Hey gutefrage-Forum!

Gestern hat mein Bruder geheiratet und ist aus unserem Haus ausgezogen und eigentlich bin ich sehr glücklich darüber, dass er nun sein eigenes Leben führen darf. Mein anderer Bruder und meine Schwester sind auch schon außer Haus, allerdings hatten die auch immer irgendetwas zu tun, da sie halt zu dem Zeitpunkt noch studierten, daher fiel mir da der Abschied nicht so schwer wie jetzt. Mir war bei seiner Verlobung vor ca einem halben Jahr schon bewusst, dass er mal ausziehen wird, aber ich habe es bis jetzt immer geschafft zu verdrängen.

Nun, jetzt ist er weg und jedes Mal wenn ich an seinem alten Zimmer vorbeigehe muss ich sofort flennen. Sein Zimmer war unser sog. "Freizeitzimmer", also immer wenn man mal Besuch von mehreren Leuten bekommt, kann man sich dort aufhalten, da es unter anderem auch doppelt so groß war und dort auch unser Fernseher drin steht.

Eigentlich haben wir vor, dieses Zimmer auch als Freizeitzimmer zu behalten, allerdings weiß ich nicht ob ich das schaffe. Zurzeit versuche ich, dort immer die Tür zuzumachen, denn es ist eher das leere Bett was mich traurig macht, aber das kann ja auch nicht ewig so weitergehen.

Im Endeffekt übertreibe ich in der Situation maßlos, da wir uns eigentlich immer mit der ganzen Familie am Sonntag treffen und seine Wohnung tatsächlich in einer Minute Fußweg zu erreichen ist. Er ist außerdem ja nicht gestorben oder so.

Obwohl noch ein Bruder bei uns in der Familie "übrig" ist, fühlt es sich immer so seltsam an, am Tisch nur zu viert statt zu fünft zu sitzen. Wir hatten auch beide immer so einen "Insider" dass wir manchmal einfach in das Zimmer vom anderen gingen, für 4 Sekunden stehenblieben, "ja" sagten und wieder gingen. :'(

Er hat 15 Jahre in meinem Leben verbracht und davon waren wir ca 10 Jahre lang in einem Zimmer. Ich bin, als wir nachher in getrennten Zimmern waren, so oft in sein Zimmer gegangen, weil ich gehört habe, wie er einen Film schaute und habe mich einfach dazugesetzt und wir haben so den Abend miteinander verbracht.

Alleine beim Schreiben dieses Textes musste ich mir mindestens 5x meine Tränen abwischen. Ich habe schon mit anderen gesprochen, bei denen auch ein Familienmitglied ausgezogen ist und die meinten, nach einiger Zeit ging es denen besser, da sie gelernt haben, damit umzugehen.

Aber wann werde ich das lernen?