Ich bin Molekularbiologe, arbeite also praktisch mit diesen Dingen. So selbstverständlich ist die Antwort auf die Frage garnicht. Man muss sich tatsächlich fragen, wieso es überhaupt so kritisch betrachtet wird - gerade, wenn man vom Fach ist. Ehrlich gesagt kenne ich niemanden in meinem Fachbereich persönlich, der dazu eine vergleichbar kritische Einstellung hat wie dies in der (deutschen) Öffentlichkeit vertreten wird. Das hat auch wenig damit zu tun, dass es die Basis unserer Arbeit darstellt, ich arbeite nicht mit gentechnisch veränderten Pflanzen oder Nutztieren, sondern nutze diese Werkzeuge, um Medikamente herzustellen.  Die Sache ist einfach die, wenn man in die Materie tiefer eintaucht wird einem bewusst, dass das Risiko (je nach Anwendungsgebiet - der Bandbreite dieses Feldes ist sich die Öffentlichkeit ja garnicht mal bewusst, da ist es eben "die" Gentechnik, die schlecht ist) schlicht kalkulierbar bzw. sehr niedrig ist. Letztendlich ist das was wir tun nur eine auf Basis von Wissen optimierte Sache, die wir schon seit Jahrhunderten in Form von Züchtung tun - der (genetisch nicht im Labor veränderte) Mais zum Beispiel in seiner heutigen Form ist nicht ohne menschliches Eingreifen bestehensfähig. Der Mensch hat es geschafft durch gezieltes Kreuzen eine Nutzpflanze so zu manipulieren, dass sie nicht mehr sich selbst, sondern nur noch dem Menschen als Nutzorganismus dient. Da muss man sich fragen, wie man da gegen Gentechnik argumentieren soll, wenn der "unnatürliche" Eingriff durch Menschenhand in die Erbanlagen von anderen Organismen in Wirklichkeit eine lange Tradition hat. Wer an den Absurditäten interessiert ist, die sich auch mit Züchtung ausserhalb des Labors bewerkstelligen lassen google mal nach dem "Belgian Blue" Rind, eine natürlich gezüchtete "Mutation" herkömmlicher Rinder.

Wenn man nun einerseits sieht, dass Gentechnik im Sinne von menschlichem Eingreifen in Erbanlagen bereits seit Menschengedenken geschieht und die moderne Gentechnik lediglich eine durch Wissen optimierte Art und Weise davon darstellt bleibt nicht mehr sehr viel Argumentationsspielraum gegen eine generelle Ablehnung von Gentechnik. Wir bauen ja heutzutage auch keine Häuser mehr auf gut Glück und lassen sie solange einstürzen bis wir eine Statik gefunden haben die funktioniert. Wir wissen, wie wir sie so berechnen können, dass sie sicher sind und in der Molekularbiologie geschieht im Endeffekt nichts anderes. Als Fachmann auf diesem Gebiet muss ich ganz klar sagen: Die Technik ist sehr sicher. Risiken geht man auf jedem Gebiet ein, doch in Sachen Risiko ist nun die Gentechnik wirklich eine der am wenigsten bedenklichen Gebiete. Ich hätte da eher Bedenken wenn die Chemieindustrie einen neuen noch unbekannten Inhaltsstoff in Plastikspielzeugen für Kinder verwendet als dass ich mir Gedanken machen würde was das gentechnisch veränderte Gemüse nun mit mir anstellt wenn ich es esse.

Zur eigentlichen Frage - ich selbst seh eden Grund darin, dass Gentechnik ein recht neues, dem Laien nicht zugängliches Feld darstellt. Natürlich ist man verunsichert, wenn man sieht, dass Menschen auf eine Weise an den Lebensmitteln herummanipuliert die man nicht versteht und es dabei letztendlich um kommerzielle Interessen geht, wie zum Beispiel die Haltbarkeit zu erhöhen. Bevor man ein Risiko mit dem Unbekannten eingeht lässt man lieber die Finger ganz davon.

Es gab auch mal Zeiten wo die Menschen davon ausgingen, dass man das Telefon lieber nicht auf den Markt bringen sollte, da man ansonsten Gefahr läuft, nie wieder von Angesicht zu Angesicht mit einem Menschen zu kommunizieren. Ich denke dieses Misstrauen gegenüber Unbekanntem ist einfach normal.

Fragwürdig wird es jedoch da, wo es nicht um banale Dinge geht, wie ob meine Tomate jetzt matscht oder nicht, sondern wo medizinische Forschung ausgebremst wird, die Menschen helfen könnte, Stichwort Stammzellforschung. Ich will da jetzt nicht genauer auf diese andere Diskussion eingehen - muss jedoch Parallelen ziehen, weil man auch da das Gefühl haben muss, dass niemand weiß wovon er redet wenn er es verurteilt, trotzdem jedoch der Meinung ist auf jeden Fall ein Mitspracherecht bei diesen Dingen haben zu müssen. Wieso können wir das Urteil nicht einfach denen überlassen, die davon eine Ahnung haben? 

P.S.: Bitte den teilweise identischen Text unten ignorieren, ich konnte den dort wegen der Zeichenbeschränkung nicht verfassen, also hier nochmal...

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