Das An-Sich-Sein und das Für-Sich-Sein

1 Antwort

Wikipedia: Das Sein und das Nichts (Hervorhebungen von mir):

Das Für-sich-sein und An-sich-sein

Durch seine Untersuchung des phänomenologischen Phänomens entdeckt Sartre zwei voneinander unterschiedene Bereiche des Seins. Mit den Begriffen Für-sich-sein und An-sich-sein beschreibt Sartre diese voneinander getrennten Seinsbereiche. Das An-sich-sein ist dabei als eine Totalität gedacht, die genau das ist, was sie ist. Sartre schält drei Aussagen aus seinen Untersuchungen heraus: Das Sein ist an sich; das Sein ist das, was es ist; das Sein ist. Das An-sich ist an sich, das heißt es ist unabhängig von einem es betrachtenden Bewusstsein. Dass das An-sich mit sich selbst identisch ist, und nicht in einem Werden begriffen ist, bzw. in irgendeiner Weise von sich getrennt ist, wie das Für-sich-sein, meint die zweite Aussage. Die letzte Aussage sagt letztlich aus, dass das An-sich sich ohne Bezug zum Möglichen oder Notwendigen verhält, das heißt es ist ohne Grund und Bedeutung.[ad 1]. Damit kommt dem An-sich-sein weder Zeitlichkeit noch Räumlichkeit zu (beides ist von einem äußeren Beobachter abhängig, von einer Reflexion in Raum und Zeit).

Faktizität und Transzendenz

Faktizität und Transzendenz sind die beiden Strukturmomente des Für-sich-Seins. Der Begriff der Faktizität drückt dabei die paradoxe Tatsache aus, dass das Für-sich-Sein sich zwar seinen Sinn selbst wählt, die Freiheit, allerdings gleichzeitig in einer Situation gebunden sein muss, in der es erst wählen kann. Faktizität meint hier, wie im Gebrauch schon bei Dilthey, dass Herkunft, Nation, Körper und Epoche eine nicht weiter zu hintergehende Grundlage des Menschen bilden. Im Gegensatz hierzu ist das Für-sich-Sein aber auch Transzendenz. Das heißt, es kann seine faktischen Bedingungen durchaus übersteigen. Transzendenz meint hier das, was über das Gegebene hinausgeht. So kann ich als Mensch zwar einen Körper haben, der mich beispielsweise einschränkt, aber ich kann als Für-sich-Sein, diese Faktizität überschreiten, indem ich zum Beispiel meiner Körperlichkeit weniger Bedeutung beimesse, geistige Qualitäten in den Vordergrund stelle etc. Ich kann mich aber meiner Faktizität überlassen und meine Möglichkeiten außer Kraft setzen. Letztlich entkomme ich aber als Für-sich-Sein nicht meiner Verantwortung für meine Wahl. Somit ist meine Transzendenz durchaus auch ein Faktum, das ich zwar leugnen, aber nicht ungeschehen machen kann. Mit dieser Doppelstruktur des Für-sich-Seins werden später die Phänomenanalysen durchgeführt."

Zum "Für sich sein" gehören z.B. auch Träume, die reale Gegebenheiten überschreiten. "Für sich sein" meint, dass wir die Realität "im Kopf" spiegeln, eigene Vorstellungen entwickeln wie ein Pferd mit Menschenkopf, d.h. wir setzten Elemente der Spiegelung der Wirklichkeit willkürlich zusammen.


Prodenez  20.06.2014, 23:07

an-sich-sein kann auch als "überselbst" bezeichnet werden, ein begriff den paul brunton prägte. es ist raum und zeitlos, im gegensatz zum für-sich-sein. das für-sich-sein ist das, was der mensch in der gegenwart wahrnimmt und unterbewusst verarbeitet, zugrundeliegend seinen emotionen. das an-sich-sein (überselbst) relativiert die betrachtung, da es emotionslos die faktischen bedingungen sieht. die transzendenz ist die verbindung des an-sich-seins und des für-sich-seins, des zeitlosen und der gegenwart, ohne emotionen.

somit ergibt sich eine verschmelzung der realität.

koaha e

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berkersheim  21.06.2014, 10:16
@Prodenez

Wie so oft: Begriffe sind eine gefährliche Sache, schleppen "Stallgeruch" mit sich herum. "Über-Selbst" und "unter-bewusst" sind Begriffe, die eine hierarchische Rangordnung andeuten. Und genau darum geht es hier nicht. Denn Rangordnung ist eine Aktion des Bewusstseins, ob "unter-; über-; neben- oder sonstwie". "An-sich-sein" hat etwas von Kants "Welt an sich" als Bekenntnis eines unabhängig von unserem Bewusstsein existierenden Seins, eine "Gesamtmenge", von der unser bewusstes Sein immer nur eine Teilmenge ist, funktional eingebunden durch Filter wie Raum und Zeit. Wir erleben unser "Für sich sein" in Abgrenzung wie in Kommunikation zu anderen "Für sich seins" immer als eingebundenes Teil in ein "an sich sein", ohne das es kein "für sich sein" gäbe.

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Prodenez  21.06.2014, 12:13
@berkersheim

ich stimme zu, aber zu dieser erkenntnis gelangt man erst, wenn die verschiedenen "stufen" durchlaufen worden sind, es geht schritt für schritt. von dem her kann man es hierarchische rangordnung, schritte, stufen oder wie auch immer nennen. ;) es ist die entwicklung/entdeckung/erinnerung zum an-sich-sein.

koaha e

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Prodenez  21.06.2014, 13:16
@Prodenez

kleiner nachtrag:

da wir schon bei begrifflichkeiten sind, schlage ich mal die brücke zwischen philosophie und glauben. für-sich-sein beschreibt nichts anderes als den teil aus dem "kollektiv", des an-sich-sein, dem göttlichen, oder auch gott.

"behandel deinen nächsten wie dich selbst" beschreibt dies am besten.

koaha e

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berkersheim  21.06.2014, 15:58
@Prodenez

Da "an sich sein" außerhalb unserer Erfahrung liegt, ausgenommen die Erfahrung der Historie, dass es ein "an sich sein" geben muss, gibt es zu diesem weiten Feld der Spekulation keinen Gegenbeweis. Es bleibt die Frage, wie die konkretisierten Annahmen aussehen und wie weit ihre Konsequenzen in die erfahrbare Welt reichen und was sie für das tägliche Leben bringen? Sollten sich die Konsequenzen aber mit Erfahrungen widersprechen, sind die Erfahrungen stärker.

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Prodenez  22.06.2014, 16:12
@berkersheim

darauf kann ich gerne antwort geben. welche erfahrung ein mensch macht, liegt an jedem selber, wenn man die beiden von jesus übermittelten, höchsten gebote verinnerlicht und danach lebt, siehe mk12,28-31; lk 10,25-28:

du sollst den herrn, deinen gott, lieben von ganzem herzen, von ganzer seele und von ganzem gemüt.

du sollst deinen nächsten lieben wie dich selbst.

das tägliche leben nach diesen geboten gerichtet birgt keine konsequenzen und lässt keinen spielraum für spekulation. das leben für-sich ist wie es ist, eine kurzes verweilen in der gegenwart mit vielen ablenkungen und irrwegen, auf dem weg zum an-sich.

koaha e

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