

2. P vs NP würde nicht unbedingt einen schnelleren Algorithmus liefern, da niemand gesagt hat, dass das Problem konstruktiv gelöst wird. Wenn es überhaupt gelöst wird, dann nur sehr theoretisch und vorerst ohne praktische Anwendung (damit ist gemeint: keine rechnerisch effiziente "Brücke", um von der einen zur anderen Seite zu kommen).

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14M1RR313V4N7  05.05.2015, 08:34

@wolfgang1956: Und was sind Neurologische Systeme? Mathematik, umgerechnet in elektrische Signale. Daher liegt der Schlüssel zu komplexer Leistung in einem komplexen System (quasi einer kritischen Masse an Prozessen). So zumindest meine Theorie, die ich hier vertrete. Wirkliche KI könnte also nur eine Frage der Fütterung mit genug Daten bei ausreichender Kapazität sein. KÖNNTE! Das ist natürlich ein sehr schwammiges Konzept. Aber immerhin eine Möglichkeit. Um auf dein Beispiel uurück zu kommen, da Liebskummer dem Menschen (also einem Neuro-Mathematisch erzeugten Bewusstsein) originär ist, kann logischerweise ein computer selbigen berechnen, sofern er korrekt konfiguriert ist. Diese Konfiguration zu finden ist das Problem, da wir ja nkcht einmal die 'Konfiguration' des Menschen gänzlich verstehen. Ich habe mein Beispiel übrigens auf geringere Zahlen bezogen, damit es verständlich bleibt. Und die vielen Kombinationen kommen ja nicht vor sondern während des Spiels in Frage, wodurch es notwendig wird, alle zu berechnen um die ideale zu finden. Natürlich berechnen Schachspieler nicht aktiv, ihre Gehirne bei der Mustererkennung / beim nachdenken aber schon. Alles Mathematik. P.S. Habe übrigens mein Abitur in Biologie LK gemacht und studiere derzeit Informatik, also sei dir versichert, dass ich zumindest ein grundlegendes Verständnis von Neurologie und Mathematik habe. @Roach5 1. Da hast du natürlich recht. siehe wolfgang1956's Beitrag. Allerdings (sofern ich dich richtig verstehe) könnte man Stockfish besiegen, wenn man vor dem Endspiel einen Vorteil hat und diesen nutzt. Denn Stockfish wartet (?) scheinbar darauf, dass ein Endspiel eintritt, bevor es agiert? Das hieße, dass es immernoch angreifbar ist. Nur wenn von Anfang an sämtliche Züge berechnet und das Ergebnis beachtet wird kann eine Sicherheit gegeben sein. (Tut mir leid, falls ich Stockfish falsch verstanden haben sollte, dann korrigier mich bitte) 2. Natürlich ist P vs NP kein Allheilmittel, sofern sich überhaupt heraus stellt, dass P = NP ist. Aber es bietet einen möglichen Ansatz, und das war alles was ich damit Ausdrücken wollte.

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KI ist niemals auf einen Themenkomplex spezialisiert – sonst wäre es keine KI. Außerdem ist die KI ein totgerittenes Pferd, von dem man sich schnellstens verabschieden sollte.

Das menschliche Hirn denkt bewusst und unbewusst, parallel und seriell und dies alles gleichzeitig. Wie soll das ein Kern einer Intel-CPU überhaupt machen? Er kann doch nur einen Maschinenbefehl nach dem anderen abarbeiten … Alleine hier liegt schon einer der Hunde begraben, warum KI nie funktionieren konnte …

Welcher Programmier kann programmiertechnisch alle Fragen abdecken, die jemals kommen könnten? Auch hier reagiert das Hirn des Menschen deutlich flexibler: Sieh' dir mal Krimis an. Natürlich weiss man, dass alles gut ausgeht, doch haben die Tatverdächtigen tausende Ausreden, deren Wahrheitsgehalt von den Kommissaren geprüft werden muß …

Die Art und Weise wie Naturwissenschaftler Teile ihrer Wissenschaften voranbringen ist ebenso ein Beispiel. Wer sollte da an KI denken? Natürlich können Computer schneller und ausdauernder „rechnen“, Intelligenz ist eine völlig andere Schiene. Warum merken aufmerksame Eltern, dass ihr Kind ein Problem oder Liebeskummer hat? Das geht nicht mit reiner angewandter Mathematik von Programmen.


14M1RR313V4N7  30.04.2015, 09:39

Ich möchte dir hier widersprechen. Was du beschreibst, ist eine VI, virtuelle Intelligenz, ein System, dass nur so tun kann, als ob es wirklich intelligent wäre. Eine echte KI ist da eine ganz andere Nummer, da echte KIs über ein Bewusstsein verfügen müssen. Wie das zu erreichen ist, ist noch unklar. Aber letztlich muss reine Mathematik genügen, denn der Mensch ist auch nur ein organischer Computer, siehe Neurologie.

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DerTYP2332  12.03.2023, 22:10

Sehr schön gealtert.

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