Sehr rationale Fragen brauchen wohl rationale Antworten.
Gibt es Gott? Das hängt wohl zuerst davon ab, was man unter Gott versteht. Es wäre schon ein Anflug von Grössenwahn zu glauben, dass es nichts Höheres als den Menschen gibt. Besonders "allmächtige" menschliche Herrscher, die sich nicht unterordnen wollten haben Bekanntschaft mit diesem Wahn gemacht. Zum anderen ist der Mensch definitiv äusserst klein und bedeutungslos. Die Sonne braucht nur mal zu husten und die Erde wäre verloren. Es gibt also mit Sicherheit nicht nur Etwas, sondern Vieles das grösser und mächtiger ist als die Menschen. Der Ursprung der Naturgottheiten, die man zwar anbeten kann aber auf keine Antwort hoffen sollte.
Eine weitergehende Frage ist, ob es den Grössten und den Mächtigsten gibt. Eine sehr mathematische Fragestellung: Gibt es das Unendlich oder ist es Fantasie? Mathematiker glauben, dass es das Unendlich gibt, rechnen damit und sind erfolgreich. Mithilfe des Begriffs Unendlich ist das menschliche Gehirn in der Lage auch solche Vorgänge noch rational zu verarbeiten und sogar zu berechnen, die sonst die Vorstellungskraft sprengen würden. Es ist also vor allem für die menschliche Ratio unerlässlich, dass es etwas unendlich Grosses gibt.
Dieses Unendlich grosse Etwas wurde bei den Israeliten noch wesentlich gesteigert. Der Gott der Juden ist nicht nur gross und mächtig, er ist auch ewig. "Ich bin der ich bin", derjenige, dessen Existenz keine Ursache braucht. Unendlich gross in der Zeit steht seine Existenz über der Kausalität. Erstmals in der Geschichte der Menschheit wurde über die Grenzen der Raumzeit spekuliert. Seit Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie wissen wir, dass so etwas wirklich möglich ist. Die Zeit ist nur eine weitere Dimension. Leider ist der Mensch nicht in der Lage, sich in dieser Dimension selbstständig zu bewegen, sondern er unterliegt dem Ablauf seiner Zeit. Ein vierdimensionales, also zeitlich unbeschränktes, vielleicht auch unbegrenztes Wesen, ist nicht an unseren Zeitverlauf gebunden, im Falle der Unbegrenztheit bräuchte es nicht einmal eine Ursache für seine Existenz. Ich glaube kaum, dass Moses und seine Leute damals diese Möglichkeit schon erforscht hatten. Es wird ihnen vielmehr gesagt worden sein von jemand, der die vierdimensionale Raumzeit kennt wie seine Westentasche.
Die Frage "Wo ist er?" muss man Vervollständigen zu "Wann und wo ist er". Ein wie wir nun wissen vierdimensionales Wesen wird sich nicht auf unsere Zeit festnageln lassen. Hawkins hat einmal festgestellt, wir würden es nicht einmal merken wenn unsere Zeit plötzlich rückwärts läuft. Der Lauf der Welt, Vergangenheit und voraussichtliche Zukunft liegen ausgebreitet vor Gott und die Entscheidungsfreiheit der Menschen kann die Zukunft der Welt manchmal verändern, positiv oder negativ. Er wird also an jenen Orten zu jenen Zeiten zu finden sein, wo sich die Welt zum Guten wendet. Dafür braucht ein zeitlich unbeschränktes Wesen keine Armeen oder Raumschiffe. Das Gute erreicht es schon mit simplen Eingriffen zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Manchmal genügen schon Eingriffe spiritueller Art, indem er die Leute an entscheidender Stelle frühzeitig veranlasst etwas entscheidend richtig zu machen. Die Leute an entscheidender Stelle sind dabei selten die Regierenden, sondern wohl eher ihre Vorfahren, die ganz einfach dafür sorgen können dass es einen Tyrannen erst gar nicht gibt. Es hätte schon eine kleine mentale Abneigung bei der Mutter von H.itler genügt und es hätte ihn nie gegeben. Dass es ihn gegeben hat ist wohl ein Zeichen dafür, dass es noch schlechtere Alternativen gab. Ich denke H. kam gerade noch rechtzeitig um zu verhindern, dass Deutschland die erste und einzige Atom- und Supermacht wird. Schliesslich war man in der Wissenschaft damals weit voraus. Ein paar Jahre später und wir hätten heute das tausendjährige Dilemma.
Die Frage "Was macht er?" lässt sich daran schon ein wenig erkennen. Es gibt uns immer noch und wir müssen nicht schwerbewaffnet herumlaufen, was für ein Wunder. Er hat bis heute verhindert, dass auf der Welt das Böse siegt. Er sorgt für den ethischen Fortschritt und muss den technologischen Fortschritt manchmal bremsen zum Wohle der Menschen. Neben diesen kleinen Korrekturen am Lauf der Welt macht er jedoch erstaunlich wenig.
Die wirkliche Frage lautet daher "Warum macht Gott nicht mehr, warum lässt er so viel einfach geschehen?" Tatsächlich ist es so, dass sehr viel Unrecht geschieht und Gott greift nicht ein. Er kümmert sich wohl mehr um die Zukunft als um die Gegenwart. Um diese Frage richtig zu beurteilen muss man sich wieder die Möglichkeiten eines vierdimensionalen Wesens vorstellen. Es wäre schon in der Lage hier mächtig auf den Putz zu hauen, aber unser Raum-Zeit-Kontinuum würde wahrscheinlich instabil, wenn so viel an Kausalität verletzt wird. Es wäre das Ende der Welt, etwa so wie der jüngste Tag in der Bibel beschrieben wird. Das Experiment Menschheit muss zu einem guten Abschluss gebracht werden, darf daher wohl nicht vorzeitig abgebrochen werden. Aber was ist mit der Güte Gottes, hat er denn kein Mitleid mit den Armen? Zuerst sind wir Menschen für alles verantwortlich was hier geschieht. Hier wird jeder geprüft, dazu braucht es auch Prüfungssituationen. Das Leid, welches durch die Unvollkommenheit der Menschen entstanden ist, wird ein ewiges Wesen auch nachträglich noch ungeschehen machen können. Am Ende steht die Vision vom Himmel, wo alles Leid beseitigt ist. Es lässt sich beseitigen weil das hier nur ein Testplanet ist. Was am Ende davon noch Realität sein wird und was nicht entscheidet Gott schon selber. Oder seine Vertrauten: "Und ich will dir des Himmelsreichs Schlüssel geben: alles, was du auf Erden binden wirst, soll auch im Himmel gebunden sein, und alles, was du auf Erden lösen wirst, soll auch im Himmel los sein." (Matt. 16,19) Ein Wesen also, das mächtig genug ist, selbst darüber zu entscheiden was Realität bleiben wird und was nicht. Ein wie ich finde sehr modernes in sich schlüssiges Konzept aus einem sehr alten Buch, das unmöglich damals von Menschen erfunden worden sein kann.