Hallo BayernKathiKK!
Eine ähnliche Frage habe ich neulich schon einmal beantwortet; da habe ich folgendes geschrieben:
Grundsätzlich einmal ist jede Prüfung schwer, die man gerade machen muss.
Aber es ist schon richtig: In Bayern ist das Abitur schwerer alsz:B. in NRW, Hessen oder Bremen. Die machen dort und auch in weiteren Bundesländern ein "Abitur light". Das liegt vor allem daran, dass dort der jeweilige Lehrer die Prüfung ausarbeitet. Klar: Er muss die dann noch absegnen lassen, aber ein fairer Lehrer will doch, dass seine Schüler ein gutes Abitur machen, und so wird er nichts fragen, was im Unterricht nicht behandelt wurde und was "seine Leute" nicht bewältigen können, wenn sie gewissenhaft mitarbeiten.
Und in Bayern? Da gibt es das Zentralabitur. Wie läuft das ab? Vom Kultusministerium werden Lehrer aufgefordert, zu bestimmten Themenbereichen der Halbjahre Prüfungen auszuarbeiten. Ganz bewusst werden nur solche Lehrer ausgewählt, die momentan keinen Kurs K13 (in Zukunft K12) haben. Es werden auch viel mehr Aufgaben angefordert, als man wirklich benötigt. Die Lehrer, die das ausarbeiten müssen, stehen je nach Alter und Rang in der Hackordnung evtl. auch noch unter Beurteilungsdruck und werden sich hüten, sich Unterforderung vorwerfen zu lassen.
So, und nun liegen im KuMi eine Vielzahl ausgearbeiteter Aufgaben auf dem Tisch. Nun treten in den einzelnen Fachgebieten sogenannte Auswahlkommissionen zusammen. Die setzen sich aus den Ministerialschranzen und eingeladenen Lehrern zusammen. Welche Lehrer werden dorthin eingeladen? Natürlich linientreue unterordnungsbereite Gestalten, die es schon auf die eine oder die andere Art und Weise verstanden haben, sich bei den Ministrialschranzen einen weißen Fuß zu machen. Und nun kommt das ganz Dreckige: Durch die Aufgabenauswahl hat das Ministerium ein politisches Steuerungsinstrument in der Hand: Will ich viele gute Abiturienten, so nehme ich leichtere, zumindest anständigere Aufgaben. Will ich aber nicht so viele Einser-Abiturienten, so wähle ich vollkommen verquere Aufgaben, in Deutsch z.B. Textgrundlagen aus völlig entlegenen Lektüren, die kein vernünftiger Deutschlehrer je seinen Kollegiaten zumuten würde. Aber immer so, dass die Sache durch den Lehrplan gedeckt ist, was ja kein Problem darstellt. Leider laufen in den Lehrerzimmern immer noch genügend Gestörte herum, die solche Aufgaben einreichen.
Ein bayerischer Lehrer, der einen Kurs zum Abitur führt, steht vom ersten Tag an genauso unter Druck wie seine Schüler, nur dass die das am ersten Tag noch nicht wissen. Er muss vom ersten Tag an auf dieses vermaledeite Zentralabitur schielen und für seine Kollegiaten spekulieren, was drankommen könnte. Was glaubst du, welche Spannung früh am Morgen in den Lehrer- und Direktoratszimmern herrscht, wenn die Umschläge mit den Aufgaben geöffnet werden. Und da herrschen dann genauso Erleichterung oder aber Entsetzen und Entrüstung wie bei den Examenskandidaten zwei Stunden später.
Damit aber ist der Regulierung durch jenes KuMi noch nicht genug. Korrigiert wird das bayerische Abitur an der Schule. Erstkorrektor ist der Kursleiter, der Zweitkorrektor wird vom Direktorat bestimmt; wenn der Chef vernünftig ist, so wird er meist den Kollegen nehmen, der gerade den vergleichbaren Kurs in der Stufe darunter leitet (weil der auch gerade aktuell im Stoff steht). Die beiden sollen sich, wenn irgend möglich, auf eine Note einigen, und sie werden das -auch wenn Sie sich vielleicht nicht leiden können- tun und es vermeiden, dass der Chef oder der Fachbetreuer hinzugezogen werden müssen. Aber und nun kommt's - und jede Schulleitung wird das nach außen hin abstreiten, ich weiß aber ganz sicher, dass es so ist: Die beiden Korrektoren stehen auch wieder unter Druck, denn das Bitur darf weder zu gut noch zu schlecht ausfallen, es sollte dem "Landesschnitt" entsprechen. So, und was passiert, wenn die Kollegen hergehen und sagen: "Regt euch auf oder nicht - die Leute sind so gut, und wir pfeifen auf den Schnitt"? - Dann setzt das KuMi der Schule im folgenden Abitur einen Kommissär vor die Nase. Das ist der Chef einer anderen Schule, der mit einem ganzen Stab an Prüfern anrückt und alles und jedes nachkorrigieren lässt, an vielem herummäkelt (er muss ja etwas finden) und einen langen detaillierten Bericht über die Schule und auch den Chef schreibt. Es bedarf nicht vieler Phantasie, dass keine Schule sich gerne solch einem Verfahren aussetzt, und auch nicht, dass diejenigen, die das verursacht haben, mglw. so ihre Problemchen im Kollegium und mit der Schulleitung bekommen.
So, das war nun einmal ein Blick hinter die bayerischen Kulissen. Ob dieses Verfahren fair und anständig ist oder aber Zeugnis von einer etwas eigenartigen Pädagogik und Bildungspolitik ablegt, mag jeder, der die Darstellung gelesen hat, für sich selbst beurteilen. Er mag auch beurteilen, wieviel der jeweilige Kursleiter für seine Kollegiaten abfedert, wenn er ein anständiger Lehrer ist.
"Stimmt es eigentlich,dass das Abitur in Bayern wesentlich schwieriger als das Abitur der anderen Bundesländer ist?" - Ja!
Ich meine, das beantwortet deine Frage auch.
LG anima mundi