Archont und Adliger?

Mugua  26.10.2024, 12:33

Zu welcher Zeit und in welcher Region?

Johannes7131717 
Beitragsersteller
 26.10.2024, 12:46

Solon/ Kleisthenes

1 Antwort

Von Experte Neugier4711 bestätigt

Bis 458/457 v. Chr. war im antiken Athen ein Archon immer ein Adliger.

Die Zugehörigkeit zum Adel war in der Praxis stark durch Abstammung bestimmt, aber der antike griechische Adel war kein fest abgeschlossener Stand, sondern ein gesellschaftlicher Aufstieg in den Adel im Lauf der Zeit war möglich.

Archonten

Archon (griechisch: ἄρχων) ist im antiken griechischen Kulturraum eine Bezeichnung für jemanden gewesen, der ein führendes Amt innehatte. Ursprünglich war dies das wahrscheinlich das höchste Amt im Staat.

Allgemein ist ein Archon nicht immer und überall ein Adliger gewesen. Die Beantwortung hängt von der Zeit und den Staaten ab,

Im antiken Athen konnten bis 458/457 v. Chr. tatsächlich nur Adlige Archonten werden.

In den frühesten Zeiten hat es wahrscheinlich gar keine ausdrückliche formale Bestimmung gegeben, die adligen Status als notwendig festlegte, sondern die Ausübung der Ämter  durch Adlige ergab sich aus den politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen.

In der Anfangszeit wurden reiche Adlige (alter Adel) zu Archonten gewählt. Nach Aristoteles, Athenaion Politeia 3, 1 wurden die Staatsämter in der Zeit vor Drakon nach Güte der Herkunft/nach dem Adel des Geschlechts und nach Reichtum (ἀριστίνδην καὶ πλουτίνδην) besetzt. Nach Aristoteles, Athenaion Politeia 3, 6 war dies auch vor der politischen Neuordnung durch Solon so (ἀριστίνδην καὶ πλουτίνδην). Die Angehörigen des athenischen Geburtsadels (vornehme Abstammung) werden auch als Eupatriden (griechisch: εὐπατρίδαι [eupatridai]; »Abkömmlinge von guten Vätern«/»Söhne edler Väter«) bezeichnet.

In der von Solon geschaffenen politischen Ordnung wurde eine eine formale Bestimmung festgelegt, diese notwendige Voraussetzung war aber nicht Adel, sondern Reichtum. Archonten konnten nur Angehörige der obersten Vermögensklasse werden, die sogenannten Fünfhundertscheffler (griechisch: πεντακοσιομέδιμνοι [pentakosiomedimnoi]; Ernteertrag über 500 Scheffel pro Jahr).

Vielleicht schon sofort in der von Kleisthenes 508/507 v. Chr. herbeigeführten Staatsordnung, spätestens aber seit 487/486 v. Chr. waren auch Angehörige der zweiten Vermögensklasse zu Archonten wählbar, die sogenannten Reiter/Ritter (griechisch: ἱππείς [hippeis]); Ernteertrag über 300 Scheffel pro Jahr).

Damals waren tatsächlich in Athen nur Adlige reich genug, um zur ersten oder zweiten Vermögensklasse zugehören. Die Großgrundbesitzer waren Adlige.

Nach 458/457 v. Chr., wahrscheinlich noch im 5. Jahrhundert v. Chr., gingen die Athener zu einem reinen Losverfahren, mit zwei hintereinandergeschalteten Losungen, über. Auch Angehörige der dritten Vermögensklasse, die sogenanten Zeugiten (griechisch: ζευγίτες [zeugites]; Ernteertrag über 200 Scheffel pro Jahr), konnten nun Archon werden (Aristoteles, Athenaion Politeia 26, 2). Damit war es grundsätzlich auch Nichtadligen möglich, Archon zu werden.

In späterer Zeit (spätestens 4. Jahrhundert v. Chr.) hat tatsächlich anscheinend in der Praxis keine Beschränkung nach Vermögensklassen mehr stattgefunden, indem keiner, der zu einem Amt gelost wurde, angab, nur Thete (vierte Vermögensklasse) zu sein (Theten griechisch: θήτες [thetes]); Ernteertrag unter 200 Scheffel pro Jahr) und diese Nicht-Angabe der eigenen Vermögensklasse geduldet wurde (vgl. Aristoteles, Athenaion politeia 7, 4).

Adlige in der griechischen Antike

Bei den antiken Griechen war beim Adel Erblichkeit und exklusives Standesdenken verhältnismäßig wenig ausgeprägt.

Adel war keine direkt formal abgeschlossene Gruppe, auch wenn Vererbung durch Weitergabe von Vermögen und persönlichen Beziehungen eine wichtige Rolle spielte.

Es gab durch Reichtum, politische Erfahrung und Ansehen herausgehobene Familien. Sie bildeten den Adel.

Tatsächlich hat eine Dauerhaftigkeit von gesellschaftlicher Macht und politischem Einfluss stattgefunden.

Merkmale des antiken griechischen Adels waren: Reichtum, gesellschaftlicher und politischer Einfluss, Lebenstil sowie angetrebte Fähigkeiten und beanspruchte Werte (Bewährung im Krieg und in athletischen Wettbewerben, Klugheit und Redegewandtheit, schöne und elegante Erscheinung, Bildung und Kultur, allgemein ein verfeinerter Lebenstil).

Typischerweise hatte ein Adliger einen großen Landbesitz.

Durch Erwerb von Reichtum, Aufbau von persönlichen Beziehungen und Ansehen war ein gesellschaftlicher Aufstieg in den Adel im Lauf der Zeit möglich. Die Statusmerkmale in Bezug auf Lebenstil sowie angetrebte Fähigkeiten und beanspruchte Werte konnten gesellschaftliche Auftsteiger nachahmen. Es gab keine übergeordnete Instanz, die förmlich ein Adelsprädikat verlieh.