Gesellschaftlich-historischer hintergrund Romeo/Julia auf dem dorfe?

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https://de.wikipedia.org/wiki/Gottfried_Keller

Keller schreibt aufgrund seiner Lebenserfahrung

Zum bäuerlichen Leben der Zeit:

"Die selbstverständlichen, durch ländliche, erfolgreiche Wirtschaftsform der bäuerlichen Landwirtschaft begründeten Lebens- und Aneignungsmöglichkeiten sind, wie in der Exposition der Novelle dargestellt, in ihrem familiären Kern offensichtlich nahezu unbeschädigt. Alle Familienmitglieder - Männer, Ehefrauen und Kinder und das Gesinde - sind in rollenmäßig arbeitsfreudigem bzw. vertraut-spielerischem Umgang miteinander bekannt und friedlich und erfolgreich organisiert. Über die Rolle der Hausfrauen, die nicht nur in Küche und Kammer, sondern üblicherweise auch in Haus und Garten selbständig sind in ihrer wirtschaftlichen Funktion der Produktion der Lebensmittel und der Regeneration der mitarbeitenden Mitglieder durch Verstehens-, Lebens- und Versorgungsleistungen, erfahren wir nur wenig; die Rolle der Frauen ist aber als funktionstüchtiges Pendant zu den Arbeitsleistungen der Männer auf den Feldern als gegeben und gleichermaßen ordentlich vorauszusetzen; erst im späteren Wandel, dem Prozeß der gegenseitigen ruinösen Wettbewerbs, wird deutlich, daß die Frauen auch mitbetroffen sind vom materiellen und sozialen Abstieg, der von den Männern ausgelöst wird. Ihr Schicksal soll hier aber nicht weiter verfolgt werden.

Innerhalb dieses Funktionskreises und der Rollenteilungen bietet die Familie Schutz und Garantie, nicht nur für das wirtschaftliche Jahr mit Pflanz-, Saat- und Erntetätigkeit für die Winterzeit, wie für die nächstjährig kommende Aussaatsaison, sondern gewährt auch für langfristige Aneignungs-, Entwicklungsarbeit und Erbfolge ausreichende, ja offensichtlich überschüssige Mittel.

Zusammenfassend kann ich formulieren, daß (in der Begrifflichkeit des vorgestellten Modells) folgende Funktionen der beiden Familien abgedeckt und zufriedenstellend gesichert sind: lebensmittelmäßige Bedarfsdeckung, liebevolle und zur Zufriedenheit gelingende Reproduktion der Elterngeneration, Liebesbeziehung zwischen den Partnern (zwischen den Geschlechtspartnern einerseits und zwischen Eltern und Kindern andererseits), die Erziehung der Kinder für den Alltag, Festtag und religiöse Lebensformen auf einem Hof, also die Sozialisation und Enkulturation; sie  meinen Einpassung in die umgebenden Strukturen, ebenso die Vorbereitung der sekundären sozialen Fixierung als Hineinwachsen der nachwachsenden Generation in die zukünftige, wirtschaftliche und emotionale Funktion der Lebens- und Erwerbsgemeinschaft."

 http://www.reyntjes.de/Anton/Gotfried%20Keller/RomeoundJuliaAnalyse.htm