Hallo, ich bin 30 Jhre älter und habe mit 15 ähnlich gedacht, wenn auch etwas mehr in einem fragenden Stil, nicht so sehr in einem beurteilenden Stil, wie Du es hier formulierst. Vielleicht war ich eher Depri im Vergleich zu Dir, aber im Grunde genommen habe ich mich selbst nicht leiden können, mit dem wie ich war im Verhältnis zu dem, wie ich mich gern gesehen hätte. Meine Umgebung, vor allem in der Schule, erschien mir völlig Schizo, weil das vermeintlich Gute gelehrt wurde, während das Gegenteil gelebt wird. Das ich noch lebe und keinen Abgang gemacht habe, liegt wahrscheinlich daran, dass ich neugierig darauf war, was uns Menschen und mich so durchgeknallt sein lässt und warum wir völlig unfähig sind, einfach jeder für sich und solidarisch miteinander in Zufriedenheit zu leben, schliesslich haben wir mehr als doppelt soviel an Ressourcen, dass alle ein sattes, gutes Leben führen könnten (abgesehen von den Unabänderlichkeiten wie älter werden, Krankheiten und Tod). Das Leben ist nun mal kein Ponyhof, weder für Dich, noch für die täglich verhungernden Kinder, die sterben müssen, damit die Preise auf den Weltmärkten stabil bleiben und Du (in Basel?) weiterhin frustriert Deine egoshooter spielen und genug Kohle hast, um Dich mit erstklassigem Alkohol zuzulöten, bzw. eine gute Ausbildung zu geniessen. Du bist ein artiges Mädchen, denn die Misanthropie ist ein wichtiges Lernziel für wohlerzogene Mitteleuropäer und Mitteleuropäerinnen, genauso wie der Glaube an einen guten gerechten Gott und dessen edle Werte eine andere Sackgasse ist, für die sich viele entscheiden können. Hauptsache Sie alle halten die Sklavenmaschinerie unserer reichen, industriellen Welt mitsamt der Ausbeutung der anderen aufrecht, egal ob durch arrogantem, aburteilenden Sarkasmus einerseits oder verträumt idealisierenden Gutmenschentum andererseits. Dogville von Lars von Trier macht diese Perversion unter anderem ganz gut sichtbar.
Mittlerweile bin ich völlig zufrieden und habe die Zeit, jemanden wie Dir zu schreiben, weil Du mich an ein ich erinnerst, in dem ich einmal gefangen war. Ich bin mit der Zeit zum Agnostiker geworden, weil ich weder glaube, noch nicht glaube und meine Unwissenheit vollständig akzeptiere. Ich habe alle Hoffnungen fahren gelassen, seitdem ist auch alle Furcht vor dem Tod und alle Tendenz andere be- und verurteilen zu wollen wie weggeblasen. Wenn man niemand mehr ist, der noch etwas zu verlieren hat, dann gibt es auch keinen Grund mehr jemand Sein zu müssen oder werden zu wollen. Daraus ergibt sich eine Freiheit, sich selbst und die anderen so zu erleben, wie Sie in jedem Augenblick sind und das ist in jedem Augenblick unterschiedlich. Da ich und alles wie ich mich definiere nichts als eine stete, sich wandelnde Illusion ist und die ichs um mich herum ebenfalls, erlebe ich jeden Augenblick wie in einem spannenden Kinofilm, in dem ich involviert bin, aber im Gegensatz zu vielen anderen weiss, dass das alles ein Film ist, während die allermeisten um mich herum, sich und die Welt viel zu wichtig nehmen. Seitdem ich entdeckt habe, dass alles ein sich gegenseitig verflochtener und sich bedingender Fluss von Ereignissen ist, die in Wirklichkeit keine bestimmbare Substanz haben, weiss ich, dass ich nichts weiss, ausser dass ich auch so ein wandelbares Gebilde bin, wie alles andere und der Tod von daher genauso eine Illusion ist, wie das ich und meine Geburt. Seitdem ich weiss, dass ich der grösste Loser aller Zeiten bin und alles verloren habe, woran ich einmal glaubte, sowie in und an allem gescheitert bin und zwangsläufig beim ableben scheitern muss und diese Erkenntnis umarmt bzw. akzeptiert habe, bin ich frei und kann herzlich über Mich, Dich und die gesamte Welt lachen und alles in vollen Zügen geniessen, ohne Not, irgendwem weh tun zu müssen. Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners hat Heinz von Förster gesagt und Recht hat er. So lange Du Dich und andere bewertest, beurteilst, diagnostizierst etc. lebst Du noch in einer (Alb-)Traumwelt, oder sollte ich besser sagen... bist Du noch ein Zombie in einer Albtraumwelt? Gedanken befassen sich mit Vergangenheit und Zukunft, und selbst die Gegenwart ist, sobald Sie mit Gedanken etikettiert wird, bereits Vergangenheit. "Leben" findet lediglich im offenen, unmittelbaren Augenblick statt, aber den verpassen wahrscheinlich 99,9% der Menschen zu 99,9% ihrer "Lebenszeit". Es spielt also keine Rolle welche glorreichen Gedanken und Meinungen irgendjemand in irgendeinem Moment hat oder hatte. Wenn wir also Lebendigkeit unmittelbar erfahren, gibt es keine Gedanken von Zu- oder Abneigung, weder einem illusionären Selbst gegenüber, noch illusionären anderen gegenüber, die wir ohnehin bestenfalls zu kennen glauben, womit wir wieder beim Glauben wären. Deinem Text nach bist Du demnach immer noch eine zutiefst gläubige Person und deshalb kannst Du Dich auch so herrlich aufregen.
Lass' ALLE Hoffnung fahren, dann erst bist Du völlig ENT-täuscht und somit FREI !