Hallo! Sag Deinem Freund am besten genau das, was Du hier gerade geschrieben hast. Daß Du Dich unsicher fühlst und nicht genau weißt, ob und wie Du ihm in dieser Situation helfen kannst. Allein, daß Du für ihn da bist und ihm zuhörst wird ihm schon sehr helfen, da bin ich ganz sicher. Weißt Du, richtig "helfen" kann ja in der Situation niemand. Ich meine in dem Sinn, daß man sie irgendwie ändern kann. Dasein und Zuhören ist alles, was man tun kann. Hört sich wenig an, ist aber für den Betreffenden sehr viel. Als meine Oma vor ein paar Jahren starb war meine beste Freundin auch für mich da und es hat gut getan, sich alles, was ich erlebt hatte, von der Seele zu reden (ich war bei ihr als sie starb). Frag Deinen Freund ruhig, wie es seinem Opa geht. Du kannst ihm ja ganz offen dazu sagen, daß Du es natürlich verstehst, wenn er lieber nicht darüber sprechen will, aber daß Du jederzeit da bist, wenn er es möchte. Ich glaube nicht, daß Du Deinem Freund irgend etwas Falsches sagen wirst denn Du machst Dir ja viele Gedanken darüber. Lass ihn einfach erzählen und ich bin sicher, Du wirst das "Richtige" sagen, das wird sich ganz von selbst geben.

Was Du vielleicht außerdem noch tun könntest, wenn es ein wirklich guter Freund ist: Wenn der Opa wirklich gestorben ist, ihm anzubieten, ihn auf die Beerdigung zu begleiten. Meine Freundin hat das damals getan und ich fand das ganz toll von ihr. Aber mach das wirklich nur, wenn Du Dich auch tatsächlich dabei wohl fühlen würdest.

Alles Liebe.

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Lieber Dominik,

Du hast ja inzwischen schon so viele Antworten bekommen, sogar von Menschen, die selbst im Koma gelegen haben und es viel besser beurteilen können. Ich kann selbst nur von der Erfahrung mit meiner Oma erzählen. Sie lag nach einem Hirnschlag im tiefen Koma und die Ärzte sagten mir, daß sie nur noch ein oder zwei Tage leben wird. Die einzigartig netten Krankenschwestern fragten mich, ob ich bei ihr bleiben möchte. Ich war völlig unvorbereitet darauf, habe aber sofort ja gesagt. Ich habe dann drei Tage und Nächte mit ihr in dem kleinen Zimmer verbracht. Habe sehr viel mit ihr geredet und ihre Hand gehalten. Ich kann natürlich nicht sagen, wieviel und was sie davon tatsächlich mitbekommen hat. Äußerlich war sie völlig reglos. Aber ich bin 100% sicher, daß sie etwas mitbekommen hat.

Meine Oma war seit vielen Jahrzehnten fanatisches Mitglied einer religiösen Sekte. Während sie im Krankenhaus lag, kam einer ihrer Sektenbrüder dorthin und hat versucht, sich von den Schwestern ihren Schmuck aushändigen zu lassen. Über diesen Diebstahlsversuch hat sich mein Onkel furchtbar aufgeregt. Als er am zweiten Tag zu Besuch kam und davon hörte, stand er vor ihrem Bett und hat ein paar .. nennen wir es "weniger freundliche Worte" ggg über diesen Mann und die Sekte losgelassen. Und mit einem Mal gab meine Oma ein ganz lautes, düsteres "Grunzen" von sich. Wer sie kennt, weiß, daß sie "im Normalzustand" in diesem Moment meinem Onkel an die Gurgel gegangen wäre, denn sie hat NICHTS auf diese Sekte kommen lassen. Und sie konnte schimpfen, öha...!! ;-) Das war das einzige mal in der ganzen Zeit des Komas, daß sie ganz offenbar versucht hat, sich bemerkbar zu machen. In den Stunden nach dem Besuch meines Onkels war auch ihre Atmung viel hektischer und "aufgeregter". Ich habe dann beruhigend auf sie eingeredet, habe ihr versichert, daß alles in Ordnung ist, daß sie sich nicht aufregen muss, daß wir auch ihr Testament respektieren werden, in dem sie (das wußten wir zu dem Zeitpunkt schon), ihr gesamtes Vermögen der Sekte vermacht hatte, usw. Danach atmete sie wieder merklich entspannter.

Ich hatte viele Jahre vor diesem Hirnschlag keinen Kontakt mehr zu meiner Oma, weil sie durch diese Sekte völlig von ihrer Familie isoliert worden war. Während des Komas habe ich mit ihr auch darüber gesprochen und ihr gesagt, wie schade das sei aber wie schön es auch wäre, daß wir jetzt zusammen wären usw, ich will Dich nicht mit Details langweilen. Aber während ich so bei ihr saß, darüber sprach, und ihre Hand hielt, habe ich ein ganz ganz ganz schwaches, kurzes "Drücken" ihrer Hand gespürt. Ich glaube auch nicht, daß das nur ein Zufall war. Ich habe während der gesamten Zeit, die ich dort mit ihr verbrachte, immer ihre Hand gehalten und da war nie so etwas zu spüren.

In der Nacht, als meine Oma dann starb, hatte ich mir aus dem Besucherraum eine Bibel geschnappt, saß bei ihr am Bett und habe ihr daraus vorgelesen. Da sie so tief religiös war, dachte ich, daß sie das freuen würde. Und ich kann Dir nur sagen, daß nach 10-15 Minuten ihre Atmung viel entspannter und gleichmäßiger war, sie wirkte völlig "zufrieden", irgendwie gelöst. Natürlich lag sie nach wie vor reglos dort und konnte nichts sagen. Aber man merkte es ihr trotzdem deutlich an. Während ich noch las, ist sie dann auch gegangen.

Ich bin wirklich völlig unvorbereitet in diese Situation gegangen und konnte auch niemanden um Rat fragen. Aber aus dieser Erfahrung heraus kann ich Dir nur empfehlen: Rede mit Deiner Freundin, als wäre sie wach, auch wenn Du Dir dabei vielleicht anfangs komisch vorkommst. Ich bin sicher, daß sie etwas mitbekommt und Du ihr dadurch helfen kannst. Bedenke immer, daß sie mitbekommen könnte, was um sie herum gesprochen wird (keine Lästereien oder Dinge, die sie aufregen könnten!!). Ich wünsche Dir ganz viel Kraft und Deiner Freundin, daß sie gesund wird und bald wieder aufwacht!! Liebe Grüße, Christine

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