Analyse für Wahlplakat?

2 Antworten

Von Experte Neugier4711 bestätigt

Das Wahlplakat der Deutschen Zentrumspartei (kurz: Zentrum) ist zur Reichstagswahl am 14. September und zu einer Reichstagswahl 1932 (am 31. Juli 1932 oder am 6. November 1932) verwendet worden. Es zeigt im Mittelpunkt einen hohen Turm mit Zinnen, der Wahrheit, Freiheit und Recht und Ordnung gegen gewaltbereit anstürmende Nationalsozialisten und Kommunisten verteidigt.

Methode der Analyse

Nach Beobachtung kann versucht werden, Eindrücke zu notieren und Informationen zu ermitteln, die für den Zusmmamenhang wichtig sind.

Ein sehr ausführliche Analyse kann aus drei Teilen bestehen, bei denen auf bestimmte Gesichtspunkte (nicht immer ist zu allen etwas vorhanden oder kann ermittelt werden) geachtet werden kann.

1) Beschreibung

a) formale Merkmale

Zeichner bzw. Plakatkünstler, Auftraggeber, Titel bzw. Unterschrift, Entstehungsdatum und Anlass der Veröffentlichung, eventuell Ort

b) inhaltliche Merkmale

Gestaltungsmittel wie Komposition (Zusammensetzung), Perspektive, Symbole, Allegorien, Techniken, Schriftart, Schreibweise, Farbeinsatz)

Zeigen realer Personen, Typen oder Kombinationen

Art der Darstellung von Personen (realistisch, verzerrt, Blickwinkel auf sie, erkennbare Mimik, Gestik, Körperhaltung)

konkrete Gegenstände oder Symbole bzw. Allegorien

Bildaufbau gestalte (Vordergrund – Hintergrund; Zentrum [Mittelpunkt] – Peripherie [Rand]; oben – unten)

dargestellte Handlung oder dargestellter Zustand/Zusammenhang

enthaltener Text und seine Einbindung in die Darstellung

farbliche und graphische Gestaltung des Plakates

2) Interpretation (Deutung)

Situation und geschichlicher Zusammenhang (mit konkretem Anlass oder Situation für die Entstehung des Plakates

Penennung von Personen oder Typen, Phänomenen, Zusammenhängen

Thema und Inhalt des Plakates

Deutung der graphischen und sprachlichen Gestaltungsmittel mit Verhältnis von Text, Bildelementen und Farbgebung, symbolische oder allegorische Bedeutung von Bildelementen

Gesamtaussage (zeitgenössische Funktion und Wirkungsabsicht [mit dem Wahlplakat vermittelte Botschaft; wofür geworben und wovor gewarnt wird])

3) Beurteilung

geschichtliche Angemessenheit, vermutliche Wirksamkeit, Zeitgemäßheit, Aussagekraft des Wahlplakats

Beschreibung

Auftraggeber: Deutschen Zentrumspartei (kurz: Zentrum)

Zeit: 1930 und 1932

Anlass: Reichstagswahl am 14. September und eine Reichstagswahl 1932 (am 31. Juli 1932 oder am 6. November 1932)

Im Mittelpunkt des Wahlpkatates steht ein großer schwarzer Turm mit Zinnnen, auf dem in weißen Großbuchstaben sehr goße aufgeschreiben ist:

„Brüning

Der Freiheit und Ordnung letztes Bollwerk

Wahrheit – Freiheit – Recht“

Oben vom Turm hängt ein sehr großes weißes Banner herab, mit der Aufschrift in schwarzen Großbuchstaben:

„Wählt Zentrum Liste 4“

Unten stürmen zwei Scharen uniformartig gekleideter bewaffneter Männer gegen den Turm und seine geschlossene Eingangspforte. Zu sehen sind Äxte, Brandfackeln, ein Stein in einer Faust und zwei Fahnen (links rote Fahne mit fünfzackigem weißem Stern, auf diesem Werkzeuge; rechts rote Fahne mit rechtsgewinkeltem schwarzem Hakenkreuz auf weißem Kreis). Rechts unten ist ein Mann aus seiner Schar etwas hervorgehoben, in dem er keine Kopfbedeckung trägt und in schrägem Blickwinkel als Person erkennbar ist.

Im Hintergrund ist Feuer zu sehen (hoch lodernde Flammen und Rauch), rote und gelbe Farben erscheinen.

Interpretation (Deutung)

Das Zentrum (Deutsche Zentrumpartei) ist auf dem Wahlplakat der Zentrumspartei (Vertretung des politischen Katholizismus) als ein Bollwerk dargestellt, ein festungsartiger Turm. Freiheit, Ordnung, Wahrheit und Recht werden als vom Zentrum verteidigte Werte dargestellt. Der Zentrumsturm konnte als ein bildliches Symbol der Partei verstanden werden, diese Verbindung war als Metapher seit dem Kulturkampf (1871 - 1878/1879) geläufig.

Es geht um die politische Lage in der Weimarer Republik 1930 bzw. 1932 in der Zeit der Weltwirtschaftskrise und eines Erstarken extremistischer Kräfte.

Das Zentrum ist in seiner Selbstdarstellung ein hoher Turm mit einer Pforte/Tür und mit Zinnen in der Höhe.

Heinrich Brüning war Dezember 1929 - März 1930 Fraktionsvorsitzender der Zentrumspartei im Reichstag, vom 30. März 1930 bis zum 30. Mai 1932 Reichskanzler. Er war ein im Zentrum angesehener und einflussreicher Politiker.

Die Zentrumspartei wird als letztes Bollwerk dafür dargestellt, also eine bedrohliche Lage betont: Wenn das Bollwerk fällt/untergeht, sind nach dem Plakat die genannten Werte preisgegeben, Unfreiheit/Unterdrückung, Unordnung/Chaos, Unwahrheit/Lüge und Unrecht/Rechtsverstöße können sich überall in Deutschland ausbreiten. Die Deutsche Zentrumspartei wird letzte (einzige noch verbleibende) Möglichkeit der Bewahrung/Rettung dargestellt. Andere Parteien kommen nach dem Plakat dafür nicht in Frage

Gegen das Bollwerk geschieht ein Ansturm zweier Scharen. Auf der rechten Seite (und der Menge nach mehr) sind es Nationalsozialisten (Männer in SA-Uniform, einer trägt eine große Hakenkreuz-Fahne, der Mann unten rechts sieht aus wie Adolf Hitler), auf der linken Seite Kommunisten (zum Teil rote Halstücher, ein Mann trägt eine große rote Fahne mit Hammer und Sichel auf einem Stern mit 5 Zacken in der Mitte, eine damals übliche Fahne der KPD [Kommunistische Partei Deutschlands]).

Einige Nationalsozialisten gehen mit Äxten gegen den Turm vor, einer hat eine Faust mit einem Stein darin erhoben, bei den Kommunisten sind zwei Fackeln zu sehen. Der Gesichtsausdruck der Angreifer ist entschlossen und grimmig. Ein paar der Nationalsozialisten und Kommunisten scheinen sich feindselig anzusehen, aber die hauptsächliche Aktion ist gegen den Turm gerichtet.

Das Wahlplakat zeichnet sehr stark ein Bild von Bedrohung und Gefahr, was durch das starke Ausmaß der Farben Schwarz und Rot gefördert wird.

Das Zentrum wird als Schutz und Verteidigung von Freiheit, Ordnung, Wahrheit und Recht (Selbstverständnis als Partei des Rechtsstaats und der Verfassung) dargestellt, während Nationalsozialisten und Kommunisten für Aufruhr, Umsturz, Aggression, Gewalt, Zerstörung stehen. Furcht vor dieser Gefahr soll die Stimmabgabe für das Zentrum günstig beeinflussen.

„Wählt Zentrum Liste 4“ ist ein eindeutiger Wahlaufruf. Die Liste des Zentrums ist Liste 4 auf dem Wahlzettel.

Außer den festen Anhängern zielt das Wahlplakat vor allem auf Menschen, die sich selbst in der politischen Mitte sehen und die Extreme links und rechts ablehnen.

Beurteilung

Ein Wahlplakat ist gewöhnlich mit der Absicht verbunden, Menschen dazu zu bringen, bei einer Wahl eine bestimmte Partei zu wählen.

Wahlplakate sind Teil des Wahlkampfs und dabei gibt es für Parteien, um erfolgreich zu sein, zwei Hauptziele:

  • Stammwählerschaft/politische nahestehende Bevölkerungsgruppen mobilisieren (zu Unterstützung und tatsächlicher Stimmabgabe)
  • weitere potentielle Wähler(innen) anziehen und zur Stimmabgabe für die eigene Partei bewegen

Das Wahlplakat der Deutschen Zentrumpartei ist darin gelungen und wirkungsvoll, Aufmerksamkeit hervorzubringen und Gefühle anzusprechen. Das Wahlplakat ist geeignet, eine eigene Anhängerschaft in der politischen Mitte zur Stimmabgabe für das Zentrum zu versammeln. Es warnt aussagestark vor linken und rechten Extremisten. Eine Angst vor politischen Gefahren, die von diesen ausgingen, war grundsätzlich angemessen.

Ein neuer Einfall ist die Art der bildlichen Darstellung nicht. Eine Aussage zur wirtschaftlichen Not der Zeit kommt auf dem Wahlplakat nicht vor. Eine einfache und schlagkräftige Bortschaft dazu, die neue Wählergruppen für die Politik des Zentrums überzeugen konnte, war aber damals nicht gut möglich.


verreisterNutzer  06.06.2023, 13:26

Danke Albrecht,ich hätte nut noch mal ein paar Fragen

Wofür steht das Feuer?

Warum sind die Nationalsozialisten in der Mehrzahl und näher am Eingang des Turmsuns warum ist der Turm geschlossen.

LG

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Albrecht  06.06.2023, 14:38
@verreisterNutzer

Feuer steht hier für Brandstiftung und auf einer allgemeineren Ebenen für Zerstörung.

Der Turm ist geschlossen, um Angreifer nicht hereinzulassen und die Menschen in ihm zu schützen.

Vielleicht ist ein Gedanke, dass die Nationalsozialisten zahlreicher und bei zielgerichteten bedrohlichen Taten noch entschlossener sind.

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Ja. Haben wir in der Schule gemacht. Kenne ich. Hatten wir auch.


verreisterNutzer  31.05.2023, 10:15

Hast du da vielleicht boch ein paar infos über das plakat?:)

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