Wieso glauben mir viele Leute nicht, wenn ich die Wahrheit sage?

Ich habe oft erlebt, dass viele Leute mir nicht glauben, wenn ich die Wahrheit sage. Dabei meine ich nicht subjektive Meinungen, sondern triviale Fakten, z.B., was ich wo studiert habe, wie hoch die Studiengebühren sind, welchen Kredit ich beantragt habe, welche Datenanalysen ich auf welche Weise durchgeführt habe, welche E-Mail ich am Morgen bekommen habe, in welchem Raum ein Event stattfindet, was ein Arzt zu mir gesagt hat usw. Immer wieder gibt es Personen, die mir ausdrücklich misstrauen - und oftmals sogar ausdrücklich davon ausgehen, dass meine Aussage falsch sei -, ohne dafür irgendeinen nachvollziehbaren Grund anzugeben.

Die naheliegende Erklärung, dass ich früher einmal (oder häufig) gelogen hätte, trifft nicht zu. Ich bin ein ehrlicher Mensch und habe die Leute, um die es geht, nie angelogen.

Es sind auch keine unplausiblen Dinge, die ich erzähle. Es sind ganz simple Fakten (die außerdem alle überprüfbar sind).

Ich kenne niemanden, der so oft von Misstrauen betroffen ist wie ich. Auffällig ist aber, dass nicht alle Menschen mir mit Misstrauen begegnen. Zum Beispiel habe ich bei Lehrer*innen und Professor*innen, die mich unterrichtet haben, bei Chefs, bei Behörden und bei meinen Studierenden (bin zur Zeit Uni-Dozent) nie oder fast nie Misstrauen erlebt. Das Misstrauen tritt häufiger auf der gleichen oder ähnlichen Ebene auf, z.B. bei Kolleg*innen, Sekretär*innen, einigen Bekannten und in Teilen der eigenen Familie (v.a. Mutter und Großmutter). Frauen begegnen mir deutlich häufiger mit Misstrauen als Männer. Ich bin aber kein Macho - mir wird immer wieder bestätigt (auch in studentischen Evaluationen), dass ich Frauen und Männer gleich behandle.

Wenn ich nachfrage, was die Ursache für das Misstrauen ist, wird entweder ausgewichen oder es wird gesagt, dass es eben nur so ein Eindruck/Gefühl sei. Es wird aber nicht erklärt, worauf dieses Gefühl basiert.

Wenn sich herausgestellt hat, dass ich die Wahrheit gesagt habe, bleibt das Misstrauen in weiteren Situationen meist trotzdem bestehen.

Mich stört dieses Misstrauen häufig, weil es das soziale Zusammenleben erschwert. Das unberechtigte, hartnäckige und offene Misstrauen war auch einer der Gründe, warum ich den Kontakt zu meiner Mutter und Großmutter abgebrochen habe (zu meiner Mutter schon vor Jahren). Hat jemand eine Erklärung für dieses Misstrauen und/oder einen Tipp, wie man allgemein damit umgehen kann?

Ein Psychologe, zu dem ich gegangen bin, meinte, dass es sich möglicherweise um eine sich selbst erfüllende Prophezeiung handele: Weil ich schon davon ausgehe, dass man mir nicht vertraut, verhalte ich mich anders (z.B. unsicherer), als es von jemandem erwartet wird, der die Wahrheit sagt. Bewusst tue ich das nicht, aber ich kann nicht ausschließen, dass es unbewusst so ist. Ich weiß aber nicht recht, wie ich das ändern soll - zumal es ja tatsächlich meine Erfahrung ist, dass viele Leute mir misstrauen, und ich diese Erfahrungen nicht vergessen kann.

Dankeschön!

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Vielleicht versuchst du aufgrund deiner Erfahrungen zu hart daran zu arbeiten, ehrlich rüber zu kommen. Möglicherweise nehmen die Personen in deinem Umfeld die Sache anders wahr. Es muss nicht so sein, dass sie dich als Lügner im Sinn haben. Sie erkennen deine Unsicherheit. Und sein wir ehrlich... Wenn wir im sozialen Umfeld - warum auch immer - zu häufig Unsicherheit an den Tag legen, distanzieren sich andere automatisch.

Du erwähnst viel über Fakten, die du anderen mitteilst. Unabhängig von dem Lügen-Aspekt sind soziale Konversationen in denen überproportional Fakten geliefert werden immer problematisch. Es kann von oben herab wirken oder langweilen. Möglicherweise bewirkt dies bei anderen, dass diese innerliche Barriere hochfahren lassen.

Sozialer Umgang ist stets ein zweischneidiges Schwert. Wie wäre es, wenn du dich in Interaktionen mehr um das soziale/empathische Miteinander in Kommunikationen konzentrierst. Überlasse anderen, was sie von dir glauben wollen/sollen oder nicht.

Was bewirkst du damit?

Deine Mitmenschen werden sich freier Fühlen. Sie werden merken, dass du dich in Gesprächen authentisch mehr für sie interessierst. Mit der Zeit (wahrscheinlich früher als später) werden sie ihren "Wächter" wieder runterfahren. Das Thema Lüge wird sich so in Schall und Rauch auflösen.

Dein Psychologe ist vom Fach und hat mit der selbsterfüllenden Prophezeiung vermutlich nicht unrecht. Was ist wenn du diesen Mechanismus zu deinem Vorteil nutzt? Du weißt, dass du nicht lügst. Also wieso soll diese Tatsache nicht auch deinen Mitmenschen bewusst werden. Begnüge dich doch damit, was du über dich denkst und weißt und überlasse anderen, was sie über dich (und andere) denken wollen.

Wir gehen doch alle durchs Leben und lassen uns von anderen nicht einreden, was wir glauben sollen/wollen und was nicht. Glaub an dich und lass andere in diesem Sinn autark sein.

Alles Liebe und Gute!

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