Servus aus dem Ösiland!

Ehrlicherweise muss ich sagen.. Es ist schon ein bisschen unfair und verallgemeinernd von uns. Aber falls es sich beruhigt, ernsthafte Aversionen, bzw. Hass gegen Deutsche haben hier die wenigsten. Wir sind euch durchaus wohl gesonnen und schätzen die jetzige Beziehung zwischen unseren Ländern sehr.

Es stimmt aber schon, wir verhalten uns Deutschen gegenüber meist kühl und distanziert und wir lassen keine Gelegenheit für einen Seitenhieb aus. Ich bin bei dieser "Überzeugter nicht-Deutscher", bzw. "Ich helfe zu Österreich und zu allen die Deutschland schlagen" Mentalität auch überhaupt nicht unschuldig. Das lässt sich aber auch gut erklären, denn das ganze läuft auf das "kleine Geschwister Syndrom" zurück. Außerdem ist kulturell und sprachlich in der Minderheit zu sein nie easy.

Nur das allein ist aber zu leicht. Auf der einen Seite gibt es da unsere gemeinsame Historie, aufgrund der es natürlich attraktiver ist sich von Deutschland zu distanzieren, gelinde ausgedrückt. Auf der anderen Seite wird unsere Sprache, unser Eigenständigkeit und unsere nationale Identität eigentlich, besonders in der Era des Internets, dauernd abgesprochen, bzw. klein geredet, um uns irgendwie in einen Topf mit Deutschen zu schmeißen. Das fällt einem als Österreicher wahrscheinlich mehr als einem Deutschen, aber man muss sich eigentlich nur hier auf Gute Frage die Menge an "Warum gehört Österreich nicht zu Deutschland?" etc. Fragen anschauen. Und die Leute die solche Posts schreiben sind halt zu 95% Deutsche. Die restlichen 5% sind Amerikaner die sich immer noch für die Helden und Retter von Europa halten. Dazu kommt, dass in solchen Diskussionen heutzutage Nuancen wie "War Österreich nicht vielleicht sogar vor Deutschland ein geeintes Gebiet?", bzw. "Ist Österreichisch rein linguistisch/technisch gesehen nicht doch eine eigene Sprache, bzw. zumindest mit Schweizerdeutsch gleich zu setzten?" ignoriert, bzw. sogar gegen uns verwendet werden.

Ich unterstelle Deutschen schon ein Stück weit den Komplex sich Österreich gewissermaßen aneignen, bzw. "Deutsch" machen zu wollen. Das passiert glaub ich nicht mal bewusst, ist aber schmerzhaft offensichtlich. Beispielsweise in der sprachlichen und kulturellen Anpassung. Wenn ich in Deutschland bin passe ich mich der lokalen Sprache, aber auch den lokalen Normen an. Ich bestelle nichts in Deka, spreche keinen Dialekt, ich frage im Supermarkt nach einer Tüte etc., alles um es Deutschen um mich herum so leicht wie möglich zu machen. Wenn ein Deutscher in Österreich ist erwartet er diese Anpassung von dem Land in dem er der Gast ist. Und das Traurige ist, die kriegt er zumeist auch, da wir dieser Welle des Deutschen Einflusses ja schon so lang ausgesetzt wurden, dass es uns nicht mal schwer fällt.

Sowohl unsere eigene Geschichte in den letzten ~150 Jahren, als auch die, die wir mit Deutschland teilen hat uns zu einem sehr patriotischen Volk gemacht. Etwas was Deutschland meiner Meinung nach, auch als Nachwirkung der Nazi Zeit, (noch) fehlt. Als Österreicher hat man historisch gesehen auch den ein oder anderen Grund sich gegenüber Deutschland benachteiligten zu fühlen (ex. die Sanktionen nach dem ersten Weltkrieg), ob die jetzt objektiv sind oder nicht.

Meiner Meinung nach ist das was einen Österreicher ausmacht, also unsere Mentalität, um einiges komplexer als das Deutsche Gegenstück, aber auch um einiges leichter zu erreichen. Ich kenne sogar einige Deutsche, denen ich diese Mentalität schon ein Stück weit attestieren würde. Wir (Vielvölkerstaat & basiernd auf/anhängig von Migration 🥴) wacheln zwar gerne mit unserer Ausländerfeindlichkeit herum, aber im Endeffekt ist Österreicher sein leicht. Wenn du hier geboren und aufgewachsen bist, oder auch nur lang genug hier gelebt hast, bekommst du diese Mentalität eingeimpft, ob du willst oder nicht. Die Mentalität an sich ist schwer zu beschreiben. Von den kulturellen und sprachlichen Unterschieden abgesehen würde ich sie als Nationalstolz, Selbstbewusstsein, Schamlosigkeit, Schmäh und auch mit dem "nur nicht Deutschen" Sentiment beschreiben. Aber das tut ihr eig. noch unrecht. Ich kann nur sagen, dass ich sie liebe und auch nicht missen will. 😂 Ein perfektes Beispiel dafür war das Fußballspiel Österreich vs. Deutschland im November. Von den Reibereien und dem Schmäh davor abgesehen, die Stimmen danach sagen eig. schon alles aus. Jeder Österreichische Spieler, Hautfarbe, Migrationshintergrund, alles egal, der danach beim Interview war hatte den selben fetten Grinser im Gesicht und war diese fast schon selbstgefällige Portion extra glücklich über den Sieg, einfach weil der besiegte Gegner Deutschland geheißen hat. Für Deutschland war es ein Freundschaftsspiel, für Österreich gibt es gegen Deutschland keine Freundschaftsspiele. 🤷🏽‍♀️

Summa summarum: Dieses (von uns ja durchaus manchmal auch liebevoll gemeinte :D) Ärgern, bzw. die offene Abneigung, ist also meiner Meinung nach, neben dem typischen Verhalten von einem kleinen Geschwisterkind, A) die Antwort auf fehlenden Respekt und B) das Einfordern von eben diesem Respekt. Wir Österreicher haben nach dem Krieg ganze Arbeit geleistet um dieses Land zu dem zu machen was es ist. Nummerisch werden wir nie mit Deutschland mithalten können, aber wir sind stolz auf was wir sind. Jetzt zu sehen wie uns dieses "Deutsch-sein" immer mehr aufgezwungen wird und darunter unsere Dialekte und unsere Kultur verschwindet, das schmerzt. Wir beobachten gerade ein interessantes Phänomen, wo junge Leute mit Migrationshintergrund alles tun um Österreicher zu sein (Was wunderbar ist und darauf hindeutet, dass wir jetzt endlich vieles richtig machen!), aber junge Österreicher vor dem Österreicher-sein weglaufen.. Direkt in die offenen, deutschen Arme. Gewissermaßen kann man diese Abneigung also durchaus auch als eine Art Schutzreflex sehen.

Paar Gedanken, Antworten und Anregungen. Hoffe die bringen dich weiter. ;)

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