Das Zitat entstammt Nietzsches erster Ausgabe "Unzeitgemäße Betrachtungen", das sich hauptsächlich dem (vergnüglichen) Zerpflücken der Publikationen des damals reichlich populären Theologen und Philosophens David Friedrich Strauß widmet.

Das gestellte Zitat ist im Prinzip nicht nur aus dem Zusammenhang gerissen, sondern ein aus dem Satzgefüge entnommener Einschub. Der konkrete Kontext ist ein Zitat Strauß'. Wenn Dich das Gesamtzitat interessiert, auf das Nietzsche Bezug nimmt, google den Satz: "Alles sittliche Handeln ist ein Sichbestimmen des einzelnen nach der Idee der Gattung".

Die "Idee der Gattung" verfolgt Straußens Ansatz seiner eigenen Moraltheologie, die  er für universell hält und als eine Konstante, der jeder zuzustreben hat. Er sieht also (vereinfacht gesagt) seine Moraltheologie als ein universell gültiges Moment, dem im Grunde jeder zustrebt. Demzufolge übersetzt Nietzsche das Zitat in den simplen Nenner: "Lebe als Mensch, und nicht als Affe oder Seehund!" Nietzsche zerpflückt es ihm, indem er konkludiert, dass unter dem Sammelbegriff "Mensch" ein Panoptikum an Lebensentwürfen zusammenläuft. Exemplarisch vergleicht er den "Magister Strauß" mit dem "Pantagonier" (damals eine Sammelbezeichnung für spanische "Indianerstämme").

Er nimmt weiterhin Bezug auf David Friedrich Strauß' Terminologie des "idealen Ausdruck der Gattung Mensch" (die Strauß freilich nur in den Kontext seiner eigenen Moraltheologie setzt) und sagt (etwas provozierend): Was wäre, wenn sich ein Pantagonier oder ein Magister Strauß sagen würde: Lebe als Genie? Beide würden jeden anderen (vereinfacht gesagt) mit der überhöhten Selbstsicht nerven und glauben, im Besitz des einzigen und allheiligen Wissens zu sein, obwohl sie immer das blieben, was sie waren - Pantagonier oder Magister Strauß, nicht Genie. 

Der Satz nimmt direkt Bezug auf den vorherigen Zusammenhang und heißt vollständig: "Strauß hat noch nicht einmal gelernt, daß nie ein Begriff die Menschen sittlicher und besser machen kann, und daß Moral predigen ebenso leicht als Moral begründen schwer ist; seine Aufgabe wäre vielmehr gewesen, die Phänomene menschlicher Güte, Barmherzigkeit, Liebe und
Selbstverneinung, die nun einmal tatsächlich vorhanden sind, aus seinen
darwinistischen Voraussetzungen ernsthaft zu erklären und abzuleiten:
während er es vorzog, durch einen Sprung ins Imperativische sich vor der
Aufgabe der Erklärung zu flüchten."

Um es mal wieder zurück in den Kontext zu bringen: Wenn man, wie Strauß, Moral als universell betrachtet, dann muss man einen Begründungsschluß ziehen, der universell in jedem Menschen nachweisbar ist. Ergo: Moral predigen ist leicht, Moral zu begründen ist schwer bis unmöglich. Insbesondere, wenn man sie a priori als "gottgegeben" versteht.

Wenn Du Interesse hast, suche nach "Unzeitgemäße Betrachtungen" von Nietzsche. Lesenswert und stellenweise ausgesprochen lustig (besonders, wenn Nietzsche gegen Strauß polemisch wird - er bedient sich reichlich des Spotts).

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