Ab wann ist "Gaffen" legitim?
Kurze Frage, die sich mir heute aufgrund eines persönlichen Erlebnisses gestellt hat:
Ab wann ist "Gaffen", also das Beobachten einer Situation aus der Ferne, ohne dass man aktiv ins Geschehen eingreift, legitim? Wo zieht man da die Grenze.
In der Straße meines Bruders war heute ein kleiner KTW, den ich normalerweise links liegen gelassen hätte, aber mir ist eine Tonangel ins Auge gefallen, welche ja so bei medizinischen Notfällen sonst nie dabei ist.
Ist es bei sowas legitim, wenn man in dem Falle zuschaut, oder ist das auch moralisch verwerflich?
Bei 'normalen' Filmaufnahmen ist es ja auch geduldet, dass man zuschauen kann, solange man nicht im Weg steht.
(Hab dann näher geschaut und dann höchst professionelles Equipment, was Kameratechnik und co. angeht, entdeckt, wie z.B. eine Blackmagic Red Camera in entsprechender Ausführung.
Letztendlich war es wirklich ein Dreh für eine Werbung des Autoherstellers.
Hab zuerst ein wenig am Rand gestanden, und erst am Schluss gefragt, für was denn das Video letztendlich sein soll, um niemanden bei der Arbeit zu behindern...
Letztendlich ging es hier auch nur darum, einen Krankentransport abzufilmen, bei dem eine Person wieder zurückgeliefert wurde, also nichts lebensbedrohliches...)
Wo zieht man da den moralischen Schlussstrich?
3 Antworten
Das Interesse an besonderen und aufregenden Situationen sowie Neugier scheinen dem Menschen inne zu wohnen. Irgendwie finden die meisten dramatische Ereignisse, wie Feuerwehreinsätze o.ä., sehr interessant. Insofern ist es vermutlich normal, dass man schaut. Meiner Meinung nach ist das so lange in Ordnung, wie die Persönlichkeitsrechte Betroffener gewahrt werden und solange Einsatzkräfte nicht behindert werden.
Das bedeutet, dass es nicht okay ist, Bilder oder Videos von betroffenen Personen, Unfallopfern, Angehörigen derselben, Menschen die ihr Haus, Hab und Gut verloren haben und so weiter und so fort zu machen. Dass man nicht im Wege stehen sollte ist klar. Ein respektvoller Abstand, bei dem man vielleicht den Einsatz an sich verfolgen kann, das Blaulicht sieht und wie die Feuerwehrleute hin und her wuseln, das halte ich für ok. Ganz nah dabei sein wollen und zwischen den Trümmern herum zu klettern, um ein möglichst gutes Bild zu erhaschen, das ist nicht in Ordnung.
Ich bin zudem der Meinung, dass man erst schauen darf, wenn geholfen wird. Sprich, wenn da jemand liegt und beispielsweise einen Unfall hatte, dann hat man zunächst einmal Erste Hilfe zu leisten und nicht als erstes das ganze Drama zu beobachten.
Danke. Ich bin mir da immer ziemlich unsicher und versuche die Situation auch im Nachhinein einzuordnen, v.a. wenn es um so einen Edge-Case geht, um beim nächsten Mal noch besser reagieren zu können.
(Ich hab natürlich nicht gefilmt und es gab auch nichts zu helfen, da wie gesagt wohl nur abgefilmt wurde, wie jemand mit dem KTW wieder heim gebracht wird...
ebenso gab es keine akut Verletzten oder Tote. Hier ist der Fall mMn klar, zumindest was das Zuschauen und/oder Filmen/Fotografieren im privaten Rahmen angeht. Wenn man allerdings z.B. im Auftrag von diversen Nachrichtensendern unterwegs ist, kann es aber schon wieder anders sein. Dort besteht ja dann auch ein öffentliches Interesse, wenn entsprechend die Persönlichkeitsrechte gewahrt werden.
Und wie gesagt, normalerweise mache ich auch einen großen Bogen um eventuelle Einsatzstellen, um die Einsatzkräfte nicht zu behindern. Ich bin nur wegen der Tonangel hin.
Gaffen ist nie legal und schon gar nicht legitim, da es immer die Persönlichkeitsrechte der beobachteten Person verletzt. Möchtest du beobachtet werden, während du hilflos auf einer Trage liegst?
Das konntest du aber nicht wissen, es hätte auch real gewesen sein können. Dann hättest du eventuell jemandem beim Sterben zugesehen. Ob das in dessen Sinne gewesen wäre? Es gibt also keinen Graubereich, solange du nicht VORHER die Kameras siehst. In dem Falle siehst du einem Dreh zu und nicht einem Einsatz.
Wie gesagt. Mir ist VORHER die Fette Tonangel aufgefallen. (Mikrofon mit in dem Fall relativ dickem und auffälligem Windschutz an einer Stange) Sowas hat man nicht dabei, wenn es um "normale" Einsätze geht. Das hat man noch nicht einmal dabei, wenn man O-Töne fürs Radio aufnimmt. Das hat man eigentlich nur bei Kameraaufnahmen dabei, damit man das Mikrofon nicht im Bild sieht.
Ab wann ist "Gaffen" legitim?
nie ... denn sonst würd man es nicht als so etwas bezeichnen.
Kommt sehr auf die Situation drauf an. Das kann ich nicht einschätzen, deswegen u.a. die Frage, weil es hier um diesen Graubereich zwischen "echter Einsatz - wegbleiben, um niemanden zu stören" und "Film/Schauspiel" geht, bei dem das Ganze wiederum total anders ist.
Bei der beschriebenen Situation war der Ablauf ja gescripted. (Vielleicht war aber auch meine Wort/Fragewahl falsch/ungenau/irreführend?)
Von daher war die "Hilflosigkeit", sofern es überhaupt eine war, nur gespielt...
Ich finde es halt sehr interessant, wenn irgendwo audiovisuelle Produkte erstellt werden, also wie hier z.B. die Werbung für Ford, TV- und Radiosendungen/-Beiträge, etc.