Ist Sex vor der Ehre im Christentum erlaubt? Mit beweis bitte!

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Wie Du siehst, gehen die Ansichten der jeweiligen Traditionen ein Stück weit auseinander. Wenn man es von den Ursprüngen her aufdröselt, muß man zunächst den älteren Teil der Bibel betrachten. Der spricht hin und wieder von sexuellen Beziehungen, die außerhalb einer Ehe stattfinden und bedroht sie nicht mit Strafe. Ehebruch ist ausdrücklich verboten. Aber eine Witwe z. B. ist frei, mit jemandem zu schlafen, wenn sie möchte. Prostitution wird in der Bibel als gegeben hingenommen, auch wenn sie moralisch verurteilt wird. Und es gelten - wie könnte es anders sein - verschiedene Auffassungen über Männer und Frauen: Ein Mädchen soll jungfräulich in die Ehe gehen, ein Mann kann zu einer Prostituierten gehen, zu einer Witwe, einer Geschiedenen. Nur mit der Ehefrau eines anderen darf er nicht schlafen, das ist Ehebruch.

Der neuere Teil der Bibel, auf den vor allem der christliche Glaube sich stützt, spricht nicht viel über die Ansichten Jesu zu diesem Thema. Jesus kannte seine Zeitgenossen und wollte ihnen nicht gestatten, eine Frau zu entlassen (= sich zu scheiden) außer wegen "Unzucht", also sexuellen Affären neben der Ehe. Denn er wußte, daß eine Geschiedene fast automatisch ins Elend fällt, wenn sie keine Familie hat, die sie auffangen kann. Paulus, von dem die Apostelgeschichte und die Briefe berichten, vertrat die Ansicht, es sollte überhaupt keiner heiraten, denn die Zeit sei zu kurz. Er erwartete das Ende der Welt in Kürze. Wer aber nicht sein könne, ohne eine sexuelle Beziehung, der solle lieber ordentlich verheiratet sein als heute hier und morgen da zu schlafen. Er schrieb das nach Korinth und weiter unten habe ich schon in einem Kommentar erwähnt, wie das antike Korinth zu sehen ist. Paulus vertrat aber seine eigene Meinung, nicht die Ansicht Gottes, der Bibel oder Jesu.

Wir wissen heute mehr als die antike Welt über Fortpflanzung und Sexualität. Und da weder die Bibel noch Jesus Christus die Erkenntnisse der Welt für immer absolut festgeschrieben haben, können wir die Sexualmoral der Bibel auch neu deuten, nämlich im Licht unseres Wissens. So, wie wir heute nicht mehr davon ausgehen, daß die Sonne am Himmelszelt hängt, brauchen wir auch nicht mehr davon ausgehen, daß eine Frau ein Acker ist, in die der Same des Mannes gelegt wird. Wir wissen, daß Masturbation keinen Schaden an der Natur verursacht und die Natur selbst beim Zeugungsvorgang geradezu irrsinnig verschwenderisch ist. Wir wissen auch, daß eine Ehe die Hölle auf Erden sein kann und es besser ist, eine gescheiterte Beziehung zu trennen, als auf Gedeih und Verderb zusammenzubleiben. Und wir wissen, daß das, was manche Kirchen über Beziehungen und Sexualität lehren, auf Erkenntnissen der Antike beruhen, die bislang nicht einmal annähernd aufgefrischt wurden, und es sich ferner um Kirchenrecht handelt, das nicht göttliches Recht ist sondern von Menschen gemachtes Recht.

Fazit: Aus EINER christlichen Perspektive ist Sexualität eine Gabe Gottes. Sie ist lustvolle Begegnung in Vertrauen und Intimität und gleichzeitig eine Möglichkeit der engen Bindung. Sie ist Teil menschlicher Grundbedürfnisse und kann unter verschiedenen Rahmenbedingungen gelebt und gestaltet werden, immer im Hinblick auf den liebevollen Umgang miteinander und die Verantwortlichkeit füreinander. Das schließt An- und Verkauf von Sexualität als Ware aus. Es schließt aber auch die Beschränkung auf die Zeugung von Nachwuchs aus. Gruß, q.


earnest  01.12.2012, 16:13

Eine wunderbare Antwort, quopiam!

quopiam  02.12.2012, 21:01
@earnest

Danke für die "Blümchen". Und @Maik2: Nimm es mir nicht übel, aber es ist eine Tatsache, daß wir heute mehr über Sexualität und Fortpflanzung wissen als früher. Wir wissen auch mehr über Medizin und behandeln nicht mehr nach Rezepten aus biblischer Zeit, nicht wahr? Wir wissen viel mehr als die Menschen der Antike und so weit es mich betrifft, lebe ich lieber in der Jetztzeit mit allen Konsequenzen als in der Antike oder nach antiken Lebensvorstellungen.

Danke für das Sternchen! Alles Gute, q.

Maik2  03.12.2012, 21:30
@quopiam

brauchen wir auch nicht mehr davon ausgehen, daß eine Frau ein Acker ist, in die der Same des Mannes gelegt wird.

Wir wissen das Frauen keine Männer sind und Männer keine Frauen. Wir wissen das ohne Fortpflanzung die Menschheit nicht bestehen kann und wir wissen das nur die Frau gebären kann.

Wir wissen, daß Masturbation keinen Schaden an der Natur verursacht

Aber wir wissen das Ich-Fixierung bereits Zeichen eines vorliegenden Problems ist.

und die Natur selbst beim Zeugungsvorgang geradezu irrsinnig verschwenderisch ist.

Deshalb werden wir immer älter?

Wir wissen auch, daß eine Ehe die Hölle auf Erden sein kann

Wir wissen das man an einer Ehe arbeiten sollte. Jedenfalls die die der Bibel glauben wissen das.

Und wir wissen, daß das, was manche Kirchen über Beziehungen und Sexualität lehren, auf Erkenntnissen der Antike beruhen, die bislang nicht einmal annähernd aufgefrischt wurden, und es sich ferner um Kirchenrecht handelt, das nicht göttliches Recht ist sondern von Menschen gemachtes Recht.

Wir wissen das Gott immer derselbe bleibt.

earnest  04.12.2012, 13:19
@Maik2

Ja und?

Was hat das mit dem Thema Masturbation zu tun?
Und inwiefern widerlegt das quopiam - falls das denn Deine Absicht war?

Maik2  04.12.2012, 14:59
@earnest

Meine Absicht war es nicht gegen Masturbation zu sprechen. Du solltest genauer lesen.

earnest  05.12.2012, 17:33
@Maik2

Ich habe nicht behauptet, daß es Deine Absicht gewesen sei, gegen Masturbation zu sprechen.

Nur habe ich nicht so recht verstanden, was der direkte Zusammenhang Deiner Äußerungen mit der am Thema orientierten Antwort von quopiam war.

Was war denn Deine Absicht?

Kaimosi  30.11.2012, 14:29

Eine sehr gelungene Antwort.

Es gibt zwei Fraktionen, die sich nicht die Mühe machen, das 'Geschriebene' auf die Zeit und den Zeitgeist zu reflektieren, die einen sind orthodoxe Glaubenseiferer und die anderen Glaubensgegner...sollen die sich bitte gegenseitig die Köpfe einschlagen, verstanden haben sie damit das Problem nicht, Deinen Text werden sie auch verschmähen...leider

Maik2  30.11.2012, 14:38
@Kaimosi

Eine sehr gelungene Antwort.

Find ich nicht. Er schreibt heutige Ansichten in Fakten um und du applaudierst. Das ist alles. Mit anderen Worten er sagt mir zu oft: wir wissen... zu etwas das falsch ist.

Kaimosi  30.11.2012, 15:04
@Maik2

Das mit dem Verschmähen hatte ich prophezeit...

Ich habe mich vor 23 Jahren mit diesem Thema beschäftigt, weil ich als Christ selbst vom angeblichen Verbot des vorehelichen Sex betroffen war. Ich habe in der Bibel nichts eindeutiges gefunden, was ein solches Verbot festlegt, aber auch keine ausdrückliche Erlaubnis.

Ich denke, dass viele christliche Konfessionen vorehelichen Sex verbieten, dass dies aber ihre eigenen Vorschriften sind. In der Regel ist es aber eher ein ungeschriebenes Gesetz im Christentum.

Die Kirche stützt sich mit ihren Vorschriften zur Sexualität gern auf die Bibel und darin was die Verbote angeht, auf das alte Testament. Dies sind alte hebräische Vorschriften, etwa 2700 bis 3200 Jahre alt. Ich vermute, dass die Menschen in Israel damals keine Verhütungsmittel hatten. Wobei sich da die Frage ergibt, ob die Prostituierten damals am laufenden Band Kinder bekommen haben...

Ich weiß es nicht, gehe also davon aus, dass Verhütungsmittel unbekannt waren. Das hieß damals, dass JEDES Nachgeben des sexuellen Verlangens eine Schwangerschaft nach sich ziehen konnte und dies den Leuten immer wieder bewusst gemacht wurde. Auf dieser Grundlage dienten die ganzen sexuellen Verbote vor allem dem Schutz der Familie. Sie sollten insbesondere ledige Frauen vor ungewollter Schwangerschaft schützen.

Wie es damals mit Abtreibungen stand, weiß ich nicht. Es wird sie sicher gegeben haben, aber nicht wie heute hinter verschlossenen Krankenhaustüren. Wer damals einer Frau in einer solchen Situation half, sah nicht nur die blutige Angelegenheit. Derjenige sah auch den abgehenden Fötus: Eine blutige winzige Babyleiche, und die Schwangere sah sie wahrscheinlich oft auch. Die moralischen Hürden für eine Abtreibung waren deshalb wahrscheinlich sehr viel höher als heute, weshalb es dazu auch kaum ein Verbot in den althebräischen Vorschriften gibt.

Die Kirche beruft sich bei ihren Verboten auf diese alten Gesetze, die keinen Glaubensgrund sondern soziale Gründe hatten und die kaum noch in die heutige Zeit passen.

Fazit: Es gibt keine Erlaubnis und schon gar keinen Beweis dafür.

Hallo elpulga61.

Nicht böse sein. Aber Muslime haben oft ein unzutreffendes Bild vom Christsein, dass sich aus der eigenen Praxis speist. Moslem wird man qua Geburt. Bei Christen gibt es so eine Konstruktion nicht. Man kann Kirchenmitglied sein ohne Christ zu sein. Und in der Regel ist das auch der Fall. Besonders in europäischen Ländern kann man den Eindruck gewinnen, dass man in das Christentum hineingeboren wird. Biblisch betrachtet ist das allerdings falsch. Christ ist nicht, wer (womöglich) als Baby "getauft" wurde und sich dann an einen vermeindlich christlichen Verhaltenskodex hält.

Nur wer aus eigenem Entschluss zu Gott umkehrt und zu ihm eine Beziehung bekommt indem er Jesus (nochmal) aus EIGENEM Entschluss als Herrn und Retter annimmt, in der Folge eine neue Geburt aus dem heiligen Geist erfährt, kann berechtigt Christ genannt werden. Der prozentuale Bevölkerungsanteil solcher Christen dürfte sich in Deutschland deutlich im einstelligen Bereich bewegen.

Wirkliche Christen pflegen ihr Verhältnis zu Gott auch nicht als Religion zu bezeichnen. Religion ist der Versuch der Menschen sich bei Gott Anerkennung zu verdienen. Christen lehnen so eine Haltung ab.

Fazit: Deine Freunde sind mit großer Wahrscheinlichkeit gar keine Christen und wissen das vielleicht selbst nicht einmal. Deshalb ist es auch nicht notwendig danach zu fragen, ob Sex vor der Ehe korrekt ist für einen Christen. Dich fragt ja auch niemand danach, ob Du nach den Regeln des Buddhismus lebst.

Weitere Infos über das Christentums bekommst Du bei einem Missionswerk. Zum Beispiel http://missionswerk-heukelbach.de

Lieben Gruß


helmutwk  29.11.2012, 19:06

Religion ist der Versuch der Menschen sich bei Gott Anerkennung zu verdienen.

Außerhalb frommer kreise wird Religion aber ganz anders definiert ...

izreflexxx  29.11.2012, 21:00
@helmutwk

Dessen bin ich mir bewusst. Nach der von mir bevorzugten Definition von Religion wird die einzigartige Stellung biblischen Christentums deutlich. Wir könnten nach anderer Definition unter diesem Gesichtspunkt nur zwei Unterkategorien von "Religion" bilden, innerhalb einer das Christentum ein Einzeldasein führt. Ist mir meinetwegen auch recht, wenn es der Kommunikation dient. Solange es darüber keine Einigung gibt, bin ich jedoch nicht bereit, das Christentum mit derselben Bezeichnung zu etikettieren, wie sie für Systeme verwendet werden in denen eigenes (moralisches) Handeln eine heilsnotwendige Funktion haben.

Das ist nach meinem Dafürhalten mit einer der Gründe dafür, weshalb Angehörige (anderer?) Religionen unverschuldet davon ausgehen, dass die Bedeutung gesetzlicher Heilsanstrengungen eine ihnen selbstverständlich gewordene notwendige Qualität auch für Christen hätte.

Die unbefangene Verwendung des Religionsbegriffs würde meines Erachtens diesem Umstand nicht angemessen begegnen. Und so werden wir uns weiterhin zukünftig täglich mit "Schweinefleischfragen" befassen dürfen.

Die Frage lautet also, ob es hilfreich ist oder ein Hindernis darstellt in der Kommunikation. Ich bin mir ziemlich sicher, dass letzteres zutrifft und halte es für begründet sinnvoll den Religionsbegriff im Sinne "frommer Kreise" einzusetzen. Letztlich geht es bei dieser Plattform doch um hilfreiche Antworten.

helmutwk  30.11.2012, 01:18
@izreflexxx

Wir könnten nach anderer Definition unter diesem Gesichtspunkt nur zwei Unterkategorien von "Religion" bilden, innerhalb einer das Christentum ein Einzeldasein führt.

Du wirst mehr als zwei Kategorien brauchen. Im Schamanismus geht es meist überhaupt nicht um Moral o.ä., sondern nur darum, macht über Geister zu bekommen, die dann auch weltliche Macht bedeuten kann, weil sich niemand gegen einen mächtigen Schamanen stellen will. die Frage nach dem Heil stellt sich da nicht, höchstens die Frage nach dem "Wohl".

Die Frage lautet also, ob es hilfreich ist oder ein Hindernis darstellt in der Kommunikation.

Ich sehe eher ein Hindernis in der Kommunikation, wenn ein Wort ganz anders benutzt wird, als das gegenüber erwartet.

izreflexxx  30.11.2012, 05:43
@helmutwk

Ich sehe eher ein Hindernis in der Kommunikation, wenn ein Wort ganz anders benutzt wird, als das gegenüber erwartet.

Deshalb ja.

Nein, im christlichen Glauben (was ich nicht als Religion bezeichne) ist es genauso verboten, wie bei euch - aber bei euch ist es ja auch nicht anders... Allerdings kenne ich Christen, die sich daran halten und sehr glücklich geworden sind...denn Gott segnet Gehorsam.

Bedenke, dass nicht jeder der sich Christ nennt, auch Christ ist... Ein Christ folgt Christus nach...

Im Christentum ist vieles aufgehoben was im Alten Testament/Judentum noch Heute Bestand hat. Christen lassen sich ja auch nicht beschneiden.


ALATI  29.11.2012, 21:11

@1998Ritter

Das gilt aber gewiss nicht für die 10 Gebote.

oliberlin  29.11.2012, 18:07

Es ist aber nicht alles aufgehoben, die Zehn Gebote z.B. gelten ja weiterhin.

hell11  29.11.2012, 18:19
@oliberlin

und wenn die gelebt würden, dann wäre auf der Welt Friede, Freude Eierkuchen, aber ist eine Religion, welche das 5 Gebot du sollst nicht Töten umgedreht, da wird das Töten sogar belohnt.

oliberlin  04.12.2012, 00:05
@hell11

Wenn die gelebt werden würden würde es nur diese eine Religion geben und alle anderen wären verboten. Nicht unbedingt das, was ich mir unter einer pluralistischen Gesellschaft vorstelle. Die Diskussion daüber wäre übrigens dann auch obsolet, weil entweder man hält sich dran oder man verstößt gegen Gottes Gesetze und kann nach den verschiedenen Regeln z.B. nach Levitikus bestraft werden – z.T. eben mit dem Tod.

Ich glaube ich verzichte auf Friede. Freunde, Eierkuchen...