Aufgrund von Schlafproblemen hab ich doch gleich etwas geschrieben:
Um meine Gedanken zu diesem sehr komplexen Problem zu
ordnen, werde ich das ganze etwas aufgliedern
Deine Defizite: Du hast dir aus Selbstschutz über viele
Jahre eine inhaltliche Denkstörung angeeignet, aufgrund derer du die meisten
Angehörigen des weiblichen Geschlechts konsequent ignorierst. Du kannst
außerdem Wahrnehmungsreize schwer ausblenden, was dir viel Energie raubt. Insbesondere ist das Ignorieren der Mädchen zunehmend anstrengend. Deine sozialen Beziehung leiden darunter, weil du in gemischten Gruppen deine ‚ignorierende‘ Fassade aufrechterhalten musst und daher unsympathisch rüber kommst. Ich denke, dass auch bei alltäglichen Verrichtungen Schwierigkeiten auftreten (was wenn im Supermarkt nur Mädels hinter der Kasse sitzen?)… und wie du bereits gesagt hast, später im Beruflichen.
Deine Ressourcen: Du scheinst, abgesehen von dieser spezifischen Denkstörung, ein vernunftbegabter und intelligenter Mensch zu
sein, der die komplexen Zusammenhänge seiner Probleme gut analysiert und
reflektiert. Du agierst weder körperlich noch verbal aggressiv gegenüber
Frauen, auch wenn eine große innerliche Ablehnung besteht. Und du erkennst
trotzdem manchmal, dass deine Annahmen nicht auf alle Frauen zutreffen, auch wenn du dein Verhalten dadurch nicht anpassen kannst.
Wie kannst du dieses Problem also angehen?
Variante 1: Deine Denkmuster beibehalten, aber durch verändertes Verhalten überspielen
Das dürfte in etwa da sein, was du bereits als geeignete Maßnahme angedeutet hast.
Das Problem an dieser Version hast du bereits selbst festgestellt. Wenn das Verhalten etwas anderes darstellen soll, als der Gedanke, der dahinter steht, entsteht eine Dissonanz. Und das lässt sich nur sehr schwer verbergen, denn es gibt immer unbewusste Regungen in der Mimik, Gestik, Stimme
usw., die dich beim Gegenüber in deiner Glaubwürdigkeit beeinträchtigen. Du
müsstest schon sehr intensiv dieses Verhalten trainieren, wie ein Schauspieler, der eine Szene probt.
Nur das Leben ist kein Film. Im Leben musst du flexibel auf
unerwartete Situationen reagieren und kannst nicht immer nur ein Rezept
anwenden. Außerdem musst du zwangsweise, um dich selbst du trainieren, dich gezielt auf die Konfrontation mit Frauen einlassen. Es zulassen, dass viele störende Gedanken im Hintergrund ablaufen, und trotzdem den Schritt wagen, mit Frauen in Kontakt zu treten.
Du kannst vielleicht für dich selbst im Gedanken Situationen
durchgehen, dein Verhalten im Voraus planen, es vielleicht aufschreiben oder
praktisch durchspielen. Effektiver wäre es mit einer männlichen Hilfsperson,
die sich für Rollenspiele zur Verfügung stellt, viel Zeit opfert, um diese
Situationen mit dir zu üben. Was Körpersprache anbelangt, kannst du dir über
Videos und Literatur (z.B. von Samy Molcho) Wissen aneignen. Nur – dieses
Wissen, diese geprobten Situationen sind vielleicht ein erster Schritt, sie helfen aber nicht automatisch in der Realität.
Weil dort strömen dann viele Reize auf dich ein, die dich
überfordern, dann auch noch die störenden Gedanken, und plötzlich kannst du
dein Verhalten nicht mehr richtig kontrollieren und du verfällst in alte
Muster. Diesen Kontrollverlust wirst du nicht vermeiden können. Stattdessen
musst du ihn erst einmal akzeptieren lernen, und dich durch diesen nicht davon abhalten zu lassen, weiterhin in der Realität zu üben. Du wirst dich auf
Misserfolge einstellen müssen um weiterzukommen. Hartnäckig bleiben, auch wenn es sehr lange dauert bis du Erfolgserlebnisse hast. Und selbst dann ist die Frage, ob es nicht auf Dauer gesehen sehr belastend sein kann, ständig etwas anderes vorzuspielen, als das was in einem tatsächlich vorgeht.
Variante 2: Deine Denkmuster verändern – wodurch sich automatisch
dein Verhalten positiv verändert
Auch wenn dir diese Version wahrscheinlich am wenigsten
gefällt, so halte ich sie persönlich für am nachhaltigsten. Denn sie beseitigt das
Grundproblem anstatt nur an den Symptomen herumzudoktern. Aber diese Variante ist in der Umsetzung noch einmal eine ganz andere Hausnummer. Es geht darum deine ‚Glaubensätze‘ die für dein Problem verantwortlich sind, zumindest teilweise über den Haufen zu werfen. Da du dir diese über einen großen Teil deines Lebens in dein Denken eingebrannt hast, und diese für dich einen fast unabdingbaren Schutz gegen das Verletzt-Werden durch weibliche Personen darstellt, wirst du diese auch gar nicht loswerden wollen.
Aber du wirst es vielleicht müssen. Du wirst vielleicht diese Grundsätze sehr
stark in Frage stellen müssen, weil der Schutzmechanismus dich schlichtweg
daran hindern könnte, dein Leben so zu gestalten, wie du es dir wünschst.
Und ich verstehe vollkommen, dass es für dich das letzte ist, was du dir vorstellen kannst, dass es unglaublich hart für dich ist, die Möglichkeit auch nur in Betracht zu ziehen. Geschweige dem, umzusetzen. Und das ist etwas,
dass du ohne professionelle Hilfe kaum bewältigen kannst. Du bist intelligent,
und theoretisch kognitiv in der Lage dich zu reflektieren, aber an diese schon
fast abgekapselte, dogmatische Denkstörung heranzukommen, schaffst du ohne Unterstützung wahrscheinlich nicht.
Zur therapeutischen Hilfe:
Du hast bereits geschrieben, dass du nie Psychopharmaka
schlucken würdest. Keine Sorge – ich persönlich glaube eher nicht, dass eine medikamentöse Behandlung durch einen Psychiater bei dir indiziert wäre.
Für mich scheinst du eher ein Fall für die kognitive Verhaltenstherapie, welche sich stark mit dem Einfluss der Gedanken und Überzeugungen auf das Verhalten beschäftigt. Du schreibst, dass du bereits bei einem Psychologen warst und du nicht glaubst, dass du dich in einer Therapiesituation öffnen könntest. Ich denke, das kommt auch stark darauf an, ob die Chemie zwischen Therapeut und Klient stimmt, und welcher Ansatz für die Therapie gewählt wird. Vielleicht gelingt es dir ja bei einem anderen Therapeuten besser, dich zu öffnen.
Ich kann dir nur mit voller Inbrunst ans Herz legen, es noch einmal mit professioneller Hilfe zu versuchen.
Hoffentlich hilft dir das irgendwie weiter.