Warum Peinlich?

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Das Thema Sex hat mit peinlich gar nichts zu tun. Es gibt Menschen die sich darüber nicht so offen äußern können oder schlicht gehemmt sind. Das sind dann Leute die Sex nicht genießen können weil es für sie ein Tabu Thema ist. Das ist traurig. Es gibt nichts schöneres als guten Sex erfüllender Sex.

Ich verstehe deine Frage sehr gut. Sex ist in meinen Augen auch ein alltägliches Thema. Allerdings hat sich die Gesellschaft über die Zeit in bestimmte Richtungen entwickelt. Man hat uns beigebracht, dass Sex ein Tabuthema ist. Die Menschen verinnerlichen das und empfinden das dann auch bis ins hohe Alter so. Möglicherweise hat der massive Einfluss der Kirche im Mittelalter auf die gesamte Gesellschaft sehr viel dazu beigetragen. Aber die Entwicklung geht doch wieder in eine Richtung, wo wir offen mit dem Thema umgehen können. So eine Entwicklung braucht aber Zeit und kann auch wieder ins andere Extrem wechseln. Heute ist es doch so, dass man sich vor Pornografie kaum noch retten kann. Das hat negative Auswirkungen auf alle Beteiligten. So gesehen hatte es also auch seine guten Seiten, dass Sex als Tabuthema gehandhabt wurde. Es ist selten etwas nur gut oder nur schlecht.

Das hat viel mit der Erziehung zu tun - und der Religion!

Währen in den meisten Naturreligionen Sexualität als positive Kraft gilt, sehen unsere Monotheistischen Religionen Sex eher als Ablenkung und Konkurrenz!

Ich habe schon viele Menschen im Bett häufiger "Oh mein Gott!" Rufen hören, als in der Kirche!
In der christlichen Lehre ist ja Sex auch etwas, was grundsätzlich nur verheirateten Paaren zusteht und dann auch weniger wegen der Lust, sondern um Kinder zu zeugen (besonders "heilige" Gruppierungen lehnen daher ja auch Verhütung ab).

Hätte die Kirche einen Weg um ohne Sex an neue "Schäfchen" zu kommen, wäre Sex längst als "sündig" ganz verboten...

Daher haben auch viele Hemmungen offen über Sex zu sprechen, weil sie nicht als "unmoralisch" gelten möchten, nur weil sie als Teenager Sex hatten, vor der Ehe intim wurden, außerhalb der Partnerschaft ihre Lust ausgelebt haben, in einem Swingerclub oder Bordell waren usw.

Mir persönlich ist das relativ Wurst und amüsiere mich daher oft, wenn anderen der Mund offen stehenbleibt, weil sich mal jemand "traut" die Dinge beim Namen zu nennen...

Seid nett aufeinander!

R. Fahren

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Langjährige Tätigkeit als Life-Coach und Fachbuch-Autor
  • Zunächst erst einmal vorab: Du hast recht mit der Beobachtung, dass Sprechen über Sexualität für viele peinlich ist. 
  • Gleichwohl gebe ich zu bedenken, dass wir klar unterscheiden sollten zwischen "Scham fühlen" und "Privatsphäre wahren". Nicht jedem ist ein bestimmtes sexuelles Thema unbedingt peinlich, manchmal will man auch nur nichts von seiner Intimssphäre preisgeben. Letzteres kannst du damit vergleichen, dass die meisten Erwachsenen auch nicht über ihr Gehalt sprechen, obwohl es ihnen nicht peinlich ist. Sie wollen es einfach nur nicht offenbaren. Ebenso wenig redet man eben darüber, was man mit seinem Sexualpartner treibt, denn es geht nur die beiden etwas an.
  • Scham, also dieses Gefühl von "das ist mir peinlich", ist eine Frage der Erziehung. Und zwar ist Scham ein evolutiv-biologisch optimiertes Gefühl, das jeder Mensch in jeder Kultur fühlt und der Körper dabei auch die gleichen Reaktionen zeigt, aber worauf ein Mensch mit Scham reagiert, ist nicht angeboren, sondern ein anerzogen und damit kulturell bedingt. In unserer Gesellschaft sind Nacktheit und ausgeübte Sexualität tabuisiert und nach außen mit Scham belegt.
  • Der verkrampfte Umgang mit Sexualität und Nacktheit hängt mit unser christliche geprägten Kultur zusammen. Fleischliche Lust als das Böse, Nacktheit, die bedeckt werden muss, Sexualität, die am besten nur zur Fortpflanzung ausgeübt wird, Priester, die keusch leben, Masturbation, die lange bei Strenggläubigen verboten war. Das sind alles Relikte aus einer gläubigen Zeit, die so verinnerlicht sind, dass selbst Ungläubige diesen kulturellen Ballast nur schwer abwerfen können. Wie wir erzogen sind, so fühlen wir auch, und sich davon zu befreien, ist wirklich schwierig.
  • Andererseits ist es ja heutzutage nicht so, dass nicht durchaus im engeren Freundeskreis offen über Verhütung geredet wird oder jeder fest davon ausgeht, dass Paare miteinander Sex haben. Die Verklemmtheit ist doch schon deutlich zurückgegangen. 

Jeder Mensch geht anders damit um.